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Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: August Bebel
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seine Fähigkeiten voll entwickeln soll, so gut wie jedes andere Organ fleißig geübt und entsprechend genährt werden; unterbleibt dieses oder wird die Ausbildung nach falscher Richtung unternommen, so tritt statt normaler Entwicklung nicht nur Hemmung, sondern geradezu Verkrüppelung ein. Die eine Richtung wird auf Kosten der anderen gefördert.
     
    Es gibt mehrere Anthropologen, wie Manouvrier und andere, die sogar beweisen, daß das Weib in morphologischer Beziehung höher steht als der Mann. Das ist eine Übertreibung. "Wenn wir die beiden Geschlechter vergleichen – sagt Duckworth –, so stellt sich heraus, daß es keinen konstanten Unterschied gibt, der ein Geschlecht in morphologischer Beziehung höher erscheinen läßt als das andere" .
     
    Havelock Ellis will nur eine Beschränkung gelten lassen. Er glaubt, daß die Variationsbreite der Merkmale beim weiblichen Geschlecht geringer ausfällt als beim männlichen. Aber Karl Pearson hat in einer Gegenkritik ausführlich bewiesen, daß es nur ein pseudowissenschaftlicher Aberglaube ist .
     
    Niemand, der einigermaßen die Geschichte der Frauenentwicklung kennt, wird aber bestreiten, daß seit Jahrtausenden an der Frau stark gesündigt wurde und noch gesündigt wird. Wenn dagegen Professor Bischoff behauptet, die Frau habe so gut als der Mann ihr Gehirn und ihre Intelligenz ausbilden können, so zeigt diese Behauptung in bezug auf den erörterten Gegenstand ein unerlaubtes und unerhörtes Maß von Ignoranz. Die in dieser Schrift gegebene Darstellung über die Stellung der Frau im Laufe unserer Kulturentwicklung läßt es vollkommen erklärlich erscheinen, daß die Jahrtausende währende Herrschaftsstellung des Mannes wesentlich die großen Unterschiede in der geistigen und physischen Entwicklung verschuldete.
     
    Unsere Naturforscher sollten anerkennen, daß die Gesetze ihrer Wissenschaft auch voll auf den Menschen anzuwenden sind. Vererbung und Anpassung gelten für den Menschen wie für jedes andere Naturwesen. Macht aber der Mensch keine Ausnahme in der Natur, so muß auch die Entwicklungslehre auf ihn angewandt werden, wodurch sonnenklar wird, was sonst trübe und dunkel bleibt und dann Gegenstand wissenschaftlicher Mystik oder mystischer Wissenschaft wird.
     
    Entsprechend der verschiedenen Erziehung der Geschlechter – wenn diese Bezeichnung für einen großen Teil der Vergangenheit, namentlich für die Frau erlaubt und der Ausdruck Aufziehung nicht richtiger ist – hat sich auch die Gehirn bildung bei den Geschlechtern entwickelt. Die Physiologen sind einig darüber, daß die Hirnpartien, die den Verstand beeinflussen, in den vorderen Partien des Gehirns liegen, und diejenigen, die vorzugsweise das Gefühls- und Gemütsleben beeinflussen, im Mittelkopf zu suchen sind. Bei dem Manne ist der Vorderkopf, bei der Frau der Mittelkopf mehr entwickelt. Demgemäß hat sich der Schönheitsbegriff für Mann und Frau ausgebildet . Nach dem griechischen Schönheitsbegriff, der noch heute maßgebend ist, soll die Frau eine schmale, der Mann eine hohe und namentlich breite Stirne haben . Und dieser Schönheitsbegriff, der ein Ausdruck ihrer Erniedrigung ist, ist unseren Frauen so eingeprägt, daß sie eine höhere Stirne als eine Unschönheit betrachten, und die Natur durch die Kunst zu verbessern suchen, indem sie sich die Haare über die Stirne ziehen, damit sie niedriger erscheint.
     
4. Der Darwinismus und der Zustand der Gesellschaft
 
    Es ist also nicht erwiesen, daß die Frauen infolge ihrer Gehirnmasse gegenüber den Männern unterbürtig sind, demnach braucht man sich nicht zu wundern, daß gegenwärtig die Frauen geistig sind, wie sie sind. Darwin hat sicher recht, zu sagen, daß eine Liste der ausgezeichnetsten Männer in Poesie, Malerei, Skulptur, Musik, Wissenschaft und Philosophie neben einer gleichen Liste der ausgezeichnetsten Frauen auf diesen Gebieten nebeneinander gestellt, keinen Vergleich miteinander aushalten. Aber kann es anders sein? Verwunderlich würde sein, wenn es nicht so wäre . Deshalb antwortet auch Dr. Dodel-Zürich , daß dies sich anders verhalten würde, wenn eine Reihe von Generationen hindurch Frauen und Männer gleichmäßig erzogen und in der Ausübung jener Künste und Disziplinen unterwiesen würden. Die Frau ist durchschnittlich genommen auch physisch schwächer als der Mann, was bei vielen wilden Völkern keineswegs der Fall ist . Was Übung und Erziehung von Jugend auf vermögen, sieht man zum Beispiel an

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