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Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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bekümmert.
    Sie trat auf ihn zu, und bevor er reagieren konnte, hatte sie ihn mit den Armen umfangen und drückte ihn mit aller Kraft. Langsam hob er seine Arme und erwiderte die Liebkosung. Sie standen gut zehn Minuten so, aneinandergepreßt, ihre glatte kühle Wange an seinen Bartstoppeln. Als sie sich schließlich von ihm löste, sah sie zu ihm auf und erwartete, daß er sie küßte. Was er auch tat. Er schloß die Augen, ihre Lippen fühlten sich trocken und hart an.
     
    Im Morgengrauen war die Feuerfeste kalt. Der Wind wirbelte in hämmernden Böen um sie herum, der Himmel über ihnen war grau und bewölkt.
    Auf dem Dach ihres Gebäudes fanden sie eine Leiche. Vorsichtig, das Lasergewehr im Anschlag, stieg Jaan aus, während Gwen und Dirk ihm aus der relativen Sicherheit des Gleiters heraus im Notfall Feuerschutz geben sollten. Ruark saß verängstigt auf dem Rücksitz. Bevor sie die Nachbarschaft von Kryne Lamiya verließen, hatten sie ihn befreit, und auf dem Rückweg zeigte er sich abwechselnd mürrisch und überschwenglich erfreut. Er wußte nicht, was er denken sollte. Vikary untersuchte den Körper, der ausgestreckt vor den Aufzügen lag, dann kehrte er zum Gleiter zurück. »Roseph Hoch-Braith Kelcek«, sagte er kurz angebunden. »Hoch-Larteyn«, verbesserte Dirk.
    »Richtig«, stimmte er mit finsterem Blick zu. »Hoch-Larteyn. Er dürfte schon mehrere Stunden tot sein, würde ich sagen. Annähernd die Hälfte seiner Brust wurde von Geschossen aus einer Projektilwaffe weggerissen. Seine eigene Handfeuerwaffe steckte im Halfter.«
    »Eine Projektilwaffe?« wiederholte Dirk.
    Vikary nickte. »Von Bretan Braith Lantry weiß man, daß er eine solche Waffe beim Duell benutzt. Er ist ein berühmter Duellant, aber ich glaube, er hat diese Waffe bisher nur zweimal eingesetzt. Bei seltenen Anlässen, wenn er sich nicht damit zufrieden geben wollte, den Gegner nur zu verwunden. Ein Duellaser ist ein sauberes, präzises Instrument. Das trifft auf diese ominöse Waffe Bretan Braiths nicht zu. Sie verschießt Kugeln, die auch dann zu tödlichen Wunden führen, wenn der Schuß eigentlich nicht tödlich gewesen wäre. Es ist ein brutales Ding für kurze Duelle mit tödlichem Ausgang.«
    Gwen starrte auf die Stelle, wo Roseph wie ein Lumpenhaufen lag. Seine Kleider hatten die schmutzige Farbe des staubigen Daches und flatterten von Zeit zu Zeit im Wind. »Das war kein Duell«, sagte sie. »Nein«, gab Vikary zurück.
    »Aber warum?« fragte Dirk. »Roseph war für Bretan Braith doch keine Gefahr, oder? Darüber hinaus schreibt der Duellkodex vor ... Bretan ist doch noch ein Braith, oder irre ich mich? Also ist er immer noch gebunden. «
    »Bretan ist in der Tat noch ein Braith, und das beantwortet Ihre Frage, Dirk t'Larien«, sagte Vikary. »Es handelt sich um kein Duell, sondern wir haben es mit einem Hochkrieg zu tun – Braith gegen Larteyn. Im Hochkrieg gibt es nur wenige Regeln. Jeder männliche Erwachsene des feindlichen Festhalts darf getötet werden, bis ein Friede verkündet wird.«
    »Ein Kreuzzug«, meinte Gwen und kicherte. »Das sieht Bretan nicht sehr ähnlich, Jaan.«
    »Ja, das klingt viel eher nach dem alten Chell«, gab Vikary zurück. »Ich vermute, daß sein teyn ihm ein Versprechen abnahm, als er im Sterben lag. Falls dies zutrifft, tötet Bretan, um ein Gelöbnis zu erfüllen und nicht einfach nur aus Kummer. Er wird keine Gnade kennen.« Auf dem Rücksitz lehnte sich Arkin Ruark eifrig vor. »Aber das ist ja großartig!« rief er aus. »Ja, hört mir zu, das ist großartig. Gwen, Dirk und Jaan, mein Freund, hört mir zu! Bretan wird sie alle für uns umbringen, nicht wahr? Er wird sie alle töten, jawohl. Er ist der Feind unserer Feinde – das beste, was uns geschehen konnte, stimmt's?« »Ihr Optimismus ist unangebracht«, sagte Vikary. »Der Hochkrieg zwischen Bretan Braith und den Larteyns macht ihn nicht zu unserem Freund, es sei denn durch Zufall. Blut und Hochbeschwerde lassen sich nicht so einfach aus der Welt schaffen, Arkin.«
    »Ja«, stimmte Gwen zu. »Es war nicht Lorimaar, den er in Kryne Lamiya vermutete! Er brannte die Stadt nieder, um uns den Garaus zu machen.«
    »Eine Vermutung, reine Spekulation«, murmelte Ruark. »Vielleicht hatte er andere Gründe, persönliche – wer will das wissen? Vielleicht war er verrückt, vor Kummer wahnsinnig geworden, hm?« »Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Arkin«, sagte Dirk. »Wir werden Sie draußen absetzen, und wenn Bretan daherkommt,

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