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Die Flüchtende

Die Flüchtende

Titel: Die Flüchtende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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in genau dem Moment an, in dem er seinen Vorspeisenteller beiseite schob, sein Glas erhob und ihr zuprostete.
    «Darf es vielleicht etwas Gesellschaft sein?»
    Dabei hatte sie doch gerade erst angefangen! Mit einem kleinen Lächeln holte sie ihren Fang ein. Freilich nicht zu hastig. Ein gewisses Maß an Widerstand verfehlte nie seine Wirkung. Sie zögerte ein paar Sekunden, bevor sie auf seine Frage antwortete.
    «Gerne. Ich werde mich aber bald zurückziehen.»
    Er erhob sich, nahm sein Weinglas und setzte sich ihr gegenüber.
    «Jörgen Grundberg. Nett, Sie kennen zu lernen.»
    Er reichte ihr die Hand. Sie ergriff sie und stellte sich vor.
    «Caroline Fors.»
    «Ein schöner Name. Für eine schöne Frau. Zum Wohl!»
    An seiner linken Hand blitzte ein schmaler Ehering. Sie erhob ihr Glas.
    « Zum Wohl!»
    Der Kellner näherte sich mit Herrn Grundbergs Hauptgang. Als er sah, dass sein Gast verschwunden war, blieb er abrupt stehen. Jörgen Grundberg winkte ihm kurz.
    «Hier bin ich. Hier hat man gewissermaßen eine bessere Aussicht.»
    Sie lächelte ihn gequält an, aber zum Glück schien Herr Grundberg für die Gemütsverfassung seiner Umgebung nicht sehr empfänglich zu sein.
    Ein weißer Teller mit silberner Haube wurde zwischen sie auf den Tisch gestellt, und Herr Grundberg schüttelte die stilvoll ge- faltete Stoffserviette auseinander und platzierte sie auf seinem Schoß. Dann rieb er seine Handflächen aneinander.
    Dieser Mann freute sich auf sein Essen.
    «Wollen Sie nichts essen?»
    Sie spürte, wie ihr der Magen knurrte.
    «Ich hatte es nicht vor.»
    Er lüftete den silbernen Deckel und ihr stieg ein köstlicher Duft nach Knoblauch und Rosmarin in die Nase. Sie spürte, wie ihr der Speichel über die Zunge lief.
    «Natürlich müssen Sie etwas essen.»
    Er sah sie nicht an. Er war jetzt ganz darauf konzentriert, von einem der Lammfilets ein Stück abzuschneiden.
    «Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen», fuhr er fort und steckte sich eine ordentliche Gabel voll in den Mund. «Hat Ihnen das Ihre Mutter nicht beigebracht?»
    Dies und noch vieles mehr hatte ihr ihre Mutter bestimmt irgendwann beigebracht. Das allein war schon ein Grund zu verzichten. Sie hatte jetzt aber wirklich Hunger. Das Obst auf dem Zimmer erschien ihr plötzlich nicht mehr so verlockend.
    Den ersten Bissen im Mund, winkte er den Kellner heran. Dieser kam unverzüglich und durfte brav dastehen und warten, bis Grundberg zu Ende gekaut hatte.
    « Können wir für die Dame das Gleiche noch einmal bekommen, bitte? Das geht auf Zimmer vierhundertsieben.»
    Er lächelte sie an, zog seine Schlüsselkarte aus der Tasche und wedelte damit vor dem Kellner.
    «Zimmer vierhundertsieben.»
    Der Mann drehte sich um und ging.
    «Sie nehmen mir das hoffentlich nicht übel?»
    «Ich kann mein Essen wirklich selbst bezahlen.»
    «Ja, das glaube ich schon. Aber ich möchte meine Aufdringlichkeit gern vergelten.»
    Das war ihm liebend gern gewährt.
    Sie nahm ein Schlückchen Wein. Dieser Mann war beinahe zu gut, um wahr zu sein. Ein absoluter Selbstläufer. Er mampfte seine Lammfilets weiter und war von seinem Mahl anscheinend völlig absorbiert. Eine Zeit lang schien er vergessen zu haben, dass er Tischgesellschaft hatte.
    Sie betrachtete ihn. Sie schätze ihn auf ungefähr fünfzig Jahre. Sein Anzug wirkte teuer, und da er im Französischen Saal des Grand ohne mit der Wimper zu zucken soeben zwei Hauptgänge bestellt hatte, stand es sicherlich nicht schlecht um seine Zahlungsfähigkeit.
    Gut. Er war perfekt.
    Er schien gutes Essen gewohnt zu sein. Seinem Hals war der Hemdkragen zu eng, er quoll über den Rand und ruhte auf dem Krawattenknoten.
    Ein ungeübtes Auge würde sich von seinem Äußeren vielleicht irreführen lassen, aber sie konnte man nicht täuschen. Er war zweifellos ein Emporkömmling. Seine Tischsitten verrieten deutlich, dass in seiner Jugend niemand größere Energien darauf verwandt hatte, ihm beizubringen, wie man sich bei Tisch benahm. Niemand hatte ihn am Ellbogen geschnippt, wenn er ihn auf den Tisch gelegt hatte, und niemand hatte sich die Mühe gemacht, ihn daraufhinzuweisen, dass er niemals das Messer in den Mund nehmen dürfe.
    Er war schlicht zu beglückwünschen.
    Außerdem aß er mit dem Vorspeisenbesteck.
    Als sie ihren Teller vorgesetzt bekam, war er mit dem Essen fast fertig. Der Kellner entfernte die silberne Haube und sie musste sich sehr beherrschen, nicht Jörgen Grundbergs Beispiel zu folgen und sich auf das

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