Die Farben der Sehnsucht
„Meine Mutter hat sich um Cody gekümmert, als er noch klein war, so dass Janice arbeiten gehen konnte“, sagte er. „Ich kann sie fragen – dann müssen wir uns um die Kinderbetreuung schon einmal keine Sorgen mehr machen.“
„Okay.“ Dennoch blieben noch viele Fragen offen. Würden wir der leiblichen Mutter gestatten, Kontakt zum Kind aufzunehmen, wenn sie es wollte? Und was wäre, wenn das Kind erblich bedingte Krankheiten hätte oder bestimmte Veranlagungen – würden wir damit zurechtkommen?
„Ich könnte sie nach der Arbeit abholen“, sagte Brad.
„Sie?“, fragte ich schmunzelnd.
„Habe ich ‚sie‘ gesagt?“, entgegnete er und klang überrascht. „Ich glaube, dass ich einfach angenommen habe, du würdest dir ein Mädchen wünschen.“
„Wie sieht es mit dir aus? Was würdest du dir wünschen?“, wollte ich wissen.
„Mir wäre es egal – ich wäre mit einem Jungen oder einem Mädchen zufrieden.“
„Ich auch.“
„Auf der anderen Seite … wenn wir die Wahl haben, würde ich vielleicht ein kleines Mädchen haben wollen.“ Brad klappte die beiden Brotscheiben zusammen und reichte sie mir. Ich griff nach einem Teller und schnitt mein Sandwich in zwei Hälften. Brad aß sein Brot im Stehen über der Spüle.
„Cody würde sich sicher gut mit dem Baby verstehen“, sagte ich und stellte mir meinen Stiefsohn mit einem Säugling vor. „Egal ob Junge oder Mädchen.“
Brad nickte zustimmend. Er hatte sein Sandwich bereits verschlungen, bevor ich die Chance hatte, meins aufzuessen. Ich stellte die zweite Hälfte des Brotes in den Kühlschrank, und wir gingen zurück ins Bett.
Dann kuschelten wir uns eng aneinander, und ein paar Minuten später zeigte mir sein tiefes gleichmäßiges Atmen, dass Brad eingeschlafen war. Ich konnte mich noch nicht entspannen, denn ich musste an unsere Unterhaltung denken. Adoption.
Brad und ich hatten die Möglichkeit, ein Baby zu bekommen. Nachdenklich fragte ich mich, wie meine Familie reagieren würde. Ich wusste, dass meine Mutter sich freuen würde – sie hatte sich immer viele Enkelkinder gewünscht.
Und ich konnte mit Sicherheit sagen, dass Margaret die Adoption für einen Fehler halten würde. Nachdem sie ihr Missfallen ganz deutlich gemacht hätte, würde sie zehn exzellente Gründe aufführen, warum Brad und ich kein Kind adoptieren sollten. Aber es war nicht Margarets Leben, oder? Ich ermahnte mich selbst, dass es unsere Entschei dung war – nicht die meiner Schwester.
Es kam mir so vor, als wären nur wenige Minuten vergangen, als kurz darauf der Radiowecker ansprang. Es folgten die Morgennachrichten. Brad war schon aufgestanden und duschte.
Obwohl ich nicht vor zehn Uhr im Laden sein musste, hatte ich es mir angewöhnt, gemeinsam mit meinem Mann aufzustehen.
Gähnend taperte ich in die Küche, stellte die Kaffeemaschine an und gab Brotscheiben in den Toaster. Cody, der Glückliche, konnte noch eine Stunde schlafen, bevor er aufstehen musste.
„Hast du noch mal über das nachgedacht, was wir gestern Nacht besprochen haben?“, fragte Brad und nahm einen Schluck Kaffee.
„Ein wenig. Und du?“
„Ich werde tun, was immer du dir wünschst, Lydia.“
„Lass uns in einigen Wochen noch einmal darüber reden.“
Er nickte. Bevor er zur Arbeit ging, küsste Brad mich voller Leidenschaft – was er mir mit dieser Geste ohne Worte sagen wollte, tat mir gut. Lächelnd begleitete ich ihn zur Tür und ging mit ihm hinaus – in einen verheißungsvollen Frühlingsmorgen. Während er den Wagen aus der Garage holte, wartete ich auf der Veranda.
Ich muss in meinem Leben etwas sehr Gutes getan haben, dass ich Brad Goetz verdient habe.
16. KAPITEL
Alix Townsen d
Dank Jacquelines und Colettes Zuspruch meldete Alix sich im Go Figur e an, einem Fitnessstudio für Frauen, das erst vor Kurzem in der Blossom Street eröffnet hatte.
Sport, hatte Alix aus unterschiedlichen Quellen erfahren, war besonders geeignet, um Stress abzubauen und Span nungen zu lösen. Da der Tag der Hochzeit immer näher rückte, brauchte Alix ganz dringend etwas, das ihre zum Zerreißen gespannten Nerven beruhigte. Das Stricken allein half nicht mehr – vor allem, weil diese Farce einer Hochzeit mit jedem Tag lächerlichere Ausmaße annahm.
Als Ansporn, damit Alix auch tatsächlich zum Training ging, hatte auch Colette sich angemeldet. Go Figur e war anders als alle Fitnessstudios, die Alix je gesehen hatte. Es gab viele Geräte, aber keine Spiegel – außer in den
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