Fröhliche Ferien am Meer
1
Angela sagte: »Ein Brief von
Mutter ist angekommen. Wenn Du einen Augenblick aufhörst zu reden, dann lese
ich ihn dir vor.«
Freddie stöhnte. »Ist das
notwendig? Ich hasse Briefe an die ganze Familie, und mich geht er doch
bestimmt nichts an.«
»Er geht uns alle an. Setz dich
zur Abwechslung einmal ruhig hin.«
»O ich Unglückliche!« sagte
Freddie, die gerade Liebe unter kaltem Himmel gelesen hatte und nur noch
wie Miss Mitfords Heldinnen reden konnte. Aber sie schwang sich auf die
Fensterbank und zog ihre langen, schönen Beine an. »Nun lies schon, aber ich
finde es schrecklich lästig.«
Angela las geduldig:
»>Meine Lieben, bin in
schrecklicher Eile. Dieser komische Rechtsanwalt hat mehrmals über das alte
Haus, in dem wir jahrelang lebten, geschrieben. Tainui hieß der Ort. Das Haus
steht leer, und er möchte, daß wir es verkaufen. Von Vater natürlich keine
Antwort. Macht damit, was Ihr wollt. Ich brauche kein Geld, da unser lieber
Vetter Frederick so freigiebig ist. Das Haus ist teilweise möbliert, und für
die Ferien könnte es genügen. Ich selbst möchte es nicht wiedersehen. Es gibt
dort zu viele schmerzliche Erinnerungen.<
Dann folgt eine ganze Zeile
Pünktchen.«
»Sie meint Vater«, sagte Freddie
fröhlich. »Ist es nicht herrlich, daß sie ihn mit Punkten übergeht?«
Angela war sofort in der
Defensive. »So schmerzlich können die Erinnerungen gar nicht sein. Shelagh
sagte, daß sie zu jener Zeit kaum miteinander sprachen. Also weiter, ich lese den
Brief zu Ende:
>Irland ist schön und
traurig. Es hat soviel an Anmut verloren. Miles hat mir viel von der Landschaft
gezeigt, da sein Vater jetzt nicht mehr viel hinausgeht. Der gute Alte will
nichts von meiner Abreise wissen. Das bedeutet für mich schon ein Opfer, denn
ich sehne mich nach meinem geliebten Englands«
Freddie lachte. »Sie sehnt sich
jetzt schon zwei Jahre lang danach. Allmählich sollte sie sich an den Zustand
gewöhnt haben.«
»Ach was, ihr geht es bestimmt
phantastisch. Du kannst nicht erwarten, daß sie mehr als einmal in der Woche an
uns denkt. Und dann spricht sie von Sehnsucht«, sagte die ältere Schwester
etwas verbittert.
»Aber natürlich ist es
vernünftig, nicht zurückzukommen«, erklärte Freddie. »Der alte Frederick ist
weit über achtzig, und er ist schrecklich reich. Es wäre wirklich dumm, nicht
zu warten, bis er abkratzt.«
Aber Angela wollte gerecht
bleiben. »Es ist nicht nur das. Mutter geht es nicht nur ums Geld. Sie kann
schrecklich nett zu alten Leuten sein, die sie gerne mögen — und das ist immer
der Fall.«
Sie dachten einen Moment
schweigend über ihre Mutter nach, und dann sprang Freddie plötzlich auf. »Ich
weiß, was wir tun werden. Wir bringen Vater dazu, das alte Haus zu verkaufen
und ein anderes an einem eleganten Strand zu erstehen. Da ist viel mehr los.«
Angela hatte für elegante
Strände nichts übrig. »Aber erst müssen wir ihn einmal finden, und dann ist der
Sommer vorbei. Sollen wir nicht für ein paar Monate nach Tainui gehen?
Das wäre so geruhsam.« Sie fühlte, daß ihr zur Abwechslung etwas Ruhe guttun
würde.
Aber Freddie sah nicht sehr
überzeugt aus. »Ist das nicht ziemlich langweilig? Schrecklich abgelegen und
ruhig?«
»Es war einmal ruhig. Ich
erinnere mich nicht mehr genau daran, ich weiß nur noch, daß das Haus groß ist
und auf einem Hügel liegt. Ich war erst acht Jahre alt, als wir weggingen, und
du warst vier. Ich habe nie verstehen können, wie Mutter es dort zwei Jahre
lang ausgehalten hat. Max war natürlich begeistert davon, weil er dort mit dem
Boot fahren konnte.«
»Klingt abscheulich. Es wäre
viel richtiger, Vater dazu zu bewegen, das Haus zu verkaufen.«
»Es wird jetzt nicht mehr so
ruhig sein, denn sie haben eine bessere Straße. Im Sommer ist in allen Orten am
Meer etwas los. Ein paar Wochen lang ist immer alles übervölkert.«
Das klang schon besser. Freddie
sagte: »Na gut. Vielleicht ist es doch nicht so schlecht. Du könntest dich nach
deinem Examen ausruhen, und ich könnte in Ruhe über meine Zukunft nachdenken.«
Angela lachte. »Ich kann mir
nicht vorstellen, daß du irgendetwas ruhig tust. Na gut, ich werde den Brief an
die anderen weiterschicken. — Nicht daß sie kommen würden! — Nach den Ferien
bringen wir Max besser dazu, es zu verkaufen. Schlecht ist nur, daß Mutter
bestimmt in allernächster Zeit von Irland zurückkommt und sagen wird, sie habe
beschlossen, den Rest ihrer Tage in Tainui
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