Die Farben der Sehnsucht
gern zu. Sich in den Chef zu verlieben ist so klischeehaft.“
„Hat er auch Gefühle für dich?“
Sie schüttelte den Kopf. „Glaube ich nicht. Er trifft sich mit einer anderen.“
„Woher weißt du das?“
„Er hat bei uns im Laden Blumen für sie bestellt. Rosen – jede Woche, ein Jahr lang.“
„Oh.“
Es folgte ein kurzes Schweigen.
„Jeder macht Fehler“, sagte Alix. „Ich habe den Vorrat an Fehlern, die einem Menschen in seinem Leben zu machen zusteht, ganz sicher ausgeschöpft. Und Jordan weiß davon.“ Es war unendlich schwierig gewesen, ihm alles zu sagen, doch sie hatte es tun müssen. Die schmutzigen Einzelheiten ihrer Vergangenheit vor ihm auszubreiten war die beschämendste Erfahrung, die Alix in ihrem ganzen Leben gemacht hat te. Sie hatte sich Selbstvorwürfe gemacht, Scham gefühlt, Reue und etwa zehn andere Gefühle, die zu schmerzvoll waren, um sie zu benennen.
„Du hast ihm alles erzählt … alle s über deine Vergangenheit?“, fragte Colette. Sofort schien sie es zu bereuen, die Frage gestellt zu haben. „Du musst nicht darauf antworten, wenn du lieber nicht möchtest.“
„Es macht mir nichts aus, deine Frage zu beantworten. Und ja, ich habe ihm die ganze Geschichte erzählt.“ Alix zuckte halbherzig die Schultern. „Aber ich denke nicht oft über diese Phase meines Lebens nach. Ich bin mittlerweile ein ganz anderer Mensch geworden.“
„Ja, das bist du ganz sicher.“
„Bis ich Jordan traf, wusste ich nicht, wohin mit all den schrecklichen Altlasten meiner Vergangenheit. Es hat mich total runtergezogen. Jedes Mal, wenn mir etwas Gutes widerfuhr – zum Beispiel als Jacqueline und Reese mich einluden, in ihrem Gästehaus zu wohnen –, glaubte ich, dass ich es nicht verdient hätte.“
„Aber, Alix …“
„Ja, ich weiß. Jordan war einfach großartig.“ Sie hielt inne und fuhr sich mit gespreizten Fingern durch ihr kurzes, in Spitzen abstehendes Haar. „Er hat mir etwas gesagt, das ich niemals vergessen werde.“
Colette blickte sie eindringlich an. „Und was war das?“
„Er sagte, dass das Schwierigste am Verzeihen ist, uns selbst zu verzeihen.“
Colette nickte nachdenklich. „Ich bin nicht die Art von Frau, die auf One-Night-Stands steht. Oder wenigstens habe ich das bislang geglaubt. Ich habe für die Frauen, die so etwas taten, immer Verachtung empfunden.“
„Und ich habe auch nie geglaubt, einmal so tief sinken zu können, wie ich schließlich tatsächlich gesunken bin“, sagte Alix und schluckte den Kloß herunter, der sich in ihrem Hals gebildet hatte. Die furchtbaren Dinge, die sie getan hatte, hatten ihre Einstellung, ihre Haltung dem Leben gegenüber verdorben. Bis sie ihren Frieden mit Gott gemacht hatte – und mit sich selbst. „Alles, was ich mit Sicherheit sagen kann, ist, dass ich nicht wieder dorthin zurück will.“
„Das wird auch nicht geschehen“, erwiderte Colette voller Zuversicht. „Wie du schon gesagt hast, du bist nicht mehr dieselbe Person, die du damals warst.“
„Was ich sagen möchte“, begann Alix, die nicht länger im Mittelpunkt der Unterhaltung stehen wollte, „ist, dass du gerade denselben Fehler machst wie ich. Der Mensch, dem du nicht vergeben kannst, bist du.“
Colette schenkte ihr ein zustimmendes Lächeln. „Das ist nicht leicht, oder? Erzähl mir darüber.“
Das war der schwierigste Aspekt ihres neuen Lebens gewesen, und Alix war sich nicht sicher, wie sie es ihrer Freundin erklären sollte. „Diese negativen Gedanken, diese Abwehrhaltung? Wenn du immer nur das Schlechteste erwartest, weil es deiner Meinung nach das ist, was du verdienst?“ Als Colette nickte, sagte sie: „Ich nenne es ‚übles Grübeln‘.“
Colette runzelte die Stirn. „Du meinst, wenn man anfängt, die Vergangenheit wieder aufzuwärmen?“
„Ja.“ Alix schloss die Augen. „Aber es ist noch mehr als das. Lass mich dir ein Beispiel geben. Einmal erzählte mir Tammie Lee, Jacquelines Schwiegertochter, wie gut mir Rot stehen würde. Damals trug ich gerade ein schwarzes T-Shirt und eine Jeans.“
„Sie hat dir ein Kompliment gemacht.“
„Es war als Kompliment gemeint“ , erklärte Alix. „Nur habe ich es nicht so empfunden. Stattdessen war ich davon überzeugt, dass Tammie Lee mich absichtlich verletzen wollte.“
„Ich bin mir sicher, dass sie es nicht so gemeint hat!“
„Hat sie auch nicht“, fuhr Alix fort. „Ich weiß nicht, ob du es nachvollziehen kannst, aber ich denke, es geht alles zurück auf
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