Die Festung der Perle
ich sehe, feilscht du wie ein echter Händler. Nun, ich bin sicher, daß wir einen guten Handel abschließen werden. Komm jetzt mit mir in einen gewissen Palast.«
Lächelnd nahm Elric Sturmbringer in beide Hände und warf sich zurück übers Bett, so daß seine Schultern die Wand berührten. Er legte das Schwert über die Knie und machte mit der rechten Hand huldvoll wie ein Monarch eine einladende Bewegung. Spöttisch sagte er: »Möchtest du nicht noch etwas bleiben und eine Probe meiner Kunst zu dir nehmen, Herr Raafi as-Keeme?«
Der Mann in dem kostbaren Gewand schüttelte den Kopf. »Ich denke nein. Du hast dich offensichtlich an den Gestank hier und die Ausdünstungen deines Körpers gewöhnt; aber ich versichere dir, für jeden anderen ist es äußerst unangenehm.«
Elric lachte und nickte. Dann erhob er sich, legte den Schwertgurt um und schob das raunende Runenschwert in die schwarze Lederscheide. »Dann geh voran! Ich muß gestehen, daß ich sehr neugierig bin, welche Risiken ich auf mich nehmen soll, wenn die Diebe Quarzhasaats die Belohnung ablehnen, die ein Lord hier bietet.«
Im Innern hatte er schon einen Entschluß gefaßt: Ein zweites Mal würde er sein Leben nicht so leicht aufs Spiel setzen. Das schuldete er Cymoril.
Kapitel 2
Die Perle im Herzen der Welt
Weiches Sonnenlicht fiel in breiten Bändern durch das schwere Gitter, das in dem prächtig bemalten Dach eines Palastes, der Goshasiz hieß, eingelassen war. Das labyrinthartige Bauwerk zeigte nicht die Einflüsse der Zeit, sondern die finsterer Mächte. Hier bewirtete Lord Gho Fhaazi seinen Gast mit dem geheimnisvollen Elixier und erlesenen Speisen, die in Quarzhasaat mindestens so kostbar waren wie die Ausstattung des Palastes.
Gebadet und in sauberem Gewand spürte Elric neue Lebenskraft. Die dunklen Blau- und Grüntöne der Seide unterstrichen die Helligkeit seiner weißen Haut und des langen, feinen Haares. Das Runenschwert lehnte in der Scheide an dem geschnitzten Sessel. Der Albino konnte es jederzeit ziehen und benutzen, sollte sich dieser Empfang als eine Falle erweisen.
Lord Gho Fhaazi war nach der letzten Mode gekleidet und frisiert. Sein schwarzes Haar und der Bart waren in symmetrische Locken gedreht, die Enden des weitausladenden Schnurrbarts waren gewachst und gezwirbelt. Die buschigen Brauen über den grünen Augen waren blond gefärbt, seine Haut künstlich gebleicht, so daß sie der Ellies glich. Mit leuchtend roten Lippen saß er am Kopfende eines Tisches, der sich zu seinem Gast leicht neigte. Mit dem Rücken zum Licht ähnelte der Lord einem Richter, der über einen Schwerverbrecher zu urteilen hatte.
Elric erkannte die Absicht dieses Arrangements, war aber nicht sehr beeindruckt. Lord Gho war relativ jung, Anfang dreißig, und hatte eine angenehme, etwas hohe Stimme. Mit seinen dicklichen Fingern zeigte er auf die Platten mit Feigen und Datteln in Minzeblättem und die in Honig eingelegten Heuschrecken, die auf dem Tisch standen. Dann schob er die Silberphiole mit dem Elixier zu Elric. Seine Bewegungen verrieten, daß er diese Gastgeberpflichten sonst immer Sklaven überließ.
»Hier, trink nur, mein Bester.« Er war nicht sicher, wie er Elric einzuordnen hatte. Beinahe schien er Angst zu haben. Dem Albino wurde klar, daß es um eine äußerst dringliche Angelegenheit ging, auf die Lord Gho aber bis jetzt noch nicht eingegangen war. Elric wußte nur das, was ihm der Bote.mitgeteilt hatte. »Hast du vielleicht eine Lieblingsspeise, die wir nicht aufgetischt haben?«
Elric betupfte sich mit dem gelben Leinentuch die Lippen. »Ich stehe in deiner Schuld, Lord Gho. Ich habe nicht mehr so vorzüglich gespeist, seit ich die Jungen Königreiche verließ.«
»So? Ich höre, daß es dort alle Speisen im Überfluß gibt.«
»So reichlich wie Diamanten in Quarzhasaat. Hast du die Jungen Königreiche schon bereist?«
»Wir hier in Quarzhasaat haben es doch nicht nötig, zu reisen«, sagte Lord Gho überrascht. »Was gibt es in der Fremde, das wir uns wünschen könnten?«
Elric fand, daß Lord Ghos Volk und seines sehr viel gemeinsam hatten. Er nahm noch eine Feige und verzehrte sie langsam. Genießerisch aß er die süße Frucht. Dann blickte er Lord Gho direkt in die Augen und fragte: »Wieso hast du dann von Nadsokor etwas erfahren?«
»Auch wenn wir nicht selbst reisen, so kommen doch Reisende zu uns. Manche haben Karawanen nach Karlaak oder sonstwohin genommen. Gelegentlich bringen sie Sklaven zu uns.
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