Wenn die Sehnsucht im Herzen brennt (German Edition)
1. KAPITEL
Das Ereignis war als Hochzeit des Jahres angekündigt worden – Manhattans romantischstes Paar gibt sich das Jawort. Und soweit Kara de Montaine es beurteilen konnte, hatte die Presse tatsächlich nicht zu viel versprochen. Kara stand am Eingang der Saint Patricks Cathedral, umgeben von den oberen Zehntausend der New Yorker High Society. Dies war ihre Welt, in diesen Kreisen war sie zu Hause. Und trotzdem fühlte sie sich einsam und verloren, während sie darauf wartete, den Gang entlang zu ihrem Platz geführt zu werden.
Die unerwartete Hochzeit des erfolgreichen Verlegers Tristan Sabina hatte sich zu dem Ereignis der Frühlingssaison entwickelt. Kara wäre froh gewesen, das Ganze einfach als irgendeine weitere Party abtun zu können, aber sie war fast dreißig, noch immer Single und ohne Aussicht, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern könnte. Und eben das machte jede Hochzeit, zu der sie eingeladen war, zu einer Qual, einer Art Ausdauertest – immer wieder aufs Neue machte es ihr klar, dass sie wohl niemals in die Rolle der Braut schlüpfen würde. Kara versuchte die trübe Stimmung abzuschütteln, die sich wie ein Hermès-Schal um sie zu schlingen drohte. Aber es wollte ihr einfach nicht gelingen.
Mit der Braut hatte das rein gar nichts zu tun. Kara wusste wenig über Sheri Donnelly, aber sie hatte nur Gutes von ihr gehört. Von ihrer Schwester Rina hatte sie zudem erfahren, dass Sheris Brautkleid einzigartig und wunderschön sein sollte.
Kara verspürte eine Sehnsucht, die sich in letzter Zeit immer häufiger in ihr breitmachte. Die Sehnsucht, ein blütenweißes Kleid zu tragen und ihren Bräutigam am Altar ungeduldig auf sie warten zu sehen. Die Sehnsucht, zwischen den Sitzreihen einer Kirche entlangzuschreiten, während die Hochzeitsgäste sie mit neidischen Blicken betrachteten – sie, an diesem Tag die schönste Frau auf Erden.
Tränen traten Kara in die Augen bei der Erinnerung an gemütliche Stunden im Bett ihrer Mutter mit Plaudereien über die Traumhochzeit, die ihr ganz sicher eines Tages bevorstehen würde. Ganze Sonntagvormittage hatten sie und ihre Schwester so im Doppelbett ihrer Eltern verbracht. Rina hatte sich immer rechts von ihrer Mutter zusammengerollt, Kara links. Damals hatte sie nicht wissen können, dass sie niemals eine solche Märchenprinzessin sein würde. Auch nicht, wie sehr Männer eine Größe von knapp eins achtzig und eine kräftige Statur Männer abschreckte.
Resigniert schloss sie die Augen und hörte im Geist wieder die sanfte Stimme ihrer Mutter. Alisha de Montaine war gestorben, als Kara sechzehn gewesen war, kurz bevor sie in die Gesellschaft eingeführt werden sollte. Rina hatte ihr Debüt bereits ein Jahr zuvor gegeben.
Rina und Kara waren so verschieden, wie zwei Frauen nur sein konnten. Während Rina klein und schlank war und für ihre Schönheit bewundert wurde, war Kara groß, etwas stämmig und eher für ihre karitativen Tätigkeiten bekannt.
Kara schniefte und blinzelte, weil sie wusste, dass es zwar völlig legitim war zu weinen, wenn die Braut erschien, aber als großer Fauxpas angesehen wurde, wenn man schon schluchzte, bevor die Trauung überhaupt angefangen hatte.
Da legte sich eine Hand auf ihre Schulter, ein weißes Taschentuch erschien vor ihren Augen. Die Hand, von der es gehalten wurde, war gebräunt, maskulin und groß.
„Eine Hochzeit ist doch ein Tag der Freude“, sagte der Mann mit einer tiefen, kräftigen Stimme und einem leichten spanischen Akzent.
Kara blickte in die braunen Augen des Mannes. Er sah unglaublich gut aus und betrachtete sie mit ernster Miene. Außerdem war er größer als sie, mindestens ein Meter neunzig. Kara räusperte sich und wischte sich hastig über die Augen. „Das sind Freudentränen.“
Der Mann zog skeptisch eine Augenbraue hoch. Es wirkte leicht arrogant. „Ich kenne Frauen.“
Zweifellos, dachte Kara. Er strahlte einen unglaublichen Sex-Appeal aus, der vermutlich mehr Frauen anzog, als ihm lieb war. Andererseits machte er den Anschein, als könnte er es mit jeder Situation aufnehmen, selbst mit einer Horde von Frauen, die sich auf ihn stürzten. Okay, jetzt wurde sie langsam ein wenig hysterisch. Kara holte tief Luft. Haltung war schließlich eine ihrer nobelsten Eigenschaften. Es wurde Zeit, dass sie ihre Selbstbeherrschung wiedergewann und ihre Gefühle unter Kontrolle bekam.
„Sie mögen vielleicht die Frauen kennen“, sagte sie, „aber mich kennen Sie nicht.“
Er nickte.
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