Die Flußpiraten des Mississippi (German Edition)
Henker, – ja!« sagte der mit der Narbe. – »Er soll uns traktieren. – Tritt er mir aber wieder einmal in den Weg, so will ich verdammt sein, wenn ich ihm nicht neun Zoll kalten Stahl zu kosten gebe.«
»Hätte nur mein verdammtes Terzerol nicht versagt!« zischte der andere. – »Die Pest über den Krämer, der – so erbärmliche Waren führt.«
»Kommt, Boys, ins Hotel! – Smart mag etwas herausrücken und wenn er's nicht tut, so soll ihm der Böse das Licht halten«, sagte der Narbige.
»Ins Hotel! Ins Hotel!« brüllte die Schar. »Er muß uns freihalten, sonst schlagen wir ihm den ganzen Kram in tausend Stücke!«
In grölendem Chor wälzte sich der zügellose Haufe dem Gasthaus zu, und wer weiß, ob des Advokaten freundlich gemeinte Beilegung des Streites nicht hier zu noch viel ernsthafteren Auftritten geführt hätte. Smart kannte aber seine Leute zu gut und wußte, daß er, sobald er den Schwarm wirklich in sein Haus ließ, gänzlich in den Händen der schon halb Betrunkenen wäre und dann auch jedem ihrer Wünsche willfahren müsse, wollte er sich nicht der größten Gefahr an Leben und Eigentum aussetzen. Als sich daher die Rädelsführer seiner Tür näherten, trat er plötzlich mit gespannter und im Anschlag liegender Büchse ruhig auf die oberste Schwelle und erklärte fest, er werde den ersten niederschießen, der die Stufen seiner Treppe betreten sollte. Smart war als ausgezeichneter Schütze bekannt, und sicherer Tod lag in der ihnen drohend entgegengehaltenen Mündung. Der Advokat trat aber auch hier wieder vermittelnd zwischen den Parteien auf, bedeutete dem Yankee, daß die Männer hier keine Feindseligkeiten weiter gegen ihn nährten, und bat ihn, die Büchse fortzustellen, damit auch das letzte entfernt sei, was auf Streit und Kampf hindeuten könne.
»Gebt den guten Leuten ein paar Quart Whisky«, schloß er dann seine Rede. »Und sie werden auf Eure Gesundheit trinken. Es ist ja doch besser, mit denen, die unsere Nachbarn in Stadt und Haus sind, friedlich und freundlich zu sein, als in immerwährendem Streit und Hader zu leben.«
Der Yankee hatte bei den ruhigen Worten des Advokaten, den er selbst schon seit längerer Zeit als einen ordentlichen und, wenn es galt, auch entschlossenen Mann kannte, den Büchsenkolben gesenkt, ohne jedoch die rechte Hand vom Schloß zu entfernen, und erwiderte jetzt freundlich: »Es ist recht hübsch von Ihnen, Mr. Dayton, daß Sie nach besten Kräften Streit und Blutvergießen verhindert haben. Mancher Ihrer Herren Kollegen hätte das nicht getan. Damit Sie denn auch sehen, daß ich keineswegs geneigt bin, mit den guten Leuten, gegen die ich ja sonst nicht das mindeste habe, wieder auf freundschaftlichen Fuß zu kommen, so bin ich gern erbötig, eine volle Gallone zum besten zu geben; aber ich will sie hinausschicken. Ich habe Ladies hier im Hause, und die Gentlemen draußen werden gewiß selbst damit einverstanden sein, ihren Brandy im Freien zu trinken und sich nicht dabei durch die Gegenwart von Damen gestört zu wissen.«
»Hallo – Brandy?« rief der mit der Narbe. »Wollt Ihr uns wirklich eine Gallone Brandy geben und dabei erklären, daß Euch das Geschehene leid sei?«
»Allerdings will ich das!« erwiderte Jonathan Smart, während ein leicht spöttisches Zucken um seine Mundwinkel spielte. »Und zwar vom vortrefflichsten Pfirsich-Brandy, den ich im Hause habe. – Sind die Herren damit einverstanden?«
»Ei – Bootshaken und Enterbeile – ja!« nahm der Bleiche das Wort. »Heraus mit dem Brandy, wenn Unterröcke drin sitzen, wird's einem ordentlichen Kerl doch nicht so recht behaglich zumute; aber schnell, Smart, Ihr trefft uns heute in verdammt guter Laune und könnt Euch gratulieren; laßt uns deshalb also auch nicht so lange warten.«
Fünf Minuten später erschien ein starker, breitschultriger Neger mit echtem Wollkopf und fast ungewöhnlich streng ausgeprägten äthiopischen Gesichtszügen in der offenen Tür und trug, während er die Versammlung mißtrauisch bald links, bald rechts zu betrachten schien, in dem linken Arm eine große breitbäuchige Steinkruke, in dem andern ein halbes Dutzend Blechbecher. Die Schar empfing ihn aber jubelnd, untersuchte vor allen Dingen das Getränk, ob es auch wirklich der gute, ihnen versprochene Stoff sei, und zog dann jauchzend dem Flusse zu, wo sie an Bord eines dort liegenden Flatbootes gingen und bis in die späte Nacht hinein zechten und tobten.
Dayton dagegen blieb noch eine Weile
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