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Die Frau mit dem roten Herzen

Die Frau mit dem roten Herzen

Titel: Die Frau mit dem roten Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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handeln. Und ich habe Informationen zurückgehalten, weil ich mir ihrer Bedeutung zunächst nicht bewußt war. Wenn Sie jetzt also Dinge hören, von denen Sie nichts wußten, so haben Sie bitte Nachsicht, und lassen Sie mich alles aufklären.«
    »Unter den gegebenen Umständen blieb Ihnen nichts anderes übrig. Wir alle verstehen das«, sagte Li verbindlich.
    »Ja, wir alle haben Verständnis«, stimmte Catherine eilfertig zu, nahm die Befragung dann aber lieber selbst in die Hand, bevor sie zur politischen Lektion geriet. »Wann haben Sie zum ersten Mal Verdacht hinsichtlich Wens Absichten geschöpft, Oberinspektor Chen?«
    »Zunächst habe ich mir keine Gedanken über ihre Motive gemacht. Ich dachte, sie ginge in die Vereinigten Staaten, weil Feng es so wollte; das war die offensichtliche Erklärung. Aber als Sie mich fragten, warum Wens Paß so lange nicht bewilligt wurde, bin ich stutzig geworden und habe nachgeforscht. Die Bearbeitung war zwar langsam, aber es gab auch Unklarheiten bezüglich des Datums. Obwohl Feng behauptete, sie habe Anfang Januar den Antrag gestellt, hat Wen bis Mitte Februar nichts unternommen.«
    »Ja, darüber haben wir kurz gesprochen«, sagte Catherine.
    »Durch Hauptwachtmeister Yus ausführlichen Bericht erfuhr ich dann von dem schrecklichen Leben, das sie an Fengs Seite geführt hat. Aus dem Mitschnitt der Vernehmungen erfuhr ich ferner, daß Feng sie Anfang Januar mehrfach angerufen hat und daß Wen sich einmal weigerte, ans Telefon zu kommen. Daraus schloß ich, daß Wen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bereit war, die Reise anzutreten.«
    »Aber Feng sagte, sie wollte unbedingt in die Staaten nachkommen.«
    »Feng hat nicht die Wahrheit gesagt. Es wäre ein zu großer Gesichtsverlust gewesen, zuzugeben, daß seine Frau sich ihm verweigerte«, sagte Chen. »Was aber hatte diesen Sinneswandel herbeigeführt? Ich habe mich daraufhin bei den Kollegen in Fujian erkundigt. Sie sagten, sie hätten keinerlei Druck auf Wen ausgeübt. Daran zweifelte ich nicht, nachdem ich sah, wie lasch sie die Ermittlungen führten. Und dann fiel mir noch etwas in Hauptwachtmeister Yus Bericht auf.«
    »Was denn, Chef?« Hauptwachtmeister Yu versuchte nicht, die Verblüffung in seiner Stimme zu verbergen.
    »Einige der Dorfbewohner schienen um Fengs Schwierigkeiten in den Vereinigten Staaten zu wissen. Schwierigkeiten« war das Wort, das sie gebrauchten, und da sich das auf alles beziehen kann, dachte ich zunächst, sie meinten die Schlägerei in New York, deretwegen er verhaftet wurde. Doch dann gebrauchte der Glücksspieler Zheng Shiming ein anderes Wort. Er sagte, er habe vor Wens Verschwinden von Fengs ›Handel‹ mit den Amerikanern gehört. Der Ausdruck ›Handel‹ war eindeutig. Wenn selbst die Dorfbewohner davon wußten, dann leuchtete mir nicht ein, warum diese Banditen so geduldig warteten, bis Inspektor Rohn sich auf den Weg gemacht hatte. Sie hätten Wen ja schon viel früher entführen können.«
    »Und sehr viel einfacher«, bestätigte Yu. »Ja, diesen Punkt habe ich übersehen.«
    »Die Banditen hatten ihre Gründe, warum sie uns im Wettlauf um Wen schlagen mußten. Aber als sich sowohl in Fujian wie in Shanghai immer wieder diese kleinen Unfälle ereigneten, wurde ich wirklich mißtrauisch. Warum war es ihnen plötzlich so wichtig? Sie schienen ihre letzten Reserven zu mobilisieren. Auch Polizeibeamte waren beteiligt. Noch mißtrauischer hat mich dann der Zwischenfall auf dem Huating-Markt letzten Sonntag gemacht.«
    »Letzten Sonntag?« unterbrach Li. »Hatte ich Ihnen nicht geraten, den Tag frei zu nehmen?«
    »Das taten wir ja auch«, erwiderte Catherine. »Oberinspektor Chen und ich machten einen Einkaufsbummel. Da gab es eine Razzia auf dem Straßenmarkt. Uns ist nichts passiert«, erklärte sie ausweichend, als sie das Erstaunen des Parteisekretärs bemerkte. »Haben Sie damals schon etwas gewußt, Oberinspektor Chen?«
    »Nein. Reine Vermutung, ich hatte noch kein klares Bild. Um ehrlich zu sein, gibt es auch heute noch ein, zwei Dinge, die mir unklar sind.«
    »Oberinspektor Chen wollte keinen falschen Alarm auslösen, Inspektor Rohn«, kam ihm Yu zu Hilfe.
    »Verstehe.« Sie hielt es allerdings für unnötig, daß Yu sich schützend vor seinen Boß stellte, der durchaus sinnvollen Alarm ausgelöst hatte, und keinen falschen. »Trotzdem …«
    »Diese Ermittlungen waren voller unerwarteter Wendungen, Inspektor Rohn. Ich werde versuchen, alles der Reihe nach zu erzählen. Beide

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