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Die Favoritin

Titel: Die Favoritin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davenat Colette
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Überzeugung, daß das Vergehen des einzelnen auf seine Angehörigen zurückfällt, also auf seine ganze Ayllu.
    In den folgenden Monaten wurde Huaman Supay, obwohl er sein Verbrechen am Galgen gesühnt hatte, demgemäß reichlichst verwünscht. Man schob ihm den Durchfall von Säuglingen zu, den Verlust eines Lamas, einen großen Papageienschwarm, der aus den heißen Zonen bei uns eingefallen war und unsere Kulturen verwüstete, und anderes mehr.
    So zweifelte auch ich nicht, daß seine Desertion den Zorn der Götter auf mich herabgezogen hatte, und die schöne Liebe, die mein Herz so gerührt hatte, flößte mir nur noch Zorn und Abscheu ein.
    Zuerst sagte meine Mutter: »Dann bringen wir dich eben nächstes Jahr nach Amancay.« Als wir aber feststellen mußten, daß ich hinkte, sagte sie: »Dich dem Huarmicuc vorzustellen war ein Einfall des Vaters deines Vaters und des Curaca. Sie wären stolz gewesen, wenn eine von uns Accla geworden wäre und dem Inka hätte dienen dürfen. Wir auch. Aber wo atmet es sich besser als daheim? Du wirst dich verheiraten. Hinken ist kein Grund für eine Frau, nicht zu gebären oder ihre Pflichten zu erfüllen.«
    Meine Zukunft fiel zurück in die Grenzen, die mir durch meine Geburt gesetzt waren.
    Hatte mein Denken sich je erhabenere Anblicke vorstellen können als den felsigen Grat unserer Berge oder fabelhaftere Schätze als eine reiche Ernte? Was den Palast des Inka betraf – wer hätte ihn mir beschreiben sollen? Er war ein flimmernder Punkt in meiner Phantasie, wie das Licht der unerreichbaren Sterne. Darum litt ich auch nicht darunter, auf einen Glanz zu verzichten, von dem ich ohnehin keine Ahnung hatte, nein, ich litt einfach, weil ich meine Wichtigkeit verloren hatte, weil ich nur noch war, was ich war: eine unter anderen, weil ich von einem Sockel gestürzt war. Und ich käute mein Unglück wieder und wieder und fand bittere Genugtuung darin, es noch zu übertreiben, obwohl es sich tatsächlich auf ein leichtes Hinken beschränkte.
    Monate – Monde, wie wir sagen – gingen darüber hin. Wieder überzogen sich die Felder mit jungen Trieben, und bald bekamen wir Kinder tüchtig zu tun, um die Vögel daraus zu verscheuchen. Es wurde Erntezeit. Ich half, die Maiskolben aus ihrer Blätterhülle zu schälen, ich palte die Körner aus und verlas sie. Danach kamen Kartoffeln, Quinua, Erbsen und Bohnen. Ich sammelte Wurzeln, um den Geschmack der heißen Suppe, die wir täglich aßen, abzuwandeln. Und ich sammelte Blumen, mit denen wir die Wolle färbten, die von den Herden des Inka stammte; Beamte verteilten die Wollballen in den Dörfern und holten sie wieder ab, wenn die Frauen sie zu Geweben versponnen hatten.
    Ende Juli gruben wir auf unserer Parzelle den Guano unter, der uns zugeteilt wurde, um die künftigen Saaten zu düngen, als der Curaca meinen Vater zu sich bestellte. Er befahl ihm, nach Cuzco zu gehen und eine Ariballe abzuholen, die er und andere Curacas unserem Provinzgouverneur zum Geschenk machen wollten.
    Damit mein Vater bei seiner bedeutenden Mission nicht durch die Erfordernisse des Alltäglichen abgelenkt werde, wurde ihm erlaubt, seine Familie mitzunehmen. Und sobald wir die Genehmigung erhielten, die man für jegliche Ortsveränderung beantragen mußte, brachen wir auf.
    Cuzco zu sehen war im Leben eines Bauern ein einzigartiges Ereignis, und nur wenige konnten sich dessen rühmen.
    Für mich wurde die Reise lebensentscheidend.
    Vor Stolz und Freude gewann meine Mutter ein wenig Jugendlichkeit zurück und bekam wieder große blanke Augen. Sie hatte ihre Festkleider angelegt, ging aber barfuß wie wir, ihre Sandalen aus Lamaleder sparte sie auf für die Stadt. Auf dem Rücken trug sie alles mit, was wir auf der Reise brauchten, Maismehl, Bohnen, Salz, mehrere Handvoll Uchu, das sind kleine rote Pfefferschoten, die köstlich im Gaumen prickeln, einen Krug voll Chicha, Kürbisschalen, die uns als Geschirr dienten, und Stäbchen zum Feuermachen. In der linken Hand hielt sie ihre Spindel. Auch unterwegs waren unsere Frauen nie untätig.
    Bald erreichten wir die Nan Cuna.
    Unsere Reichsstraße hat eure Landsleute in großes Staunen versetzt. Da sie nichts Vergleichbares, nicht einmal Annäherndes in ihrem Land haben, fiel es ihnen schwer zu fassen, daß Barbaren ein so vortreffliches Werk geschaffen haben sollten. Übrigens vernachlässigen sie seinen Unterhalt. Fast überall bröckeln heute die Kantmauern, und in sumpfigen Gegenden werden die Rinnsteine

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