Die Finsternis
entschließen, ohne uns ins offene Meer abzutauchen.
Schritte näherten sich. Dann erklang Gemmas Stimme. »Kommen Sie schon, Ratter, lassen Sie mich einen kurzen Blick auf den Outlaw werfen. Im Ring konnte ich ihn gar nicht richtig sehen.«
»Das geht nicht, Kleine«, erwiderte Ratter. »Fife hat gesagt, dass ich niemanden zu ihm lassen darf.«
»Sie sollten wissen, dass Bürgermeister Fife ein Freund von mir ist«, verkündete sie.
»Fife hat keine Freunde«, entgegnete Ratter mit einem hässlichen Lachen. »Entweder du arbeitest für ihn oder du bist für ihn ein Nichts. Das ist alles.«
Geduckt rannten Shade und ich über das Deck und schlüpften hinter einen leeren Verkaufsstand für frittierte Krabben.
Shade konnte wegen seines verletzten Beins nur humpeln und verzog jetzt das Gesicht vor Schmerzen. »Planänderung«, sagte er.
Als Gemma und Ratter am Treppenabsatz auftauchten, sah ich, wie sie sich umblickte, und ich wusste, dass sie nach uns Ausschau hielt.
Shade stieß mich an. »Du hast keinen Grund, dich zu verstecken.«
Ich trat hinter der Krabbenbude hervor und winkte Gemma zu, gerade als Ratter die Stufen hinabstieg.
»Hol sie her«, flüsterte Shade. »Wir werden zur Specter schwimmen.«
»Von Rip Tide aus? Das wird sie nicht machen wollen.« Das war die Untertreibung des Jahrhunderts. Ich winkte sie trotzdem herüber.
»Gut, dann gehen wir eben ohne sie.« Er stand auf. »Hier ist es sowieso sicherer für sie. Aber wenn du immer noch eine Mitfahrgelegenheit zu den Hardluck Ruinen haben willst, musst du tauchen. Sobald Ratter die leere Gefängniszelle entdeckt, wird er Alarm auslösen.«
Wir fingen Gamma am Bohrschacht ab und Shade erklärte ihr kurz seinen Plan.
»Ich komme auf jeden Fall mit«, sagte sie bestimmt.
»Ich habe aber keine Zeit zu warten, bis du die Seilbahn genommen hast und die Klippen hinuntergeklettert bist«, erwiderte Shade grob.
»Ich werde tauchen so wie ihr.«
Ich sah sie entgeistert an und dachte daran, was passiert war, als sie sich das letzte Mal auf einen Tauchgang eingelassen hatte.
»Ty hat mir beigebracht, wie man schwimmt«, fügte sie hinzu, als ob das das Problem wäre.
Shade tippte sich an den Kopf, als wollte er sagen »wie auch immer«, und machte sich auf den Weg zum anderen Ende der Stadt.
»Hier lang ist es näher«, zischte ich und zeigte auf die halbhohe Wand hinter der Treppe.
Er blieb stehen. »Auf dieser Seite müssten wir am Gefängnis vorbeitauchen. Und nachdem wir abgehauen sind, ist der Hai wahrscheinlich zurück ins offene Meer geschwommen.«
»Der Hai?«, fragte Gemma.
»Ein Hai!«, gellte ein Schrei. Eine Sekunde später kam Ratter die Treppe hinaufgestürmt.
»Oder vielleicht auch nicht«, meinte Shade.
In diesem Moment entdeckte uns Ratter und glotzte uns an. »Du!«, rief er.
Shade hakte sich bei Gemma ein und zog sie mit sich fort.
»Halt!« Ratter riss seine Harpunenkanone vom Rücken und zielte auf Shade, obwohl Gemma neben ihm herrannte. »Bleib stehen oder ich nagele dich auf dem Deck fest!«
Ich sprang auf Ratter zu und warf ihn um, sodass er den Abzug nicht drücken konnte. Er war wesentlich schwerer als ich und versuchte mich wegzuschieben, doch ich bekam die Harpune zu fassen. Als ich sie ihm aus der Hand reißen wollte, rollte er sich zur Seite und setzte sein Gewicht ein, damit ich losließ.
Er drückte mich so fest auf den Boden, dass er mich beinahe zerquetschte. Doch als er versuchte, sich mit einer Hand hochzustemmen, während er mit der anderen die Harpunenkanone festhielt, kam er ins Straucheln. Er musste sein Gewicht verlagern, um auf die Knie zu kommen. Schnell schob ich mich unter ihm hervor und packte den Griff der Waffe. Während ich versuchte, sie ihm aus der Hand zu reißen, half ich ihm unbeabsichtigt auf die Füße. Dann begann ein regelrechtes Tauziehen, denn jeder von uns zerrte an einem Ende der Harpune.
Aber er hatte das falsche Ende.
Ich hätte ganz leicht den Abzug drücken und mit dem Pfeil direkt in Ratters Bauch treffen können – aber das würde ich niemals tun. Das konnte er natürlich nicht wissen. Die meisten Leute hätten sofort losgelassen, wenn sie den Lauf einer Waffe in der Hand hielten. Ratter nicht. Er war offensichtlich so dumm, dass er nicht einmal erkannte, in welcher Gefahr er sich befand.
Er benutzte seine Körpermasse als Vorteil und begann, mich umherzuschleudern, um mich auf diese Weise abzuschütteln. Ich wehrte mich nicht dagegen und ließ mich von ihm im
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