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Die Frau, für die ich den Computer erfand

Die Frau, für die ich den Computer erfand

Titel: Die Frau, für die ich den Computer erfand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Christian Delius
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lächerlich, wenn ich mit dem
Faust
anfange… Die wollen einfach nichts davon hören, dass der alte Goethe etwas verstanden hat – von mir, ich sag es mal so frei heraus   … Manche von denen schauen mich schon so an, mit dem Doktorblick: Senil? Debil? Fragil? Als müssten sie prüfen, ob ich wirklich noch der gute alte Formelfummler bin, der liebe und nette Erfindergreis. Ich gebe zu, ich mach es den Freunden nicht leicht, ich mute ihnen schon meine Kunst zu. Dass ich male auf meine alten Tage, nicht etwa pinsele wie ein Rentner sich seine Freizeit auspinselt, sondern ernsthaft male und ringe mit meiner Kunst, das ist eigentlich eine Frechheit von mir. Und wenn ich denen dann auch noch mit Dr.   Faust komme, mit faustischer Leidenschaft für den Fortschritt, dann seh ich, wie sie innerlich abwinken   … Ja, Sie hören richtig, bei mir ist das Wort Fortschritt noch nicht aus der Mode   …
Wer immer strebend sich bemüht
, das ist doch kein Schülerkram, da steckt der ganze Ernst des Daseins drin, oder auch der Witz des Daseins, wie Sie wollen. Na ja, und lächerlich mach ich mich erst recht vor den jungen Computer-Narren, ich sag nicht gern Computer-Freaks, da sehen Sie, wie altmodisch ich bin, und vor den Effizienz-Enkeln, wie ich sie nenne, vor den Betriebsblind-Wirten, den Informatik-Idioten – ich darf das sagen als Nestor der Informatiker, ich hab da ein kleines Arsenal von Schimpfwörtern für jede Gelegenheit. Auch dieser Orden muss provoziert werden, und außer mir traut sich ja keiner. Als wenn es unter denInformatikern weniger Idioten und Scheuklappenträger gäbe als anderswo. Diese Generation, die kennt das Stück schon gar nicht mehr, die haben das nicht mal in der Schule gelesen   … Es ist eine Schande, wie wir mit unserm Know-how umgehen. Auch Goethe ist für mich Know-how und Wachstumsmotor und Multiprozessor für Geist und Seele und Innovation. Zugegeben, Geist und Seele sind auch nicht gerade in Mode. Hin und wieder bei Vorträgen oder beim Dankeschön zum soundsovielten Doktorhut sag ich was in diese Richtung. Aber wenn die mich, den Alten, vom uralten Goethe reden hören, dann bin ich sowieso schon von gestern. Und wenn ich nur den Namen Faust ausspreche oder Mephistoteles, schalten die gleich ab, es ist eine Schande   … Ich seh das förmlich an ihren kurzhaarigen Köpfen, wie sie den Impulsgeber umschalten   … Und wer was vom
Faust
versteht, die Fachleute von der Literatur, wie heißen die noch mal   … Germanisten, ja, Germanisten, die sind sich zu fein, mit einem Dilettanten wie mir über ihren Gott Goethe zu reden. Ich kenn ja solche Leute eigentlich nicht, nur einmal hab ich einen getroffen auf einem Empfang in Heidelberg, ich dürfte also nicht verallgemeinern. Ich hab nur gemerkt, der wollte gar nicht sehen, der wollte gar nicht verstehen, dass es auch heute die Faust-Problematik gibt. Sogar in Heidelberg! Ich sage nur: Biochemie! Die Stammzellen und was da alles auf uns zukommt. Auch heute gibt es Erfinderund Entdecker, die das Faust-Drama in ihrer Brust austragen und den kalten Hauch einer Mephisto-Gestalt neben ihrem Schreibtisch spüren   … Ich hab Ihnen doch gesagt, Sie sollen mir ins Wort fallen, wenn ich sentimental werde, und natürlich sind das Sentimentalitäten, woher hab ich das mit dem kalten Hauch? Bestimmt ein Zitat, also passen Sie auf, passen Sie besser auf mich auf!   … Nein, verstehen Sie mich bitte richtig, ich hoffe doch auf Sie, auf Ihr Faust-Verständnis, weil Sie weder zu den Computer-Narren noch zu den Goethe-Narren gehören, wenn ich das richtig sehe. Genau deshalb hab ich Sie auf den Stoppelsberg bestellt   … Nicht ganz so hoch wie der Brocken, aber auch hier ließe sich eine hübsche Walpurgisnacht zaubern, was meinen Sie? Ich bringe meine Dame mit, und welche Hexen brauchen Sie?   …

(Der Grundstein vons Janze)
     
     
     
    Dann das Vergnügen, Sie haben recht   … Nein, da denke ich nicht an Faust, sondern an einen jungen Mönch, der seine Mitmenschen von der Qual des stumpfsinnigen Rechnens befreien will. Der sich hinsetzt, besessen von seiner Sache, und die Architektur eines Rechners entwirft, ein paar Rechtecke und Quadrate auf ein Blatt Papier kritzelt, ich vereinfache ein bisschen, es war nicht nur eine, es waren tausend Skizzen, was weiß ich, die hab ich nicht gezählt. Und derseinen Freunden sagt: Wir bauen drei Speicherblöcke mit vierundsechzig Wörtern zu je zweiundzwanzig Bits, verbinden die mit einem Wählwerk zur

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