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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.C. Schiller
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ihrem Großraumbüro liegen. „Du kannst dich daran erinnern, ein Foto gemacht zu haben?“
    „Nein, natürlich nicht!“, kläre ich sie auf. „Du kennst doch mein fotografisches Gedächtnis. Ich muss die Szene in meinem Kopf einfrieren und dann Bild für Bild durchlaufen lassen. Dann werde ich die Person sicher genauer sehen!“
    „Hast du jetzt schon ein Gesicht erkennen können?“, fragt Marion sofort nach und ich höre, dass sie ihr Großraumbüro verlassen und sich in ein Zimmer mit weniger Lärm zurückgezogen hat. „Nochmals. Hast du ein Gesicht erkennen können?“
    „Nein, ich weiß bisher nur, dass ich niedergeschlagen wurde. Ich weiß ja nicht einmal, ob ich Talvin umgebracht habe oder nicht. Dieses Puzzleteil fehlt mir immer noch. Aber die Erinnerung wird stärker und ich bin sicher, dass ich die Person bald erkennen werde. Deine dunklen Augen waren übrigens der Auslöser.“
    „Ach ja?“ Marion geht nicht näher darauf ein, aber ihre rauchige Stimme klingt mit einem Mal sehr hektisch. „Hör mir genau zu, Liebes. Ich wollte es dir ja eigentlich nicht sagen, aber als ich in der Wohnung von diesem Talvin gewesen bin, da habe ich doch etwas gesehen.“
    „Du hast etwas gesehen?“ Mit einem Satz bin ich auf den Beinen und das einschläfernde Glück, das mich die letzten Wochen begleitet hat, ist abrupt ausgelöscht. „Was hast du gesehen?“, flüstere ich. „Beweist es, dass Talvin existiert und dass ich mir nicht alles nur eingebildet habe?“
    „Nicht direkt, es ist etwas anderes, Liebes.“ Marion schweigt und ich spüre, dass sie intensiv nachdenkt, schließlich spricht sie langsam weiter. „Bist du alleine zuhause?“
    „Ja, Gregor ist bei einer Wahlveranstaltung und ich räume den Keller auf. Dabei ist mir unser altes Abiturfoto in die Hände gefallen.“
    „Liebes, ich habe in einer Stunde einen Kundentermin. Vorher komme ich bei dir vorbei und erzähle dir etwas ziemlich Merkwürdiges. Aber du musst alleine sein. Verstehst du?“, beschwört sie mich.
    „Ich habe schon verstanden! Ich bin alleine und warte auf dich. Bis später!“
    Marion macht mich völlig nervös, deshalb will ich das Gespräch jetzt schnell beenden, doch sie ist noch nicht fertig.
    „Tu mir noch einen Gefallen, Liebes! Lösche diesen Anruf von deinem Handy. Machst du das?“
    „Warum soll ich das Telefonat löschen?“ Marion benimmt sich ziemlich merkwürdig, deshalb frage ich noch einmal. „Welchen Grund gibt es, das Gespräch zu löschen? Wir haben doch nichts Wichtiges geredet, oder?“
    „Lösche das Telefonat einfach! Tu es um unserer alten Freundschaft willen.“
    „Okay, ich mach’s und warte dann auf dich!“, gebe ich mich geschlagen.

    17:10 Uhr
    Ein Donnerschlag zerreißt die angespannte Stille im Keller und furchtsam zucke ich zusammen. Das harte Prasseln des Gewitterregens gegen die Kellerfenster dröhnt in meinen Ohren und verursacht mir Kopfschmerzen. Ich halte das Abiturfoto in den Händen und sehe in die Augen von Marion, die beinahe eine hypnotische Wirkung auf mich haben. Immer wieder gleite ich zurück zu jenem Tag, an dem das Unheil seinen Lauf nahm, zu jenem Tag, an dem ich vor der Leiche von Talvin stand.
    Zwischen zwei Donnerschlägen höre ich die Haustürglocke, die unentwegt klingelt. So schnell ich kann, laufe ich nach oben, öffne die Tür, ohne zu überlegen.
    „Wie siehst du denn aus?“, stoße ich hervor, als ich Marion sehe. Die schwarzen Locken hängen ihr klatschnass ins wachsbleiche Gesicht, von dem der Regen heruntertropft und den schwarzen Kajal verschmiert, den sie gerne unter ihren Augen aufträgt. Auch ihr Blazer hat durch den Gewitterregen völlig die Fasson verloren und Ihre hellen hochhackigen Pumps sind schmutzig und aufgeweicht.
    „Bin in den Regen gekommen!“, sagt sie anstelle einer Begrüßung und drängt sich an mir vorbei. „Ich habe während der ganzen Fahrt hierher über deine Bemerkung nachgedacht!“
    „Welche Bemerkung meinst du?“ Ich versuche mich an das Telefonat zu erinnern, aber außer Marions gestresstem Verhalten fällt mit nichts weiter ein.
    „Na, dass dich das Foto an etwas erinnert. Du hast doch gesagt, als du mein Gesicht gesehen und in meine Augen geschaut hast, kam die Erinnerung.“
    „Das waren nur deine Augen. Deine dunklen Augen haben die Erinnerung ausgelöst. Ich habe mich ganz deutlich an dunkle Augen erinnert.“
    „Richtig, so hast du es gesagt. Ich hab’s vergessen!“ Während Marion redet, geht sie den Flur

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