Die Frauen von Savannah
heißen?«
Ich nickte wissend. »Ja! Momma musste dem Verkäufer nur so eine Plastikkarte geben, und dann konnten wir mitnehmen, was wir wollten.«
»Was?« Dad stampfte durch die Küche, pflückte Mommas Handtasche vom Haken neben der Tür und zog die Plastikkarte aus ihrem Portemonnaie. »Verdammt, Camille«, sagte er und schnitt die Karte mit einer Schere durch. »Wie oft muss ich dir das noch sagen? Das muss aufhören. Keine Kreditkarten mehr. Wenn du so weitermachst, bringst du uns noch ins Armenhaus. Hast du gehört?«
Momma leckte ihren Finger an und blätterte eine Seite ihrer Zeitschrift um.
Er beugte sich hinunter und sah sie an. »Hast du deine Pillen genommen?« Sie ignorierte ihn und blätterte noch einmal um. »Camille, ich spreche mit dir.«
Seine Worte waren so scharf, dass ihre Augen ihren Glanz verloren.
Dad schüttelte den Kopf und holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank. Schnaufend ging er aus der Küche und kickte auf dem Weg ins Wohnzimmer Schuhe aus dem Weg. Ich hörte, wie er seinen breiten, massigen Körper in den Sessel fallen ließ und vor sich hin murmelte, wie immer, wenn er schlechte Laune hatte. Was, soweit ich das sah, ungefähr immer war.
Mein Vater lachte oder lächelte nicht viel, und er sorgte immer wieder dafür, dass ich mich so wertvoll fühlte wie ein Penny auf dem Gehsteig. Wenn ich ihm ein selbst gemaltes Bild zeigte oder ihm erzählen wollte, was ich in der Schule gelernt hatte, wurde er unruhig und sagte: »Ich bin müde. Lass uns ein andermal darüber reden.«
Aber ein andermal war nie.
Er war Handelsvertreter für Werkzeugmaschinen und verbrachte viel Zeit an Orten wie Michigan und Indiana. Normalerweise war er die ganze Woche weg und kam nur am Wochenende nach Hause. Und meistens waren diese Wochenenden von einer unerträglichen Spannung erfüllt, die samstags abends explodierte.
Momma donnerte sich dann meist auf, ging ins Wohnzimmer und bettelte, er möge mit ihr ausgehen. »Ach komm, Carl«, sagte sie und zupfte ihn am Arm, »lass uns tanzen gehen, wie früher. Wir gehen gar nicht mehr aus.«
Sein Gesicht verzerrte sich, und er sagte: »Nein, Camille, ich gehe nicht mit dir aus, bevor du nicht wieder alle beisammenhast. Nimm deine Pillen.«
Dann weinte sie und sagte, sie bräuchte keine Pillen, er wurde sauer, drehte den Fernseher lauter und trank ein Bier nach dem anderen, und ich rannte nach oben und verkroch mich in meinem Zimmer. Ganze Monate vergingen, in denen ich kaum ein freundliches Wort zwischen ihnen hörte. Noch seltener sah ich, dass sie sich berührten. Und es dauerte nicht lange, da verschwand auch dies, und die Anwesenheit meines Vaters in unserem Haus schwand mit.
Momma schien froh zu sein, dass Dad so viel weg war. Eines Tages saß ich in ihrem Zimmer auf dem Fußboden und schnitt Anziehpuppen aus, und sie saß am Frisiertisch und schminkte sich. »Wer braucht den schon?«, fragte sie und beugte sich vor den Spiegel, um leuchtend roten Lippenstift aufzutragen. »Ich sage dir mal was, Cecelia Rose, die Leute im Norden sind genauso wie ihr Wetter. Kalt und langweilig. Und ich schwör dir, keiner von denen hat auch nur einen Funken Takt und Anstand. Weißt du, dass nicht eine einzige Person in diesem gottverlassenen Kaff weiß, dass ich mal Schönheitskönigin war? Reaktionäre Trantüten, allesamt, genau wie dein Vater.«
»Magst du Daddy nicht mehr?«
»Nein«, sagte sie und drehte sich zu mir um. »Tu ich nicht.«
»Er ist so selten zu Hause. Wo ist er, Momma?«
Sie tupfte sich die Lippen mit einem Taschentuch ab. »Der alte Trottel? Er ist nicht hier, weil er schon auf dem Friedhof ist, mit einem Fuß im Grab. Das ist auch so eine Sache. Heirate bloß nie einen älteren Mann. Im Ernst, CeeCee. Wenn du dich in einen älteren Mann verknallst, dann hau ab, so schnell du kannst.«
Ich setzte die Schere ab. »Wie alt ist Daddy denn?«
»Siebenundfünfzig«, sagte sie und rieb sich einen Klecks Rouge von der Wange. »Und guck dir bloß mal an, was er aus mir gemacht hat.« Sie runzelte ihrem Spiegelbild gegenüber die Stirn und schüttelte den Kopf. »Ich bin erst dreiunddreißig und habe schon Falten. Dein Vater ist ein Yankee-Lügner. Ich kann dir gar nicht sagen, was er mir alles versprochen hat, damit ich ihn heirate und mit ihm in dieses Kuhdorf ziehe. Alles Schall und Rauch.«
Ich wollte sie schon fragen, was das bedeutet, da wurde ihr Gesicht plötzlich starr. Sie schaute auf ihr Hochzeitsfoto und hob es langsam an. Dann malte
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