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Die Farben der Sehnsucht

Die Farben der Sehnsucht

Titel: Die Farben der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBBIE MACOMBER
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jemanden zu legen ist eine symbolische Umarmung. So empfinde ich es zumindest.“
    Die anderen nickten.
    „Mir gefällt das, was Colette gesagt hat – es ist wie eine Umarmung.“ Susannah klang, als würde sie laut denken. „Ich kann nicht so oft bei meiner Mutter sein, wie ich möchte. Und wenn ich ihr nun den Schal schicke, ist es, als würde ich sie in meine Arme schließen, sie spüren lassen, wie sehr ich sie liebe und vermisse.“
    „Wie geht es ihr?“, fragte ich.
    „Sie ist viel aktiver als in den letzten paar Jahren. Vor dem Umzug verbrachte sie Stunde um Stunde in ihrem Schaukelstuhl und sah fern – meistens die Kochsendungen auf dem Food Channel. Seit sie in Altamira lebt, pflegt sie viel mehr Umgang mit anderen Menschen und unternimmt kleine Touren mit ihnen. Letzte Woche haben sie einen Ausflug gemacht, um einige hübsche Gärten zu besichtigen, und sie hat jeden einzelnen Augenblick genossen.“
    „Hey“, scherzte Alix. „Ist doch klasse, wenn deine Mutter jetzt noch mal richtig den Hintern hochkriegt.“
    Wir lachten. Ich wünschte, ich hätte so etwas Positives auch über meine Mutter sagen können. Doch ich merkte, dass sie langsam den Halt und ihre Sicherheit verlor. Jedes Mal, wenn sie eine gesundheitliche Krise überstehen musste, verschlechterte sich ihr Zustand ein bisschen mehr. Da Margaret so sehr mit dem Autodiebstahl und Julias emotionaler Situation beschäftigt war, hatten wir in letzter Zeit kaum noch über Mom geredet. Ich fragte mich manchmal, ob meine Schwester überhaupt mitbekommen hatte, wie sehr unsere Mutter abbaute. Trotzdem – ich hatte entschieden, dass ich im Augenblick allein mit Mom klarkam. Margaret musste sich um ihre Tochter kümmern. Denn unglücklicherweise lehnte Julia es ab, sich psychologisch betreuen zu lassen, obwohl der Arzt ihr dazu geraten hatte.
    „Ich stricke meinen Schal für Jordans Großmutter“, sagte Alix. „Grandma Turner ist eine wundervolle alte Dame. Als ich sie zum ersten Mal traf, fühlte ich mich von ihr so angenommen, so willkommen . Ich hatte gleich das Gefühl, dass sie mich verstand. Und, wisst ihr, sie war genauso interessiert an meinen Geschichten wie ich an ihren.“ Alix lächelte verwundert. „Jordan wollte, dass ich sie kennenlerne – und ich hatte einfach nur große Angst, dass sie sagen würde, wie unterschiedlich wir doch sind.“
    „Warum hätte sie das tun sollen?“, fragte ich und war bereit und willens, meine Freundin zu verteidigen.
    „Wer hätte ihr einen Vorwurf machen können, wenn sie es getan hätte?“, entgegnete Alix ruhig. „Denkt mal darüber nach. Jordan wird mal Pastor einer eigenen Gemeinde, so wie sein Vater und sein Großvater. Und ihr müsst zugeben, dass ich nicht gerade dem Bild der typischen Pfarrersfrau entspreche.“ Sie zögerte und biss sich auf die Unterlippe, als sie ihr Strickzeug in den Schoß legte. „Ich werde das Gefühl nicht los, dass Jordans Mutter es lieber gesehen hätte, wenn er sich in jemand anders verliebt hätte.“
    „Das kann ich nicht glauben!“ Ich wollte nicht, dass Alix so dachte. Und ich war auch nicht davon überzeugt, dass sie mit ihrer Vermutung recht hatte. Ich hatte Susan Turner schon einige Male getroffen. Sie strickte auch und war ein paarmal im Laden vorbeigekommen, um Wolle und später auch ein Musterbuch zu kaufen. Wir hatten uns über Alix und Jordan unterhalten, aber ich konnte mich nicht entsinnen, dass irgendetwas an ihrer Haltung oder in ihren Worten auf Bedenken gegenüber Alix hingedeutet hätte.
    „Ich hätte nicht von dem Thema anfangen sollen“, murmelte Alix und knetete ihre Hände, als wollte sie auf diese Weise ihre Anspannung lösen.
    „Du hast den Hochzeitsglocken-Blues“, sagte Susannah, und Zuneigung schwang in ihrer Stimme.
    Alix nahm ihre Strickarbeit wieder auf.„Würde es euch etwas ausmachen, wenn wir nicht über die Hochzeit reden?“
    „Überhaupt nicht“, versicherte ich ihr. Ich trat hinter Alix’ Stuhl und tätschelte ihre Schultern.
    „Falls sich jemand gefragt hat … ich habe mich entschieden, meiner Tochter Julia den Schal zu schenken“, sagte Margaret. Sie hatte sich zu uns an den Tisch gesellt und mit zitternden Fingern zu stricken begonnen. „Ich hoffe, dass er ihr Trost und Zuspruch geben kann – nach allem, was passiert ist.“
    „Wie geht es ihr?“, fragte Colette.
    „Was glaubst du, wie es ihr geht?“, fuhr Margaret sie an. „Das arme Kind schläft nicht mehr als drei oder vier Stunden am Stück.

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