JULIA SOMMERLIEBE Band 20
1. KAPITEL
Style-Beraterin Abby Weiss begeistert die Modewelt. Bewundern Sie ihr neuestes Werk im Trendmagazin Finesse. Als perfekte Kulisse für ihre Arbeit dienten Weiss die paradiesischen Whitsunday Islands. Abby Weiss – das aufstrebende neue Talent am Modehimmel!
Abby konnte die Schlagzeilen schon vor sich sehen.
Im Grunde schwirrten sie ihr im Kopf herum, seit sie den Anruf von Marc Pyman erhalten hatte. Marc war der Chefredakteur von Finesse, und er hatte Abby ein unwiderstehliches Angebot unterbreitet: Sie sollte für die Sommerausgabe der Zeitschrift als Modestylistin arbeiten. Während des Fluges auf die Sapphire Islands und selbst nachdem sie ihre Suite im eleganten Resort-Hotel bezogen hatte, waren ihre Gedanken immer nur um diese Schlagzeilen gekreist.
Was Abby bisher von der Insel gesehen hatte, genügte, um ihre Fantasie zu beflügeln. Mit Kreativität und Fleiß müsste es ihr eigentlich gelingen, aus diesem Auftrag die Chance ihres Lebens zu machen. Marc hatte so eine Andeutung gemacht, und Abby wusste, dass er Recht hatte.
Selbst die Schrift der Schlagzeile erschien schon vor ihrem geistigen Auge. In großen fetten Lettern würde der Text in der Finesse stehen. Und Abby war klar, dass sie den Artikel ausschneiden und zu Hause in Sydney über ihren Schreibtisch hängen würde.
Da war sie also. Die Chance, auf die sie immer gewartet hatte.
Mit federnden Schritten durchquerte sie die Poolbar. Die vielen tropischen Pflanzen und exotischen Orchideen waren die perfekte Inspiration für das bevorstehende Fotoshooting.
Die Sapphire Islands hatten schon oft als Kulisse für Modestrecken gedient. Viele australische Designer ließen ihre neuesten Modelle hier ablichten. Und jedes Mal waren die Fotos ein Knaller. Zum Glück hatte Marc auch Abby professionelle Models zur Seite gestellt, was die Arbeit um einiges erleichtern würde.
„Das gibt es doch nicht! Was das Meer so alles zu Tage fördert!“
Abby wirbelte herum, als sie eine vertraute Stimme neben sich vernahm. Sie traute ihren Augen nicht.
„Du meine Güte! Ich glaube es nicht. Bist du es wirklich?“
Vor ihr stand Judd Calloway. Leibhaftig. Seit mehr als drei Monaten hatte sie nichts von ihm gehört. Eine ziemlich lange Zeit, wo sie doch eigentlich immer regelmäßig Kontakt hielten – auch wenn sich dieser Kontakt in den letzten acht Jahren auf Internet und Telefon beschränkt hatte. Acht Jahre. Acht Jahre seit ihrem Fehltritt am Abend der Schulabschlussparty. Zum Glück war es ihnen gelungen, diesen einmaligen Ausrutscher zu vergessen und stattdessen eine lange und enge Freundschaft aufzubauen. Eine Telefonfreundschaft, um genau zu sein. Aber was machte das schon.
Vergessen konnte manchmal hilfreich sein, zumindest war es das in all der Zeit gewesen, in der Abby nichts weiter als Judds Seelenfreundin gewesen war.
Jetzt streckte sie ungläubig eine Hand aus und tippte ihm zögernd an die Brust: Er fühlte sich echt an. Sehr echt sogar. Seine kräftigen Muskeln gaben unter ihrer Berührung kaum nach. „Was bitte machst du hier?“
Judd grinste. Seine hellbraunen Augen funkelten, und Abby antwortete instinktiv mit einem Lächeln. Unglaublich, dass er wirklich hier vor ihr stand.
„Was ist denn das für eine Art, seinen neuen Starfotografen zu begrüßen?“
„Wie, Starfotograf? Du meinst … Soll das heißen, dass Du das Shooting machst? Aber das sind Modefotos, Judd, keine Wildtieraufnahmen!“
Judd setzte sich auf den nächsten Barhocker und klopfte mit der Hand auf den Platz neben sich.
„Da wäre ich mir nicht so sicher. Ich hab gestern Abend einige von deinen Leuten feiern sehen, und das sah nicht viel anders aus.“
„Das sind nicht ‚meine Leute‘. Ich arbeite nur mit ihnen.“
„Und du gehst mit ihnen aus“, neckte er. Dann griff er nach einer von Abbys Locken und strich sie ihr hinters Ohr. „Geschmäcker sind verschieden, stimmt’s?“
Abby versuchte gegen ihr Erröten anzukämpfen, doch es gelang ihr nicht. Judd hatte irgendetwas in ihr ausgelöst, das sie sich nicht erklären konnte.
Es war so lange her, dass er sie das letzte Mal berührt hatte. Abgesehen von ihren wirren Träumen, in die er sich in manch heißer Nacht eingeschlichen hatte.
„Da hast du recht. Geschmäcker sind verschieden. Es ist wohl ein Wunder, dass ich ausgerechnet zu dir noch Kontakt halte, was?“
Er lachte nur. Es war ein warmes, kehliges Lachen, das immer noch so klang wie damals.
„Jetzt erzähl schon, Judd. Ich dachte, du
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