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Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
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paar Handvoll Kräuter zu bereichern. Denn ich hatte bemerkt, daß sie traurig war. Hätte man mir aber gesagt, sie sei betrübt wegen der bevorstehenden Trennung von mir, ich hätte es nicht geglaubt, so karg und sparsam war man bei uns mit Worten und Gesten.
    Ich ging über die Felder oberhalb des Dorfes. Die kahle, gedüngte Erde mußte bis Dezember ruhen, wenn bei uns Kartoffeln gepflanzt und Quinua gesät werden, eine Art Reis. Ich hatte meinen Spaß daran, die Erdklumpen mit den Füßen zu zertreten, als ich meinen Vater erblickte. Er kam den Berg herab. Vor Schreck wäre ich beinahe gefallen … Ihm folgte Huaman Supay, der Mann meiner Schwester! Ein Stück dahinter kam sie. Ich glaubte, der Inka habe Huaman Supay nach Hause geschickt, und hüpfte ihnen entgegen.
    Meine Freude erstarb schnell. Ich wagte meinen Vater nichts zu fragen. Er stapfte an mir vorbei durch das Gras, als wollte er es zermalmen. Huaman Supay erwiderte meinen Gruß nicht, was mich vollends verstörte, da Höflichkeit bei uns oberstes Gebot war. Dann kam Curi Coylor. Sie hatte das Gesicht einer Toten.
    Ich sprang zu ihr, zerrte an ihrem Rock.
    »Er konnte nicht ohne mich leben«, sagte sie, »er ist desertiert, heute nacht kam er, wir haben uns in einer Grotte versteckt, der Vater hat uns gefunden … Wir lieben uns, verstehst du.«
    Ich begriff nur, daß ihnen so etwas drohte wie eine Dürre oder ein Erdbeben.
    »Wird er bestraft?« flüsterte ich.
    Curi Coylor sah mich an, ihre Augen waren wie zwei Steine.
    »Vater bringt ihn zum Curaca, der Curaca bringt ihn nach Amancay, er wird verurteilt und hingerichtet. So ist es Gesetz.«
    »Hingerichtet …?«
    Ich hatte das Wort noch nie gehört.
    »Man hängt ihn an den Füßen auf, steinigt ihn oder tötet ihn durch Stockschläge. Er muß sterben, verstehst du.«
    Wenn Huaman Supay sterben mußte, warum weinte sie dann nicht, warum zerkratzte sie sich nicht das Gesicht, wie es die Frauen tun, wenn es in ihrem Haus einen Todesfall gibt? Ihre tonlose Stimme, ihre trockenen Augen entsetzten mich.
    Ich blickte auf die Strohdächer unserer Ayllu hinunter. Diese Landschaft, die einzige, die ich kannte, und die mein Herz mehr erwärmte als die Arme meiner Mutter, erschien mir plötzlich feindselig. Ich blieb stehen, hielt meine Schwester an den Kleidern fest.
    »Lauft weg«, sagte ich, »lauft doch alle beide weg, geht in die Berge …«
    Meine Schwester senkte den Kopf.
    »So ist es Gesetz«, wiederholte sie, »er hat gegen den Gehorsam verstoßen, er muß sterben.«
    Plötzlich ertrug ich diese Schicksalsergebenheit nicht mehr, und nun floh ich.
    Damit wir uns recht verstehen, Pater Juan, der Gedanke, meinen Vater zu schmähen, weil er seinen Schwiegersohn anzeigen ging, streifte mich nicht einmal, und noch heute billige ich seine Strenge. Mein Vater war ein guter Vater, ein redlicher Mann. Zum Lohn für seine Tapferkeit und seine gute Führung im Heer des Inka war er nach der Heimkehr zum Pisca Camayok ernannt worden, das heißt zum Vorsteher von fünf Familien. Er wiederum unterstand dem Chunca Camayok, der über zehn Familien gebot, und so ging es immer weiter, von zehn bis hundert, von hundert bis tausend und bis zum Tucricoc, der vierzigtausend Familien kontrollierte und im allgemeinen der Häuptling und Gouverneur einer Provinz war … Mein Vater trug für die fünf Familien, die ihm anvertraut waren, die volle Verantwortung. Er mußte seinem Vorgesetzten alle Gebrechlichen, Schwachsinnigen, Kranken, Bedürftigen, Arbeitsscheuen und Untüchtigen melden, ebenso alle Geburten und Sterbefälle und, selten genug, auch Ehebruch oder andere Verbrechen. Wenn er seinen Schwiegersohn nicht angezeigt hätte, wäre der Zorn des Inka in erster Linie über uns gekommen, wahrscheinlich wäre sogar das Dorf zerstört worden, um die Schande bis auf die Wurzeln zu tilgen.
    Natürlich wußte ich damals nicht im einzelnen, daß unsere Gesellschaft derart organisiert war, daß der Inka über Bedürfnisse und Versagen eines jeden seiner Millionen Untertanen unterrichtet sein konnte, aber das Pflichtgefühl, das wir ihm gegenüber hegten, erfüllte mich bereits … Gegen was, gegen wen also richtete sich meine wilde Empörung? Ich weiß es nicht. Was ich weiß, ist nur, daß ich, verstört durch die jähe Erscheinung des Unglücks in meinem jungen Leben, vor lauter Tränen und Schluchzen über eine Felskante rutschte, die Weide hinunterrollte und mir das rechte Bein brach.
    Bei uns ist man der festen

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