Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
Vom Netzwerk:
erwiderte der Herzog, »aber Hannibal hatte vorher vier Schlachten gewonnen, und ich nur eine.«
    »Aber Monseigneur scherzt, wenn er sagt, er sei geflohen.«
    »Nein, bei Gott! ich scherze nicht; findest du übrigens, daß dies ein Stoff zum Scherzen ist, du Bouchage?«
    »Konnte man etwas anderes tun, Herr Graf?« sagte Aurilly, der glaubte, es sei nötig, daß er seinem Herrn zu Hilfe komme.
    »Schweige, Aurilly,« sagte der Herzog; »frage den Schatten Saint-Aignans, ob man nicht fliehen konnte?«
    Aurilly neigte den Kopf. »Ah! Ihr kennt Saint-Aignans Geschichte nicht; es ist wahr; ich will sie euch erzählen; sie läßt sich in drei Grimassen teilen.«
    Bei diesem gehässigen Scherze falteten die Offiziere die Stirn, ohne sich darum zu kümmern, ob sie ihrem Herrn mißfielen oder nicht.
    »Denkt euch also, meine Herren,« sagte der Prinz, der dieses Zeichen der Mißbilligung gar nicht bemerkt zu haben schien, »denkt euch, daß er, als ich die Schlacht für verloren erklärte, fünfhundert Pferde sammelte und, statt wie alle zu fliehen, auf mich zukam und zu mir sagte: ›Man muß angreifen, Monseigneur.‹
    ›Wie angreifen?‹ erwiderte ich; ›Ihr seid ein Narr, Saint-Aignan, sie sind hundert gegen einen.‹
    ›Und wären es tausend,‹ entgegnete er mit einer abscheulichen Grimasse, ›ich werde angreifen.‹
    ›Greift an, mein Lieber, greift an,‹ rief ich, ›ich greife nicht an; im Gegenteil.‹
    ›Ihr werdet mir aber Euer Pferd geben, das nicht mehr laufen kann, und das meinige nehmen, das noch frisch ist; da ich nicht fliehen will, so ist jedes Pferd gut für mich.‹»Und er nahm in der Tat meinen Schimmel, gab mir seinen Rappen und sagte zu mir:
    ›Prinz, das ist ein Läufer, der zwanzig Meilen in vier Stunden zurücklegt, wenn Ihr wollt.‹
    »Dann wandte er sich gegen seine Leute um und rief: ›Auf, meine Herren, folgt mir; vorwärts, wer nicht Fersengeld geben will!‹
    »Und er jagte mit einer zweiten Grimasse, die noch abscheulicher war als die erste, auf den Feind zu.
    »Er glaubte, Menschen zu finden, und fand Wasser; ich hatte dies vorhergesehen: Saint-Aignan und seine Paladine sind dort geblieben.
    »Hätte er auf mich gehört, statt die unnütze Heldentat zu unternehmen, so säße er mit uns an diesem Tische und würde zu dieser Stunde nicht eine dritte Grimasse machen, die wahrscheinlich noch häßlicher ist als die beiden ersten.«
    Ein Schauer des Abscheus durchlief den Kreis der Anwesenden.
    »Dieser Elende hat kein Herz,« dachte Henri. »Oh! warum beschützen ihn sein Unglück, seine Schmach und besonders seine Geburt gegen die Herausforderung, die man so gern an ihn richten würde?«
    »Meine Herren,« sagte mit leiser Stimme Aurilly, da er fühlte, welche Wirkung in dieser Versammlung von Leuten von Herz die Worte des Prinzen hervorgebracht hatten, »Ihr seht, wie Monseigneur angegriffen ist, merkt nicht auf das, was er spricht; seitdem ihm das große Unglück widerfahren ist, glaube ich, daß er wirklich in gewissen Augenblicken irreredet.«
    »So also,« sagte der Prinz, sein Glas leerend, »ist Saint-Aignan gestorben, und so lebe ich; übrigens hat er mir sterbend einen Dienst geleistet, indem er dadurch, daß er mein Pferd ritt, glauben ließ, ich wäre tot; und dieses Gerücht hat sich nicht nur bei der französischen Armee, sondern auch bei der flämischen verbreitet, die infolgedessen langsamer bei meiner Verfolgung zu Werke ging; doch seidunbesorgt, meine Herren, unsere guten Flamländer sollen das nicht ins Paradies mitnehmen; wir werden eine Genugtuung bekommen, und zwar eine blutige, und ich bilde mir seit gestern, im Geiste wenigstens, die furchtbarste Armee, die je bestanden hat.«
    »Mittlerweile, Monseigneur,« sagte Henri, »wird Eure Hoheit das Kommando über meine Leute übernehmen; es geziemt sich für mich, einen einfachen Edelmann, nicht, da, wo ein Sohn von Frankreich ist, auch nur einen einzigen Befehl zu geben.«
    »Es sei,« sagte der Prinz, »und ich fange damit an, daß ich allen befehle, zu Nacht zu speisen, Euch besonders, Herr du Bouchage, denn Ihr habt Euren Teller nicht einmal berührt.«
    »Monseigneur, ich habe keinen Hunger.«
    »Dann, mein Freund du Bouchage, kehrt zur Kontrolle der Posten zurück. Sagt den Führern, daß ich lebe, doch bittet sie, sich nicht zu laut darüber zu freuen, ehe wir eine bessere Zitadelle erreicht oder mit dem Armeekorps unseres unbesiegbaren Joyeuse zusammengetroffen sind, denn ich gestehe Euch, ich möchte

Weitere Kostenlose Bücher