Die Farben der Sehnsucht
zu ihr noch zu Jacqueline etwas gesagt.
„Hat irgendjemand anders schon eine Brautparty für sie geplant?“, fragte ich. Denn ich war mir sicher, dass noch weitere Partys in Vorbereitung waren.
„Tammie Lee Donovan“, erwiderte Colette. „Alix hat davon erzählt, als wir das letzte Mal im Go Figur e trainierten.“
Das war klar. Jacquelines Schwiegertochter war eine gute Freundin von Alix. Und ich erinnerte mich daran, dass auch Jacqueline die Brautparty erwähnt hatte. Tammie Lee hatte all ihre Freunde aus dem Country Club eingeladen, in dem beide Paare bekannte und beliebte Mitglieder waren.
„Sie schien darüber nicht besonders begeistert zu sein“, bemerkte Colette.
„Ich denke nicht, dass sie viele Frauen kennt, die regelmäßig den Country Club besuchen“, sagte ich. „Sie macht sich deshalb vermutlich Sorgen.“
Colette nickte und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Ja. Sie fürchtet, dass sie sich fehl am Platze fühlen wird.“
„Eine weitere Party ist übrigens von den Frauen der Kirche geplant. Sie wird eine Woche vor der Hochzeit stattfinden“, sagte Susannah.
„Das ist schön“, murmelte ich.
„Das wäre es sicher, wenn es nicht Alix wäre, um die es geht“, entgegnete Colette.
„Hat sie denn Bedenken gegen die Feier geäußert?“, fragte Susannah.
Colette zögerte. „Das ist vielleicht übertrieben. Aber sie wirkte ein wenig überrascht, weil die Menschen so etwas für sie machen. Ich glaube, sie hat Angst, dass sie jemandes Namen vergessen könnte.“
Das war ein Problem, das ich durchaus nachvollziehen konnte. Viele Menschen kommen in mein Geschäft, und obwohl ich mir viel Mühe gebe, mir die Namen zu merken, vergesse ich doch manchmal welche. Es ist peinlich, das zuzugeben – vor allem, wenn die Kunden schon öfter in A Good Yarn eingekauft haben.
„Es sieht Alix gar nicht ähnlich, unser Training zu verpassen“, sagte Colette. „Doch seit letzter Woche sind wir nicht mehr im Studio gewesen. Sie geht nicht ans Telefon, und heute ist sie nicht zur Arbeit erschienen.“
Ich begann, mir Sorgen zu machen – mehr noch: Allmählich bekam ich Angst.
Das Glöckchen über der Tür bimmelte, und herein kam Jacqueline Donovan. Sie ging zielstrebig in den hinteren Teil des Ladens, wo der Strickkurs stattfand. Und sie sah … überhaupt nicht wie Jacqueline aus. Ihr Haar war zerzaust, ihre Mascara ein wenig verwischt und ihr Regenmantel zerknittert. Äußerlichkeiten waren Jacqueline sehr wichtig, und ich hatte sie nie zuvor in einem derartigen Zustand gesehen.
Sie blickte in die Runde und ließ die Schultern sinken. „Ach, du meine Güte.“
„Was ist los?“, fragte ich, obwohl ich die Antwort ahnte. Sie suchte nach Alix.
Ihre Worte bestätigten meine Vermutung. „Wann habt ihr Alix zum letzten Mal gesehen?“
Wir sahen einander an. „Vergangene Woche“, gab Colette zu. „Wir haben gerade über sie gesprochen und uns gefragt, wo sie steckt.“
„Hast du von ihr gehört?“, wollte Jacqueline wissen und wandte sich zu mir um.
„Nein – nicht in letzter Zeit. Ist irgendetwas passiert?“ Ich war der Überzeugung, dass etwas Schlimmes geschehen sein musste, wenn Jacqueline das Haus verließ, ohne sich vorher zurechtzumachen und einige wertvolle Schmuckstücke oder zumindest einen faltenfreien Mantel angezogen zu haben.
Jacqueline wirkte unentschlossen und schüttelte dann den Kopf. „Ich weiß es noch nicht“, war alles, was sie mir sagte. Kein weiteres Wort kam über ihre Lippen. Wenn jemand die Chance hatte, mit Alix zu sprechen, dann war es Jacqueline. Denn immerhin wohnte Alix in ihrem Gästehaus. Jacqueline musste nur quer über den Rasen gehen und an Alix’ Tür klopfen. Es war also klar, dass sie nicht zu Hause war. Und das bedeutete, dass etwas nicht stimmte.
„Wenn ihr sie seht“, sagte Jacqueline eindringlich, „ ver sprecht mir, sie dazu zu bringen, mich anzurufen.“
„Sicher.“ Natürlich würden wir das tun. Inzwischen machte ich mir ernsthafte Sorgen, obwohl ich nicht genau sagen konnte, warum eigentlich.
Jacqueline ging, und sobald die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war, tauschten wir drei besorgte Blicke.
„Jetzt frage ich mich wirklich , was los ist“, murmelte Susannah und hielt inne, um ihre Maschen zu zählen.
„Vielleicht ist es doch keine gute Idee, eine Brautparty für sie zu veranstalten“, gab Colette zu bedenken.
Bevor ich antworten konnte, klingelte das Telefon. Ich eilte zum Verkaufstresen und hoffte,
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