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Die Frau, die nicht lieben wollte und andere wahre Geschichten über das Unbewusste (German Edition)

Die Frau, die nicht lieben wollte und andere wahre Geschichten über das Unbewusste (German Edition)

Titel: Die Frau, die nicht lieben wollte und andere wahre Geschichten über das Unbewusste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Grosz
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inneren Erneuerung nach einem Sterbefall sowie Das Trauerhandbuch . Letzteres wird bei Amazon mit folgenden Worten empfohlen: »Ein Begleiter für den Trauerfall; dies ist der beste Text für alle meine Teilnehmer. Einfach wunderbar!« heißt es in einem Kommentar, und dann: »Ein Buch für jeden Trauerfall!« Man ahnt, worauf es hinausläuft: Die Trauer ist etwas, das sich richten lässt. Man kann sich davon erholen. Ein Ende, ein Abschluss ist möglich.
    Meiner Erfahrung nach ist solch ein Abschluss eine außergewöhnlich beharrliche Trauerphantasie. Laut dieser Fiktion können wir lieben, verlieren, leiden und dann irgendwas tun , um unsere Trauer auf immer zu beenden. Wir wollen glauben, dass ein solcher Abschluss möglich ist, da die Trauer uns – selbst Jahre nach dem Verlust – ziemlich überraschen und durcheinanderbringen kann.
    Am Freitag, dem 15. November 2008, fegte ein Buschfeuer über die Hügel und durch die Canyons von Montecito in Kalifornien, verletzte mehr als zwei Dutzend Menschen und zerstörte zweihundertzehn Häuser. Eines dieser Häuser gehörte meiner Schwester. Sie und ihr Mann blieben unverletzt, doch bis auf die Kleider auf dem Leib hatten sie alles verloren.
    Als wir einen Monat nach dem Feuer miteinander telefonierten, erzählte meine Schwester, wie die Betroffenen zusammenhielten – so etwa boten Restaurants freie Mahlzeiten für jene an, die ihr Hab und Gut durch das Feuer verloren hatten. Sie beschrieb, wie man Bundeshilfe beantragen konnte, beschrieb, welche Kredite zur Verfügung gestellt wurden und wie sehr ihr ein Regierungsbeamter beim Ausfüllen der Formulare geholfen hatte.
    Ich sagte meiner Schwester, wie sehr ich ihren Pragmatismus bewunderte, ihre Fähigkeit, sich zusammenzureißen und die Probleme anzugehen.
    Da gestand sie mir, dass sie bei einer Spiritistin gewesen sei, was mich überraschte. Mehr noch aber überraschte mich meine eigene Reaktion. Als sie nämlich erzählte, sie hätte mit unserer Mutter geredet – die vor über zwanzig Jahren starb –, hörte ich mich mit tränenvoller Stimme fragen: »Und was hat Mom gesagt?«
    Nachdem wir unser Gespräch beendet hatten, kam mir der Gedanke, dass wir uns an Spiritisten wenden, wenn wir unsere Toten brauchen und die Endgültigkeit des Todes nicht akzeptieren können. Wir wollen glauben, dass ein Spiritist unsere Toten zurück in die Welt der Lebenden holen kann. Und ein völliges Ende der Trauer ist ebenso illusorisch – es ist die falsche Hoffnung, wir könnten unsere lebendige Trauer abtöten.

Aufwachen aus einem Traum
    Vor einigen Jahren wurde mein damals vierjähriger Sohn kurz vor Weihnachten ins Krankenhaus eingeliefert. Er hatte am rechten Auge einen Infekt, eine periorbitale Zellulitis – das Augenlid war gerötet und zugeschwollen. Die Ärzte fürchteten, die Entzündung könnte auf den Sehnerv und von da aus auf das Gehirn übergreifen, weshalb man meinem Sohn intravenös Penizillin verabreichte und ihn rund um die Uhr beobachtete. Sieben Tage blieben meine Frau und ich bei ihm und passten uns dem Leben auf einer Kinderstation an, der Zwölf-Stunden-Schicht der Krankenschwestern, der morgendlichen Ärztevisite und der regelmäßigen Medikamentenvergabe an unseren Sohn. Die schneegedämpften Straßen draußen verstärkten noch den Eindruck der Isolation.
    Als mein Sohn den ersten Abend wieder daheim war, weigerte er sich, die Antibiotika zu nehmen. Abwechselnd flehten meine Frau und ich, redeten mit tränenerstickter Stimme oder wütend auf ihn ein, doch es nützte gar nichts. Schließlich erzählte ich ihm eine Geschichte über die Zeit, in der man mir die Mandeln herausnehmen wollte und ich vor den zwei Krankenschwestern davongerannt war, die mich in den OP bringen wollten. »Ich mochte einfach nicht«, sagte ich. Mein Sohn überlegte und erklärte sich nach wenigen Augenblicken bereit, seine Medizin zu nehmen. Als zur Schlafenszeit die Gutenachtgeschichte gelesen und das Licht ausgemacht worden war, bat er mich, ihm noch einmal von dem Tag zu erzählen, an dem ich vor den Schwestern fortgelaufen war.
    In jener Nacht schreckte ich aus einem Traum auf, der sich mit dem Erwachen bereits aufzulösen begann. Es blieb ein Bild von mir, wie ich die Hand ausstreckte und versuchte, eine kleine, grasgrüne Eidechse zu fangen, die in einen dunklen Schlitz zwischen zwei Felsen huschte und in die Erde verschwand. Der Traum fühlte sich wie eine Erinnerung an – er war von der Farbe alter Fotografien, war

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