Commander Scott 04 - Die Psycho-Killer
Man hatte den Platz sorgfältig ausgewählt - ein kleines Tal, das dicht mit Bäumen umstanden war, und auf dem winzigen See in der Mitte schwammen Schwäne. Das sanfte, rosafarbene Licht der Sonne war weich, der Rasen tiefgrün und mit bunten Blumen durchsetzt und die Luft frisch und würzig. Für die hundert Männer und Frauen an diesem idyllischen Ort war es ein angenehmer Gegensatz zu den nackten Mauern und vergitterten Fenstern, die sonst ihr täglicher Anblick waren. Ein wenig unsicher gingen sie herum und wagten das noch nicht zu glauben, was man ihnen gesagt hatte. Auf Merah waren Gefangene an eine solche Behandlung nicht gewöhnt. Hier waren die Urteile hart, die Strafen noch härter, und Rehabilitation kannte man kaum dem Namen nach.
Und doch waren sie hier. Kein Posten ließ sich sehen; niedere Tische waren hoch mit Nahrungsmitteln und Weinkrügen beladen: eine Party zur Belohnung für Wohlverhalten, ein Geschmack der Freiheit, um an die Vorteile der Gesetzestreue zu erinnern.
Sie waren Schachfiguren in einem sehr interessanten Experiment. Ipoh-Luang war sehr ungeduldig. »Warum wird denn nicht angefangen?« fragte er. »Man sollte doch meinen, solche Kreaturen müßten sich auf Essen und Wein stürzen.«
»Sie sind mißtrauisch«, antwortete Kota Bassein, der ebenso ungeduldig war, doch das Alter hatte ihn gelehrt, seine Gefühle hinter einer Maske zu verstecken. Er stand in der Beobachtungskuppel, die auf einem hohen Dreifuß hinter schützenden Bäumen versteckt lag. Von diesem Aussichtspunkt aus sah er- das, was die Häftlinge nicht sehen konnten, den Doppelring bewaffneter Posten und den Elektrozaun.
»Du darfst nicht vergessen«, fuhr Kota Bassein fort, »daß sie Verbrecher sind, deren Mißtrauen hoch entwickelt ist. Sie können das noch immer nicht glauben, was sie sehen - Essen und Wein und eine liebliche Umgebung statt ihrer düsteren Zellen.«
»Wir hätten sie ein paar Tage lang aushungern sollen. Der Hunger hätte sie schon angetrieben.«
»Sie wären nur noch argwöhnischer geworden«, widersprach ihm Bassein. Er hob ein Fernglas an die Augen.- Am Teichrand stand ein untersetzter Mann, der den Schwänen ein paar Brocken zuwarf. »Siehst du, er macht erst eine Giftprobe.«
»Sie werden aber keines finden.« Der dritte Mann in der Beobachtungskuppel war ein Chambode. Er war größer als die anderen und magerer. Der spitze Ansatz des langen, dichten, schwarzen Haares reichte tief in eine hohe Stirn. Die Nase glich einem Vogelschnabel, der Mund einem dünnen Schlitz über einem langen, fliehenden Kinn. Die Augen saßen in tiefen Höhlen, waren sehr schräg und hatten querliegende Irisschlitze. Er war Angehöriger einer fremden Rasse, die nicht von Primaten, sondern von Vogelwesen abstammte. Er trug ein Gewand aus feinmaschigen Schuppen. Seine mit langen Nägeln besetzten Finger glichen Klauen. »Das Essen ist harmlos, und den Weine können sie nicht testen. Und wenn sie's könnten, würden sie nichts finden.«
»Das behauptest du.« Ipoh-Luang fühlte sich in Gegenwart des Chamboden immer unbehaglich, Merah ginge besser eigene Wege und hielte sich unabhängig von anderen Rassen. Man machte jedoch nur sehr langsame und mühevolle Fortschritte. Wenn der Mann das tun konnte, was er versprach, mußte man ihn wenigstens ertragen, wenn man ihn schon nicht mochte.
»Du bist unhöflich«, fuhr ihn Bassein an. »Ser Prome ist unser Gast. Er kam, uns zu helfen. Also muß er unseres Respektes sicher sein können.«
»Oh, Verzeihung.« Luang verbeugte sich, weniger um sein Bedauern zu zeigen, sondern eher, um sein Gesicht zu verbergen. »Es ist nur so, daß dieses Warten...« Er deutete über die Kuppel hinaus. Wie lange werden wir noch zu warten haben?« Der untersetzte Mann hatte seinen Test beendet. Er schlug seine Zähne in eine dicke Scheibe scharf gewürzten Fleisches. Eine Frau wählte für sich einen Kuchen, eine andere eine große, saftige Frucht. Innerhalb von Sekunden schwärmten sie alle um die Tische.
»Aber nicht für lange«, sagte Bassein. »Jetzt entspannen sie sich. Sobald sie sich mit Essen vollgestopft haben, greifen sie nach dem Wein.« Er hob wieder das Fernglas an die Augen. Dieser vierschrötige Mann würde wohl den Anfang damit machen. Na, vielleicht auch nicht. Er hatte sich jetzt schon als recht vorsichtig erwiesen. Er würde warten, bis die anderen getrunken hatten, sie beobachten und erst dann selbst trinken, wenn sich der Wein als harmlos herausstellte. Diese Frau
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