Die Farben der Sehnsucht
Woche nicht geschlafen. Die dunklen Schatten unter ihren Augen zeugten von ihrem Kummer und der Erschöpfung.
„Ich bin gekommen, um die Bestellung für die Hochzeitsblumen zu stornieren“, sagte Alix unvermittelt.
Das war ein Schock, doch Colette bemühte sich, sich nichts anmerken zu lassen. „Willst du die Bestellung abändern?“, fragte sie. „Oder sie komplett stornieren?“
Alix’ Blick verfinsterte sich. „Stornieren.“
Susannah würde sicher sehr enttäuscht sein. Für die Hochzeit im Hause Turner die Blumen zu liefern war ein großer Auftrag gewesen, und es war bereits eine erhebliche Anzahlung geleistet worden. Obwohl sie einen Teil der Anzahlung zurückgelegt hatte, bedeuteten die Stornierung und Rückzahlung einen großen Verlust.
„Also haben du und Jordan beschlossen, die Hochzeitsfeier abzusagen?“, fragte Colette. Sie konnte es kaum glauben. Denn sie wusste, wie sehr Alix ihren Verlobten liebte. Tat sächlich hatte sie ihre Freundin sogar ein bisschen um ihre innige Beziehung beneidet.
„Seit letztem Dienstag ist die Feier offiziell abgesagt“, erwiderte Alix tonlos.
Colette starrte sie an. Obwohl Alix so tat, als sei das alles keine große Sache, musste es ihr das Herz zerreißen. Es war auch eine Erklärung dafür, warum niemand sie in der letzten Woche gesehen hatte. Colette bemerkte, dass Alix’ Hände zitterten – zwar hatte sie versucht, es zu verstecken, indem sie ihre Hände in die Taschen ihrer Jacke geschoben hatte, doch Colette war es trotzdem aufgefallen.
„Den Papierkram erledigen wir im Büro“, sagte sie nun unverbindlich. Sie führte Alix nach hinten, wo sie vor den Blicken zufällig ins Schaufenster sehender Passanten geschützt wurden. Als sie allein waren, flüsterte Colette: „Was ist passiert?“
Alix wollte vergeblich so tun, als wäre es eine Kleinigkeit. „Jordan und ich haben beschlossen, dass es so das Beste ist – das ist alles.“
„Oh, Alix, es tut mir so leid.“
„Das muss es nicht“, erwiderte sie und lehnte Colettes Mitgefühl ab. „Jeder, der uns beide zusammen gesehen hat, wusste, dass es ein Fehler war.“
Daran glaubte Colette nicht einen Augenblick.
„Ich habe mir etwas vorgemacht“, fuhr Alix fort. Sie nahm auf einem Hocker Platz, während Colette eine Kanne Kaffee aufsetzte. Nach ein paar Minuten erfüllte schwerer, verlockender Duft das kleine Büro.
„Ich bin nicht die Richtige, um die Frau eines Pastors zu werden“, erklärte Alix. „Gott sei Dank habe ich das eingesehen, bevor es zu spät war.“
Colette war wie benommen. „Aber …“
„Ich wollte nicht abhauen“, sagte Alix.
„Wo warst du?“
Alix starrte auf den Holzfußboden. „Ich habe eine Auszeit genommen und einen … Freund der Familie besucht. Gestern Nachmittag habe ich angefangen, mir zu überlegen, wohin ich ziehen könnte. Und ich habe mich um ein paar Jobs beworben.“
„Aber warum?“
Als Alix aufblickte und Colette den Schmerz in ihren Augen sah, zuckte sie unwillkürlich zusammen. „Ich kann nicht in dieser Gegend, in der Nähe von Jordan wohnen bleiben. Es würde zu sehr wehtun, ihn beinahe jeden Tag sehen zu müssen – und das würde ich.“
Das stimmte. Colette selbst war Jordan schon einige Male im French Caf é in die Arme gelaufen. Selbst wenn er und Alix sich gegenseitig aus dem Weg gehen wollten – es wäre so gut wie unmöglich.
„Ich denke, ich muss weg von hier“, schloss Alix.
Colette spürte Tränen in sich aufsteigen. Alix war ihre Freundin . Eine der besten Freundinnen, die sie jemals gehabt hatte. Und sie konnte den Gedanken, sie zu verlieren, nicht ertragen. Colette versuchte, ruhig zu bleiben – oder jedenfalls so zu wirken. Sie lehnte sich gegen den Schreibtisch, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, die Beine gekreuzt. „Du und Christians Tante, ihr seid die einzigen Menschen, denen ich von dem Baby erzählt habe“, sagte sie. „Und weißt du, warum?“
Alix blickte sie an und zuckte die Schultern. „Wir gehen zusammen zum Sport – jedenfalls haben wir das getan.“
„Nein“, entgegnete Colette geradeheraus. „Ich wusste, dass du mich nicht verurteilen würdest. Du hast es mir sogar selbst gesagt, und du hattest recht. Mit dir konnte ich reden, wenn ich mich sonst niemandem anvertrauen konnte. Denn du hast mir zugehört. Du hast dich für mich interessiert – und bei dir habe ich nie das Gefühl gehabt, schuldig oder dumm zu sein.“
Alix senkte den Kopf. „Danke“, flüsterte sie, und der
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