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Die Finsternis

Die Finsternis

Titel: Die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Falls
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in deinen Augen respektvoll aus? Oder wirkt sie nicht eher so, als würde man Leuten damit Angst einjagen wollen?«
    »Angst einjagen oder warnen«, stimmte ich ihr zu. »Lass uns hier abhauen.«
    Ich ließ den Blick noch einmal durch die dunkle, tropfende Halle wandern, dann zog ich das Moskitonetz vom Bootsmast und takelte das Segel an seiner Stelle auf. Gemma leuchtete weiter mit der Taschenlampe über die Berge aus Zubehörteilen, bis ihr etwas hinter einem Vorhang aus Fischernetzen ins Auge fiel, die zum Trocknen aufgehängt waren. Langsam wagte sie sich in diese Ecke vor.
    »Gemma, komm zurück!«, rief ich ihr im Flüsterton nach. Das Licht brauchte ich nicht, aber sie war schon ziemlich weit entfernt, und das beunruhigte mich.
    »Ich glaube, ich habe noch mehr Schriftzüge entdeckt«, sagte sie.
    »Komm zurück«, ließ ich nicht locker. »Ich bin fertig. Lass uns verschwinden.«
    Ich schaute mich zum Eingang um, weil ich fast schon erwartete, eine Flotte aus Booten der Surfs ankommen zu sehen. Das war zwar nicht der Fall, aber was ich dort sah, brachte mein Herz fast zum Stillstand.
    »Ty, sieh mal.« Gemma hatte die Fischernetze zur Seite gezogen. »Hier steht Drift .«
    »Verdammt«, murmelte ich und suchte verzweifelt nach einer Waffe.
    »Was ist los?«, fragte sie.
    Ich zeigte auf das Wasser, wo eine Bugwelle, wie von einem unsichtbaren Schiff verursacht, in die Andockstelle strömte. »Ein Krokodil.« Nur die Nasenlöcher ragten aus dem Wasser. Doch der Größe der Welle und der Breite der Schnauze nach zu urteilen, musste das Viech fast sechs Meter lang sein.
    Gemma ließ das Fischernetz zurückfallen. »Oh Scheiße.«
    Die Kreatur schwamm einen weiten Kreis zwischen den Docks und kehrte zum Eingang zurück.
    »Alles okay«, flüsterte Gemma mehr zu sich selbst als zu mir. »Es schwimmt wieder weg.«
    Doch es schwamm nicht wieder weg. Es hielt in der Mitte des Gebäudezugangs an und ließ sich dort treiben, als wollte es uns herausfordern.
    »Selbst wenn wir im Boot sitzen, sind wir ihm ausgeliefert, stimmt’s?«, fragte sie, obwohl klar war, dass sie die Antwort bereits kannte.
    »Ich würde nicht mal versuchen, in einem Rennboot an dem Biest vorbeizukommen, daran vorbeizusegeln, wenn es hier drin keinen Wind gibt, können wir vergessen.«
    »Und es kann jederzeit hier raufklettern, wenn es will, oder?« Sie überflog das Schwimmdock mit einem hastigen Blick. »Antworte lieber nicht.«
    »Such nach einer Harpune oder einem Speer«, sagte ich und wandte mich zur hintersten Ecke um. Doch da wurden mir plötzlich die Beine weggeschlagen und ich fiel der Länge nach hin.
    Ich dachte zuerst, das Krokodil hätte sich blitzschnell herangepirscht, aber als ich mich mit einem erstickten Schrei wieder aufrichtete, stand ein Mann über mir, der seinen rostigen Dreizack auf meine Brust gerichtet hatte. Hadal. Mit seiner schorfigen, haarlosen Haut und den Hörnern sah er eher wie ein Monster als ein Mensch aus.
    »Ich habe keine andere Wahl«, presste er mühsam hervor und hob den Arm, um mich aufzuspießen.
    »Sie wurde am Meeresboden verankert, oder?«, platzte es aus mir heraus, denn jetzt fügten sich alle Teile blitzschnell zusammen. »Deshalb steht Drift an der Wand.«
    Er erstarrte, hielt die Waffe weiterhin erhoben, stieß sie jedoch nicht in meine Brust.
    »Jemand hat die Luken von außen zugekettet, die Motoren außer Kraft gesetzt und sie in der Tiefe versenkt.« Das war nur eine Vermutung, aber sie fühlte sich richtig an. »Und Sie wissen nicht wo.«
    »Ja«, sagte er so leise, dass es auch nur ein Atemzug hätte gewesen sein können. »Und alle sind darin gefangen«, fügte er hinzu und fuhr sich mit der Hand über den kahlen Kopf, als würde er einen Gedanken wegwischen wollen. »Auch meine Tochter.«
    »Wer tut so etwas?«, fragte ich, ohne einen Fluchtversuch zu unternehmen. »Wer versenkt Townships?«
    Hadal senkte den Dreizack. »Fife.«
    Das war keine große Überraschung. Mein Sprung in das Krokodilbecken hatte auch meinen Blickwinkel verändert. Jetzt sah ich Fifes freundliches Schauspiel als das, was es war: ein Schauspiel. »Er hat Sie beauftragt, mich zu töten?«
    Mit einem Kopfnicken trat Hadal zurück und ließ mich aufstehen. »Schon auf Rip Tide. Doch ich kam stattdessen hierher, weil ich dachte, die Meereswache würde die Drift vielleicht rechtzeitig finden …« Seine Worte klangen voller Groll und er beobachtete das Krokodil, das, nur mit den Augen und der Schnauze aus dem Wasser

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