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Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Ärmel trugen verwirrende, aufgemalte Muster, rote und schwarze Farben dominierten auf dem rechten, silberne und grüne auf dem linken. Eine kleinere Jacke, die wohl Roseph gehört hatte, nahm Dirk für Gwen mit.
    Vikary holte die beiden Lasergewehre hervor, lange Röhren aus schwarzem, glattem Plastik, auf denen kunstvoll getriebene Wolfsköpfe aus weißem Metall befestigt waren. Das erste hing er sich selbst über die Schulter, das zweite gab er mit knappen Bedienungsinstruktionen an Dirk weiter. Die Waffe war sehr leicht und fühlte sich etwas ölig an. Dirk hielt sie unbeholfen in der Hand.
    Der Abschied war kurz und überaus formell. Dann stieg Vikary in den großen Braithgleiter, hob vom Boden ab und schoß mit hoher Beschleunigung davon. Das verursachte eine mächtige Staubfahne, aus der Dirk hustend, eine Hand vor dem Mund, in der anderen das Gewehr, hervortrat.
    Als er in die Suite zurückkehrte, wachte Gwen gerade auf. »Jaan?« fragte sie schlaftrunken und hob den Kopf von der Ledermatratze, um zu sehen, wer eingetreten war. Sie stöhnte, ließ sich schnell wieder zurücksinken und begann ihre Schläfen mit beiden Händen zu massieren. »Mein Kopf«, jammerte sie leise.
    Dirk stellte den Laser neben der Tür aufrecht an die Wand und setzte sich an den Rand des im Fußboden eingelassenen Bettes. »Jaan ist gerade gegangen«, sagte er. »Er will nach Larteyn fliegen und Ruark holen.« Gwens einzige Antwort war ein neuerlicher Seufzer. »Kann ich dir irgendwie behilflich sein?« fragte Dirk. »Wasser? Etwas zu essen?« Er nahm die Proteinriegel aus der Jackentasche und reichte sie Gwen.
    Sie warf einen kurzen Blick darauf und verzog angewidert das Gesicht. »Nein«, sagte sie. »Weg damit.
    So hungrig bin ich nun auch wieder nicht.«
    »Du mußt etwas essen.«
    »Hab schon«, erwiderte sie. »Gestern nacht. Jaan hat ein paar dieser Riegel in Wasser aufgeweicht und eine Art Paste daraus gemacht.« Sie nahm die Hände von den Schläfen und drehte sich auf die Seite, um ihn anzusehen. »Ich habe sie nicht bei mir behalten«, sagte sie. »Ich fühle mich miserabel.«
    »Kein Wunder«, sagte Dirk. »Nach allem, was vorgefallen ist, kannst du nicht erwarten, daß du dich putzmunter fühlst. Wahrscheinlich hast du eine Gehirnerschütterung davongetragen und kannst von Glück sagen, daß du nicht tot bist.«
    »Das hat mir Jaan auch schon erzählt«, meinte sie etwas spitz, »und ich weiß auch, was danach passiert ist – ich meine, was er mit Myrik gemacht hat.« Sie runzelte die Stirn. »Ich dachte, ich hätte ihn im Fallen gut getroffen. Du hast es doch gesehen, oder? Es fühlte sich so an, als hätte ich ihm den Kiefer oder mir die Finger gebrochen. Aber es schien ihm überhaupt nichts auszumachen.« »Ich weiß«, sagte Dirk.
    »Erzähl mir genauer von – du weißt schon. Jaan hat nur um den heißen Brei herum geredet. Ich will alles wissen.« Ihre Stimme klang müde und voller Schmerz, schien aber keinen Widerspruch zu dulden. Und so erzählte ihr Dirk alles.
    »Er richtete seine Waffe auf Garse?« fragte sie einmal mittendrin. Dirk nickte, und sie beruhigte sich wieder.
    Als er geendet hatte, war Gwen sehr schweigsam. Ihre geschlossenen Augen öffneten sich kurz, dann schlossen sie sich erneut. Sie lag bewegungslos auf der Seite, zusammengekrümmt wie ein Fötus, die Hände unter ihrem Kinn zu kleinen Fäusten geballt. Während er sie beobachtete, fühlte Dirk, wie seine Augen unwiderstehlich von ihrem linken Unterarm angezogen wurden, von jener unerbittlichen Gedächtnisstütze für den Bund mit Jaan, von dem Jade-und-Silber, das sie noch immer trug.
    »Gwen«, sagte er leise. Ihre Augen öffneten sich wieder – ganz kurz nur –, und sie schüttelte heftig den Kopf. Dann stieß sie ein fast unhörbares »Nein!« aus. »He«, sagte er, aber ihre Lider waren längst wieder geschlossen. Sie hatte sich in sich selbst zurückgezogen. Dirk war mit ihrem Schmuckstück und seinen Ängsten allein. Die Sonnen befanden sich wieder auf ihrem Abstieg und ließen ihr Licht schräg durch das Fenster fallen. Staubteilchen schwebten gemächlich durch den breiten Strahl. Das Licht fiel so, daß nur eine Seite der Matratze beleuchtet wurde, Gwen lag genau auf der Trennlinie zwischen Licht und Schatten.
    Dirk versuchte nicht, wieder mit Gwen zu sprechen. Er starrte sie auch nicht mehr an. Statt dessen ertappte er sich dabei, wie er die Lichtmuster auf dem Fußboden beobachtete.
    In der Mitte des Zimmers war alles warm und

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