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Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: August Bebel
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gesteckte Ziel nicht erreicht, empfindet dieses um so schwerer, weil alle glauben, das gleiche Recht zu genießen zu haben. Formell besteht kein Stände- und Klassenunterschied. Jeder will erlangen, was er, nach seiner Lebenslage, als erstrebenswertes Ziel ansieht. Aber viele fühlen sich berufen und wenige sind auserwählt. Damit einer in der bürgerlichen Gesellschaft in Behaglichkeit leben kann, müssen zwanzig andere darben. Und damit einer in allen Genüssen schwelgen kann, müssen Hunderte oder Tausende elend bleiben. Aber jeder will zu den Begünstigten gehören und ergreift jedes Mittel, das ihn zum Ziele zu führen scheint, vorausgesetzt, daß er sich nicht zu stark kompromittiert. Eines der bequemsten und naheliegendsten Mittel, eine bevorzugte soziale Stellung zu erreichen, ist die Geldehe . Das Verlangen nach möglichst viel Geld auf der einen und die Sehnsucht nach Rang, Titeln und Würden auf der anderen Seite findet auf diese Weise in den höheren Schichten der Gesellschaft gegenseitige Befriedigung. Hier wird die Ehe meist als Geschäft angesehen, sie ist ein konventionelles Band, das beide Teile äußerlich respektieren, im übrigen handelt nur zu oft jeder Teil nach seinen Neigungen .
     
    In jeder größeren Stadt gibt es bestimmte Orte und Tage, an denen die höheren Klassen wesentlich zu dem Zweck zusammentreffen, um den Abschluß von Ehen zu befördern. Diese Zusammenkünfte werden deshalb passend "Ehebörsen" genannt. Denn wie an der Börse, so spielen auch hier die Spekulation und der Schacher die Hauptrolle und bleiben Betrug und Schwindel nicht aus. Mit Schulden überladene Offiziere, die aber einen alten Adelstitel präsentieren können, durch die Debauche brüchig gewordene Roués, die im ehelichen Hafen die ruinierte Gesundheit wiederherstellen möchten und einer Pflegerin bedürfen, Fabrikanten, Kaufleute, Bankiers, die manchmal vor dem Bankrott und vor dem Zuchthaus stehen und gerettet sein wollen, endlich alle, die nach Erlangung oder Vermehrung von Geld und Reichtum trachten, erscheinen neben Beamten, die Aussicht auf Avancement besitzen, aber einstweilen in Geldnöten sind, als Kunden und schließen den Ehehandel ab. Dabei ist es nicht selten einerlei, ob die künftige Frau jung oder alt, hübsch oder häßlich, gerade oder bucklig, gebildet oder ungebildet, fromm oder frivol, Christin oder Jüdin ist. Lautete nicht der Ausspruch eines sehr berühmten Staatsmannes: "Eine Ehe zwischen einem christlichen H. und einer jüdischen St. ist sehr empfehlenswert"? Das bezeichnenderweise dem Pferdestall entnommene Bild findet, wie die Erfahrung lehrt, in den hohen Kreisen unserer Gesellschaft lebhaften Beifall. Das Geld gleicht alle Schäden aus und wiegt alle Untugenden auf. Das deutsche Strafgesetzbuch (§§ 180 und 181) bestraft die Kuppelei mit schwerer Zuchthausstrafe oder Gefängnis, aber wenn Eltern, Vormünder und Verwandte ihre Kinder, Mündel oder Anverwandte an einen ungeliebten Mann oder an eine ungeliebte Frau für das Leben verkoppeln, nur des Geldes, des Gewinnes, des Ranges oder eines sonstigen Vorteils wegen, kann kein Staatsanwalt eingreifen, und doch liegt ein Verbrechen vor. Es gibt zahlreiche wohlorganisierte Heiratsbureaus und Kuppler und Kupplerinnen aller Art, die auf Beute ausgehen und die Kandidaten und Kandidatinnen für den "heiligen Stand der Ehe" suchen. Solche Geschäfte sind besonders profitabel, wenn sie für die Glieder der höheren Stände "arbeiten". 1878 fand in Wien ein Kriminalprozeß gegen eine Kupplerin wegen Giftmischerei statt, der mit ihrer Verurteilung zu fünfzehn Jahren Zuchthaus endete. In demselben wurde unter anderem festgestellt, daß der frühere französische Gesandte in Wien, Graf Banneville, diesem Weibe für die Beschaffung seiner Frau 22.000 Gulden Kuppellohn bezahlte. Andere Mitglieder der hohen Aristokratie wurden in diesem Prozeß ebenfalls aufs schwerste kompromittiert. Gewisse staatliche Organe ließen das Weib in seinem dunklen und verbrecherischen Treiben jahrelang gewähren. Das Warum dürfte nach dem Mitgeteilten nicht zweifelhaft sein. In der deutschen Reichshauptstadt erzählt man sich ähnliche Geschichten, sie sind ein alltägliches Vorkommnis, wo immer Ehesuchende sich befinden. Besonderer Gegenstand des Eheschachers sind in den letzten Jahrzehnten für den geldbedürftigen europäischen Adel die Töchter und Erbinnen der reichen nordamerikanischen Bourgeoisie, die wieder ihrerseits Bedürfnis nach Rang und Würden

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