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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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Geist zur Ruhe, ich kehre in meine Einsamkeit zurück.«
    »Wo ist sie, deine Einsamkeit?« – »Auf dem Friedhof des Innocens, großer Fürst.«
    Heinrich schaute Chicot mit jenem Erstaunen an, das er seit den zwei Stunden, die er ihn wiedergesehen, noch nicht ganz aus seinem Blicke hatte verbannen können.
    »Nicht wahr, das hast du nicht alles erwartet?« fragte Chicot, indem er seinen Hut und seinen Mantel nahm. »So ist es aber, wenn man in Verbindung mit Leuten aus der andern Welt steht. Es ist abgemacht, morgen, ich oder mein Bote.«
    »Es sei, doch dein Bote muß auch ein Losungswort haben, damit man weiß, daß er von dir kommt und damit man ihm die Türen öffnet.« – »Vortrefflich! Bin ich es, so komme ich von mir; ist es mein Bote, so kommt er vom Schatten.«
    Nach diesen Worten verschwand er so leicht, daß der abergläubische Geist Heinrichs im Zweifel war, ob ein Körper oder ein Schatten durch die Tür gegangen sei, ohne daß man sie hörte, und unter dem Vorhang durch, ohne ihn sich bewegen zu sehen.
    Was Chicots Verschwinden und vermeintlichen Tod betrifft, so sei zum Verständnis des Lesers berichtet, daß Chicot es in der Tat aus dem angegebenen Beweggrunde für besser gehalten hatte, sich eine Zeitlang völlig den Blicken der Welt, d.h. des Herzogs von Mayenne, zu entziehen. Er flüchtete sich in das Kloster seines Freundes Gorenflot, dem er einen Brief an den König mit der Mitteilung von seinem, Chicots, Tode in die schwere Hand diktierte.
    In Antwort auf diesen Brief Gorenflots schrieb der König eigenhändig:
    »Mein Herr Prior, Ihr werdet unserem armen Chicotein frommes und poetisches Begräbnis geben; ich beklage ihn von ganzer Seele, denn er war nicht nur ein treu ergebener Freund, sondern auch ein ziemlich guter Edelmann. Ihr werdet ihn mit Blumen umgeben und es so einrichten, daß er in der Sonne ruht, die er als Sohn des Südens sehr liebte. Was Euch betrifft, dessen Traurigkeit ich in gleichem Maße ehre und teile, so werdet Ihr nach dem Wunsche, den Ihr gegen mich aussprecht, die Priorei Beaune verlassen. Ich bedarf in Paris zu sehr ergebener Männer und guter Geistlicher, um Euch entfernt zu halten. Demzufolge ernenne ich Euch zum Prior der Jakobiner, wonach Ihr vor der Porte Saint-Antoine wohnen werdet, eine Gegend, der unser armer Freund ganz besonders zugetan war.
    Euer wohlgewogener Heinrich, der Euch bittet, ihn in Euren Gebeten nicht zu vergessen.«
    Man kann sich denken, wie der Prior bei diesem ganz eigenhändig vom König geschriebenen Briefe große Augen machte, die Größe von Chicots Genie bewunderte und sich beeilte, der ehrenvollen Stellung, die ihn erwartete, entgegenzueilen. Denn der Ehrgeiz hatte, wie man sich erinnert, schon früher ein Reis in Gorenflots Herzen getrieben.
    Alles ging nach den Wünschen des Königs und Chicots. Ein Bündel Dornen, physisch und allegorisch den Leichnam darstellend, wurde in der Sonne, inmitten von Blumen, unter einer schönen Weinrebe begraben; und sobald Chicot tot und in effigie beerdigt war, half er Gorenflot bei seinem Umzuge.
    Dom Modeste Gorenflot nahm mit großem Gepränge Besitz von seiner Priorei der Jakobiner. Ehicot wählte die Nacht, um in Paris einzuschlüpfen. Er kaufte bei der Porte Bussy ein kleines Haus, das ihn dreihundert Taler kostete, und wenn er Gorenflot besuchen wollte, so hatte er drei Wege, den durch die Stadt, der der kürzeste, den am Rande desWassers, der der poetischste, und den längs der Mauern, der der sicherste war.
    Aber Chicot, ein Träumer, wählte fast immer den an der Seine, und da der Fluß in jener Zeit noch nicht zwischen steinerne Mauern eingeschachtet war, so leckte das Wasser, wie der Dichter sagt, seine breiten Ufer, an denen die Bewohner der Cité mehr als einmal die lange Silhouette Chicots bei schönem Mondschein sich hervorheben sehen konnten.
    Nachdem Chicot eingezogen war und seinen Namen verändert hatte, war er bemüht, auch sein Gesicht zu verändern; er nannte sich Robert Briquet und ging leicht vorwärts gebeugt; dann hatte ihn die beständige Unruhe und der Verlauf der letzten sechs Jahre beinahe kahl gemacht, so daß sein sonst krauses schwarzes Haar sich, wie das Meer bei der Ebbe, von seiner Stirn gegen sein Genick zurückgezogen. Überdies trieb er mimische Studien, indem er durch geschicktes Zusammenziehen das natürliche Spiel der Muskeln und das gewöhnliche Spiel der Physiognomie zu verändern suchte.
    Die Folge war, daß Chicot, am hellen Tage gesehen, wenn er

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