Die Flammenfrau
alten Volk schwebten eher, als daß sie gingen. Oft genug hatte Arma versucht, genauso geräuschlos zu schleichen, aber es war aussichtslos, ihr fehlte der Zauber dazu.
Mirka trug das Gewand der Priesterin. Schon seit einiger Zeit war sie oft oben am Wasserfall bei den Priesterinnen im Mondscheintempel der Göttin. Sie kam nur noch selten zu den Hügeln herunter.
»Es ist schön, dich zu sehen«, sagte Arma und umarmte die Freundin.
»Du siehst, warum ich nur noch selten komme,« Mirka deutete auf ihr Gewand. »Camire, die Hohepriesterin, hat mit meiner Schulung begonnen. Ich werde nicht mehr viel Zeit für anderes haben. Doch erzähle mir, was es von der kleinen Brunhild Neues gibt.«
»Sie wächst jeden Tag, und sie ist im Steinwerfen unschlagbar für ihr Alter. Sie wird eine gute Kriegerin.«
»Vergiß nicht, ihr das Springen beizubringen. Die Zeichen der Priesterinnen deuten an, daß sie es beherrschen sollte.«
»Was weißt du noch von ihrem Schicksal?« Arma schaute Mirka fragend an.
»Nicht viel, die Zeichen sind noch ungenau.«
»Was bedeutet das?«
»Das Schicksal ist nicht festgelegt, Arma. Es gibt viele verschiedene Schicksalsfäden, und die kleine Brunhild spinnt selbst den Faden, der ihr Weg werden wird. Die Göttin zeigt nur die Pfade, die Brunhild eines Tages gehen kann. Was sie letztlich tun wird, muß sie selbst entscheiden. Aber sie sollte die Wahl haben. Es ist unsere Aufgabe, sie darauf vorzubereiten.«
Arma klopfte der Stute zum Abschied den Hals. »Gleich morgen werde ich damit anfangen, ihr das Springen beizubringen. Und das Reiten.«
Mirka schüttelte den Kopf. »Langsam, Arma. Alles hat seine Zeit bis zu deiner Rückkehr.«
»Bis zu meiner Rückkehr? Was meinst du damit?«
»Camire, die Hohepriesterin, hat bestimmt, daß du jenseits der magischen Grenze einige Zeit mit Aysar auf Jagd gehen wirst. Es nützt nichts, wenn du hierbleibst und nur für das Kind lebst. Dein Leben ist nicht nur für dieses Kind bestimmt. Du bist eine Kriegerin, Arma. Dort draußen werden Frauen mit deinen Fähigkeiten gebraucht. Du mußt wieder reiten, du mußt kämpfen und siegen. Außerdem kann es Aysar nicht schaden, wieder ein bißchen gefordert zu werden.« Mirka tätschelte nun ihrerseits den Pferdehals.
»Ihr schickt mich weg?«
»Arma, es ist an der Zeit, daß die Priesterinnen sich um Brunhild kümmern. Sie werden das Kind auf ihre Aufgaben vorbereiten, die sie als Hüterin des Feuers haben wird. Sie soll die Zauberlieder lernen. Camire will sie selbst unterrichten.«
»Du kannst mir das Kind doch nicht einfach aus den Händen nehmen.«
»Es ist nicht für lange.« Mirka legte der Kriegerin wieder eine Hand auf die Schulter. »Wenn draußen, jenseits der magischen Grenze, die Sonne einmal über den Himmel gewandert ist, kehre mit Aysar zurück. Brunhild wird dann so weit sein, daß sie von dir das lernen kann, was sie für eine große Kriegerin noch wissen muß. Doch vorerst mußt du gehen. Die Göttin weiß warum. Gehorche ihrem Willen.«
Arma verzog dunkel das Gesicht. Es war nicht gerecht. Erst hatte sie Luovana verloren und jetzt auch noch das Kind.
»Sie wird die Zauberwörter nicht lernen wollen.« Die Kriegerin machte einen letzten Versuch, obwohl sie wußte, daß es sinnlos war. Die Priesterinnen hatten ihren Beschluß gefaßt. »Brunhild ist in diesem Punkt genau wie ihre Mutter. Luovana war auch nicht bereit, schwierige Zauberwörter zu lernen. Sie hat mit der Magie nicht viel im Sinn«, fügte sie leise hinzu.
»Das wird sich zeigen«, entgegnete Mirka. »Vielleicht ist sie schon so sehr deine Tochter, daß sie ihr Leben lang immer eher auf ihr Schwert vertrauen wird als auf ihre Magie.« Sie lächelte. »Geh zu Brunhild und verabschiede dich. Dann nimm deine Sachen und reite durch das grüne Tal über die Hügel hinweg, bis an die Grenze. Nach dem zwölften Mond, werde ich dich dort wieder erwarten. Ich werde mich über einen neuen Glanz in deinen Augen freuen.«
»Und Brunhild?«
»Ich werde das Mädchen mit mir nehmen. Camire will sie noch heute vor Sonnenuntergang sehen.«
»Der Wille der Göttin geschehe«, sagte Arma traurig, streichelte Aysar und wandte sich um.
»Gib acht auf die Kleine,« sagte sie, »sie ist oft störrischer als ein alter Esel.«
Mirka lachte leise. »Die Göttin wird mit mir sein.« Sie umarmte die Kriegerin. »Und vergiß nicht, in zwölf Monden kehrst du zurück!«
Arma löste sich von Mirka, hob die Hand zum Gruß und wanderte langsam über
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