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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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letztes Gebet nach dessen Fenstern und folgte dann, langsam und beständig sich umwendend, dem Bruder.
    Als Robert Briquet die jungen Leute mit den Musikanten sich entfernen sah, dachte er, die Entwicklung dieser Szene werde nun wohl erfolgen. Er zog sich daher geräuschvoll vom Balkon zurück und schloß das Fenster, ging aber innen zum Dach hinauf, das ausgezackt war, wie das der flämischen Häuser; er verbarg sich hinter einer dieser Auszackungen und beobachtete die Fenster gegenüber.
    Sobald der Lärm auf der Straße aufgehört hatte und alles in die gewöhnliche Ordnung zurückgekehrt war, öffnete sich leise eines von den oberen Fenstern dieses seltsamen Hauses, und ein Kopf kam vorsichtig hervor.
    »Nichts mehr,« murmelte eine Männerstimme, »folglich keine Gefahr mehr; es war eine Mystifikation, die sich an unsern Nachbar richtet; Ihr könnt Euer Versteck verlassen, gnädige Frau, und in Euer Zimmer hinabgehen.«
    Bei diesen Worten schloß der Mann das Fenster wieder, ließ das Feuer aus einem Stein springen, zündete eine Lampe an und reichte sie einem Arm, der sich ausstreckte, um sie zu empfangen.
    Chicot schaute angespannt. Doch kaum hatte er das bleiche und erhabene Antlitz der Frau erschaut, die die Lampe in Empfang nahm, und den sanften, traurigen Blick aufgefaßt, der zwischen dem Diener und der Gebieterin ausgetauscht wurde, als er selbst erbleichte und fühlte, wie ein eisiger Schauer seine Adern durchlief.
    Die junge Frau war kaum vierundzwanzig Jahre alt. Sie stieg nun die Treppe hinab; ihr Diener folgte ihr.
    »Ah!« murmelte Chicot, der mit der Hand über die Stirn fuhr, um sich den Schweiß abzuwischen, und als ob er zugleich eine furchtbare Erscheinung hätte verjagen wollen, »ah! Graf du Bouchage, tapferer, schöner junger Mann, wahnsinniger Verliebter, laß alle Hoffnung fahren!«
    Dann stieg er ebenfalls in sein Zimmer hinab ... mit düsterer Stirn, wie wenn er in eine furchtbareVergangenheit, in einen blutigen Abgrund hinabgestiegen wäre, und setzte sich, nun auch selbst von der Schwermut, die von dem düstern Hause ausging, bezwungen, gedankenvoll in den Schatten.

Chicots Börse.
    Chicot brachte die ganze Nacht träumend in seinem Lehnstuhl zu. Träumend ist das richtige Wort, denn in der Tat, es waren weniger Gedanken, als Träume, was ihn beschäftigte.
    Zur Vergangenheit zurückkehren, mit einem Blicke eine ganze, beinahe im Gedächtnis verwischte Epoche am Feuer eines einzigen Blickes sich erhellen sehen, heißt nicht denken. Chicot wohnte die ganze Nacht in einer Welt, die längst von ihm verlassen und mit erhabenen oder anmutigen Schatten bevölkert war, die der Blick der bleichen Frau, einer treuen Lampe ähnlich, einen nach dem andern mit seinem Gefolge von glücklichen und schrecklichen Erinnerungen an ihm vorüberziehen ließ.
    Als die Morgendämmerung die Scheiben seines Fensters versilberte, sagte er: »Die Stunde der Gespenster ist vorüber, wir müssen nun auch an die Lebendigen denken.«
    Er stand auf, gürtete sein langes Schwert um, warf über seine Schultern einen Oberrock von weinhefenfarbiger Wolle und einem auch für den stärksten Regen undurchdringlichen Gewebe und prüfte mit der stoischen Festigkeit des Weisen den Grund seiner Börse und die Sohle seiner Schuhe.
    Diese erschienen Chicot würdig, einen Feldzug zu beginnen, und jene verdiente eine besondere Aufmerksamkeit.
    Chicot, der, wie man weiß, ein Mensch von erfindungsreicher Einbildungskraft war, hatte nämlich den Hauptbalken ausgehöhlt, der sein Haus von einem Ende zumandern durchzog und zugleich zur Zierat und zur Festigkeit diente, denn er war bunt bemalt und hatte wenigstens achtzehn Zoll im Durchmesser.
    Aus diesem Balken hatte er sich durch eine Aushöhlung von anderthalb Fuß Länge und sechs Zoll Breite eine Kasse gemacht, in der tausend Goldtaler enthalten waren.
    Chicot hatte folgende Berechnung angestellt: »Ich gebe jeden Tag den zwanzigsten Teil eines solchen Talers aus; ich habe also Mittel, zwanzigtausend Tage zu leben. Ich werde sie nie leben, aber ich kann die Hälfte erreichen, und dann vermehren sich, je älter ich werde, meine Bedürfnisse und folglich meine Ausgaben, denn die Gemächlichkeit muß mit der Abnahme des Lebens zunehmen. Somit habe ich zwanzig bis fünfundzwanzig schöne Jahre zu leben. Das ist, Gott sei Dank, genug.«
    Als er diesen Morgen seine Kasse öffnete, um sich seine Rechnung zu machen, sagte er zu sich selbst: »Bei Gott! das Jahrhundert ist hart, und die

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