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Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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»Dirk«, sagte sie, dabei Ruark ignorierend.
    Er wandte sich ihr zu. »Ja?«
    »Ich habe Jaan dazu gebracht, daß er sich eine Weile hinlegt. Er ist sehr müde. Komm nach draußen, wo wir sprechen können.«
    »Wartet!« sagte Ruark. »Bindet mich zuerst los, ja? Macht schon! Meine Arme, Dirk, meine Arme ...«
    Dirk ging nach draußen. In der Nähe lag Jaan. Er hatte den Kopf gegen einen Baum gelehnt und starrte blind auf das Feuer in der Ferne. Sie entfernten sich von ihm und hielten auf die Dunkelheit der Würger zu, die sich vor ihnen ausbreitete. Schließlich hielt Gwen an und drehte sich zu ihm um. »Jaan darf es niemals erfahren«, sagte sie. Mit der rechten Hand wischte sie sich eine lose Haarsträhne aus der Stirn. Dirk erstarrte. »Dein Arm«, stammelte er.
    Um ihren rechten Unterarm trug Gwen schwarzes, leeres Eisen. Bei Dirks Worten hielt sie mitten in der Bewegung inne. »Ja«, sagte sie. »Die Glühsteine folgen später.«
    »Ich verstehe«, sagte Dirk. »Teyn und betheyn. Beides in einer Person.«
    Gwen nickte. Sie nahm Dirks Hände in ihre eigenen. Ihre Haut war kalt und trocken. »Sei für mich glücklich, Dirk«, sagte sie mit leiser, trauriger Stimme. »Bitte.«
    Er drückte ihre Hände und versuchte dabei einen sicheren Eindruck zu machen. »Das bin ich«, sagte er ohne Überzeugung. Schweigen herrschte zwischen ihnen, Schweigen und große Bitterkeit. »Wie du aussiehst.!« sagte Gwen schließlich und zwang sich zu einem Grinsen. »Das ganze Gesicht zerkratzt. Wie du deinen Arm hältst! Wie du gehst! Ist alles in Ordnung mit dir?«
    Er zuckte die Achseln. »Die Braiths sind keine sanften Spielkameraden«, sagte er. »Aber ich werde es überstehen.« Er ließ ihre Hände los und griff in die Tasche. »Gwen, ich habe etwas für dich.« In seiner Faust: zwei Edelsteine. Der Glühstein, rund und ungenau facettiert, von innen schwach leuchtend, funkelte in seiner hohlen Hand. Der Flüsterjuwel, kleiner und dunkler, tot und kalt. Gwen nahm die Steine wortlos entgegen. Stirnrunzelnd rollte sie beide einen Moment auf der Hand. Dann steckte sie den Glühstein ein und gab das Flüsterjuwel zurück.
    Er nahm es an. »Das letzte, was ich von Jenny besitze«, sagte er, als seine Hand sich um den Eistropfen schloß und wieder in seiner Kleidung verschwand.
    »Ich weiß«, sagte sie. »Vielen Dank für dein Angebot. Aber ich will ehrlich sein: Es spricht nicht mehr zu mir. Ich glaube, ich habe mich zu sehr verändert. Ich habe das Flüstern seit Jahren nicht mehr vernommen.«
    »Ja«, sagte er. »So etwas habe ich mir schon gedacht. Aber ich mußte es dir anbieten – den Stein und das Versprechen. Das Versprechen gehört dir immer noch, Gwen, falls du jemals meine Hilfe benötigen solltest. Nenne es mein Eisen-und-Feuer. Du willst mich doch nicht zu einem Spottmenschen machen, oder?« »Nein«, erwiderte sie. »Der andere ...«
    »Garse hat ihn heimlich weggesteckt, als er den Rest ins Wasser warf. Ich dachte, daß du ihn vielleicht zusammen mit den neuen einfassen lassen könntest. Jaan würde den Unterschied nicht bemerken.« Gwen seufzte. »Wird gemacht«, sagte sie. Dann: »Ich muß sagen, daß mir Garses Schicksal sehr nahegeht. Ist das nicht merkwürdig? In all den Jahren, die wir zusammen verbrachten, verging kaum ein Tag, an dem wir uns nicht gegenseitig an die Gurgel gingen, und der arme Jaan, der uns beide liebte, zwischen uns treten mußte. Es gab Zeiten, da war ich mir fast sicher, daß nur eines mich vom absoluten Glück trennte: Garse Eisenjade Janacek. Und jetzt, wo er nicht mehr da ist, kann ich es kaum fassen. Ich erwarte dauernd, ihn in seinem Gleiter daherfliegen zu sehen, grinsend und bis an die Zähne bewaffnet, bereit, mich anzuschnauzen und mich zurechtzuweisen. Ich glaube, ich werde weinen, wenn mir die Wirklichkeit voll zu Bewußtsein kommt. Findest du das nicht merkwürdig?«
    »Nein«, sagte Dirk. »Ganz und gar nicht.«
    »Um Arkin könnte ich auch beinahe heulen«, sagte sie. »Weißt du, was er gesagt hat? Als er in Kryne Lamiya zu mir kam? Nachdem ich ihn einen Lügner genannt und zu Boden geschlagen hatte – weißt du, was er da gesagt hat?«
    Dirk schüttelte den Kopf und wartete gespannt.
    »Er sagte, er würde mich lieben«, sagte Gwen und lächelte grimmig. »Er sagte, er hätte mich von dem Tag an geliebt, an dem wir uns auf Avalon trafen. Ich kann natürlich nicht beschwören, daß er die Wahrheit sprach. Garse war schon immer der Meinung, die Manipulatoren seien sehr

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