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Die Frau im gepunkteten Kleid

Die Frau im gepunkteten Kleid

Titel: Die Frau im gepunkteten Kleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beryl Bainbridge
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bis Washington brauchten.

    »Nicht Tage«, sagte er. »Stunden… höchstens zwei oder drei. Das hängt davon ab, wie schlimm die Unruhen letzte Nacht waren.«
    Verdutzt fragte sie ihn, warum sie einen Lieferwagen brauchten, wenn es so nahe war.
    »Weil ich bezweifle, dass Wheeler noch unter der Adresse zu finden ist, die er dir gegeben hat. Vermutlich ist er schon wieder auf Achse.«
    Er wunderte sich über den plötzlichen Anflug von Angst in ihren Augen. Das Rosa war aus ihren Wangen gewichen. Ihm kam der Gedanke, dass sie gar nicht so draufgängerisch war, wie sie gern tat, und er fühlte sich als Beschützer; Angst war etwas, worauf er sich verstand.
    Er erzählte ihr nicht, dass er in Chicago Wheelers Nachsendeadresse in die Hand bekommen hatte, und auch nicht, dass die Stanfords, denen die Wohnung am Stadtrand von Washington gehörte, im Besitz eines Briefes waren, den sie ihm hartnäckig vorenthielten, weil es geheißen habe, er dürfe nur dem Mädchen aus England ausgehändigt werden. Er hätte ihnen Geld angeboten, aber von der Art waren sie nicht.
    Er fragte Rose, ob sie fertig war. Sie trug eine Hose und eine zerknitterte Bluse unter einem Regenmantel und war ungekämmt. Vielleicht hätte er ihr sagen sollen, dass sie heute bei den Shaefers zu Abend aßen.
    Als sie hinaustraten, lehnte Artie Brune an der Motorhaube des Busses. »Ich hab schon viel von dir
gehört, Mädel«, sagte er und musterte Rose von oben bis unten. Sein verzogener Mund machte deutlich, dass sie nicht der Betthase war, den er sich vorgestellt hatte.
    Rose kletterte auf den Vordersitz und starrte geradeaus. Als Harold den Motor anließ, fragte sie: »Ist dieser Mann ein Freund von dir?«
    »Ja«, sagte er, obwohl das übertrieben war; nur Arties Katze verdiente diese Bezeichnung.
    Sie äußerte kein Wort mehr, während sie in die Innenstadt von Baltimore fuhren. Er hielt sie auf dem Laufenden, wo sie gerade waren, aber als er zur Seite blickte, schaute sie auf ihren Schoß, fummelte an ihrer Oberlippe herum und achtete nicht auf die Arbeiter, die Schaufenster mit Brettern zunagelten und Glasscherben in die Abflussrinnen kehrten. In der 26. Straße waren die Türen der Synagoge mit blutroter Farbe bestrichen.
    »Lieber Gott«, rief er und stupste sie mit dem Ellbogen an. Sie riss den Kopf hoch, schwieg aber immer noch. Er wusste nicht, ob sie schmollte oder nur müde war. Als sie sich dem Waffengeschäft Wild Bill näherten, musste er wegen der vielen auf dem Gehsteig patrouillierenden Polizisten langsamer fahren.
    Er parkte hinter der Medical Library und versprach, sich zu beeilen. Am unteren Ende der St. Paul’s Street brannte es immer noch, und er musste einen Umweg machen. Bei der Bank hinterlegte er einen Brief, der im Falle seines Todes geöffnet werden sollte, und eine
Abschrift davon brachte er seinem Broker. Er war stolz darauf, sein Leben so wohl geordnet zu haben.
    Als er zurückkam, saß Rose nicht mehr im Campingbus, nur ihre Schuhe waren noch da. Er ging auf und ab, und gerade als seine Unruhe sich zur Wut hochschraubte, sah er sie barfuß auf der anderen Straßenseite daherschlendern. »Der Campingbus!«, brüllte er. »Er ist nicht abgesperrt.« Sie winkte ihm beruhigend zu und rief zurück: »Kein Grund, so aus dem Häuschen zu geraten … ich hab ein Auge drauf gehabt.« Er kletterte auf den Fahrersitz und zwang sich, ruhig zu bleiben.
    Es dauerte, bis sie die Straße überquert und sich neben ihn gesetzt hatte. »Komisch, nicht wahr?«, sagte sie. »Ein Laden, der Gewehre verkauft wie Karotten oder Rüben.«
    Er konnte nicht antworten, jedenfalls nicht höflich.
    »Als ich klein war«, plapperte sie, »habe ich mir mehr als alles andere auf der Welt ein Spielzeuggewehr gewünscht, aber die wurden nicht mehr hergestellt, weil doch Krieg war. Deshalb habe ich Mutters Straßenbesen entzweigesägt und ein Gummiband von einem Ende zum anderen gespannt, mit einem Korken dran. Es hat nicht sehr gut funktioniert, war aber besser als nichts. Ich bin herumgerannt und habe Deutsche erschossen. Mutter war böse wegen ihrem Besen.«
    »Kann ich mir vorstellen«, brachte er mühsam heraus.

    »Eines Tages, als ich auf dem Feld hinter dem Haus spielte, kam ein feindliches Flugzeug daher. Es hatte sich wohl nach einem Luftangriff verirrt. Es kam so weit runter, dass ich den Piloten sehen konnte. Er fing an, mit seinem Maschinengewehr zu schießen...«
    Er musste an Carl Bloomfield denken, einen Studenten im zweiten Jahr, der allen

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