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Die Frau, für die ich den Computer erfand

Die Frau, für die ich den Computer erfand

Titel: Die Frau, für die ich den Computer erfand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Christian Delius
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weglassen müssen. Genau deshalb will ich die Bänder alle in Berlin im Museum eingebunkert haben. Jeder von euch dreien wird seine eigene Auswahl treffen, hab ich mir gesagt, aber jeder ist ein Profi, und ich sag immer: vertrau den Profis, jeder soll seine eigene Version liefern. Kann ja sein, ich rede bei jeder Aufnahmerunde wieder anders, das hängt natürlich auch von den Fragen ab. Bestimmt mach ich mir das Vergnügen, mir zu widersprechen   … Klar, kürzen müssen Sie alle, und ich werde mir dann vom Himmel aus den Spaß machen und schauen, wer am besten gekürzt hat. Aber wehe, wer etwas hinzufügt, was ich nicht gesagt habe! Den werd ich sofort in die Hölle werfen lassen   … Wissen Sie, Zahlen sind objektiv, Schaltkreise auch, und ich hab ein ganzes Leben lang mit Zahlen operiert. Auf die kann ich mich verlassen, das hab ich gelernt. Natürlich gibt es Fehler, aber wenn die Fehlerquellen überprüft und die Fehler beseitigt sind, dann kann ich durchatmen und mich zurücklehnen, dann gibt es nichts mehr zu deuteln.Bei den Wörtern jedoch, da gibt es immer was zu deuteln, da kann man sich nie befriedigt zurücklehnen, da lauern Tücken, da lauert das Subjektive, da muss man höllisch aufpassen. Sie und Ihre Kollegen von der schreibenden Zunft, bei Ihnen müsste ich eigentlich in jeder Sekunde skeptisch sein und skeptisch bleiben. Also, ich geh auch ein Risiko ein, wenn ich mit Ihnen rede. Bedenken Sie das bitte. Was wird am Ende nicht alles falsch verstanden! Ich hab einen Ruf zu verlieren. Wie steh ich da, wenn ich mich bei Ihnen verplappere. Oder wenn da Sätze stehen, die ironisch gemeint waren und prompt missverstanden werden. Oder wenn ich Herrn X im September etwas sage, was exakt dem widerspricht, was ich Ihnen heute sage. Dabei bin ich ein Freund des Widerspruchs. Wer sich nicht ab und zu mal selbst widerspricht, der landet sowieso im Irrenhaus der Normalität. Deshalb will ich nichts korrigieren und redigieren an dem, was Sie und Ihre Kollegen aus diesen Gesprächen filtern. Ich hab ja keine zehn Gebote zu verkünden, keine letzten Worte, keine Enzyklika. Die Leute sollen über mich streiten, solange sie Lust haben, Streit ist gesund   … Nein, das nicht, die beiden andern erfahren Ihren Namen auch nicht. Wettbewerb tut gut, aber Wettbewerb ist nur fair, wenn er anonym ist   …

(Mit Karajan beleidigen Sie mich)
     
     
     
    Nur eins verrat ich Ihnen, Fernsehen ist nicht dabei, das halt ich einfach nicht mehr aus. Der ganze Aufwand, die Schminkerei, ich hasse Schminkerei. Und das Schwitzen unter den Scheinwerfern, ich hasse Schwitzerei. Und diese nervösen Teams, ich hasse nervöse Leute, all die Wichtigtuer, die an einem herumfummeln und kommandieren. Und ständig läuft was schief, ständig trampeln sie einem ins Wort, ständig muss man wieder von vorn anfangen. Alles gekünstelt und geschminkt, und es erfordert übermenschliche Anstrengung, ab und zu wenigstens einen gescheiten Halbsatz zustande zu bringen. Und den findet man dann nicht mehr, wenn man vor dem Bildschirm hockt und wartet, weil sie den natürlich rausgeschnitten haben   … Was bin ich froh, denk ich manchmal, dass ich nicht das Fernsehen erfunden habe   … Eine geniale Sache, sicher, nur, ich werde blöde davon   … Ja, das weiß ich, aber beim Farbfernsehen, da waren wir den Amis voraus. Beim Fernsehen steht es eins zu eins. Die Farbfernseherfinder, die hatten ihre stürmische Zeit, als ich meinen ersten Rechner bastelte. Die Entwicklungen liefen fast zur gleichen Zeit nebeneinanderher in Berlin. Wissen Sie, das sind so Gedanken, bei denen ich sentimental werde: Der Farbfernseher in Tempelhof, der Computer nebenan in Kreuzberg. Ach, was hätten wir deutschen Techniker für Möglichkeiten gehabt,wenn dieser Hitler nicht alles in Trümmer gehauen hätte   … Na los, ich bitte Sie, fallen Sie mir ins Wort, wenn ich rührselig werde. Das ist eine Altersschwäche, eine Peinlichkeit, die ich mir nicht leicht verzeihe, die pubertäre Sicht auf die Geschichte: Was wäre, wenn das und das anders gelaufen wäre   … Vielleicht haben Sie recht, vielleicht ist es falsch, nichts mit dem Fernsehen zu machen. Die Bilder bleiben, die Filme können wieder und wieder laufen, vielleicht schaut man in hundert Jahren nur noch auf die Schirme, und was mit dem Radio und den Büchern wird, ich weiß es nicht, ich seh das keineswegs pessimistisch   … Ich kann mich irren. Vielleicht haben Sie recht, vielleicht ist es dumm von mir, das

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