Die Feuer von Córdoba
Diener der heiligen Inquisition sind nicht vor ihm sicher. Er würde nicht einmal davor zurückschrecken, die Gestalt eines Engels anzunehmen, um einen von uns auf seinen Verderben bringenden Pfad der Hölle zu führen.«
Die Erinnerung an diese Worte ließ Stefano erneut erzittern. Hatte etwa gerade der Teufel zu ihm gesprochen, um ihn zu verführen? Um sich mit seiner Hilfe Zugang zum Verlies der heiligen Inquisition zu verschaffen und seine Diener zu befreien, die dort unten eingekerkert waren? Männer und Frauen, die nicht Gefangene waren, weil die Inquisition irrte, sondern weil sie wahrhaftig vom Teufel besessen waren und nun Läuterung und die Befreiung ihrer armen gepeinigten Seelen erfahren sollten?
Stefano wurde heiß, Schweiß perlte auf seiner Stirn, während in seinem Inneren ein Aufruhr tobte. Es kam ihm vor, als ob die Mächte des Himmels und der Hölle gegeneinander um den Preis seiner Seele streiten würden. Seine Kehle schnürte sich zu, als hätte sich der Kragen seiner Kutte plötzlich in ein Würgeseil verwandelt, eine Schlinge, die sich von Atemzug zu Atemzug enger zusammenzog.
»Pater?« Die Stimme des Dieners riss Stefano erneut aus seinen Gedanken. »Soll ich Pater Giacomo holen?«
Stefano schüttelte hastig den Kopf und schluckte. Pater Giacomo hatte Recht. Er war einen Augenblick unachtsam gewesen, und beinahe wäre es dem Teufel gelungen, ihn zu überlisten. Dieser unmenschliche Klagelaut, dieser Appell an sein Mitgefühl und seine christliche Barmherzigkeit waren nichts als eine Falle gewesen, der schändliche Versuch des Teufels, ihn in die Irre zu führen. Doch er war aufgewacht aus seiner Betäubung, er wusste wieder, was er tun musste, wo sein Platz war. Er durfte kein Mitleid haben mit denen, die den Namen des Herrn geschändet hatten, die Unrecht taten, sündigten und sich mit dem Widersacher eingelassen hatten. Er musste dem Herrn zu Seinem Recht verhelfen.
»Es ist alles in Ordnung, Carlos«, antwortete er und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. »Mir geht es wieder besser. Ich werde meine Aufgabe erfüllen. Der Geist ist willig, dem Weg des Herrn immer und zu jeder Zeit zu folgen. Aber das Fleisch ist zuweilen schwach, Carlos. Sehr schwach. Ich bewundere Pater Giacomo stets für seine Stärke.«
Der Diener nickte und sagte sanft: »Pater Stefano, geht jetzt.«
Stefano starrte in die Finsternis hinab. Dort unten warteten keine Menschen auf ihn, es waren Teufel, Söhne und Töchter Satans, die sich der Körper unbescholtener Bürger bedient hatten, um sie zu verführen und ihre Seelen ins ewige Verderben zu stürzen. Diese Menschen hofften auf ihre Befreiung. Und die konnten sie nur durch die Läuterung im Feuer erfahren. Das musste er sich sagen, immer und immer wieder. Dann würde der Teufel mit seinen schändlichen Einflüsterungen keine Macht mehr über ihn haben. Stefano holte erneut Luft, straffte die Schultern und hob den Kopf. Er schob die Hände in die Ärmel seiner Kutte und setzte seinen Fuß auf die erste Stufe.
»Bereitet den Weg des Herrn«, sagte er. Mit dem Vaterunser auf den Lippen stieg er langsam die Stufen der Wendeltreppe hinab.
In ein Grab, dachte er und fröstelte. Ich steige in ein Grab hinab.
Und eine leise, eindringliche Stimme in ihm flüsterte ihm zu, dass er sich nicht von Zweifeln und den Worten anderer beeindrucken lassen sollte. Diese wunderbare Stimme, die zu ihm gesprochen hatte, konnte niemals dem Teufel gehören. Es musste ein Engel gewesen sein. Ein Engel, der ihn warnen wollte, der ihn auf den richtigen, den Weg des Herrn zurückführen wollte.
Doch je weiter er die Wendeltreppe hinabstieg, umso leiser wurde diese Stimme. Und als er schließlich den Fuß der Treppe erreicht hatte, war sie ganz verstummt.
Nur eine Täuschung
Der Raum, in dem gewöhnlich der erste Teil des Verhörs eines von der Inquisition Angeklagten stattfand, war klein. Die Wände waren von Alter und Ruß geschwärzt und glänzten vor Feuchtigkeit, sodass sie aussahen, als hätte man sie aus großen Quadern von Onyx erbaut und nicht aus einfachen, grob behauenen Feldsteinen. Hier unten war es immer so warm und stickig wie in einem der Waschhäuser, und meist lief Stefano bereits nach wenigen Augenblicken, spätestens jedoch, wenn das Verhör begonnen hatte, der Schweiß den Rücken hinunter. Es gab zwar auch hier wie in allen Räumen des Kerkers einen Luftschacht, allerdings handelte es sich dabei lediglich um ein Tonrohr, das aus der Decke
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