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Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Haut ist, dachte Isaak, als er sich auf den Boden hockte und bang auf die erste Frage wartete.
    »Dieser König Karl des Nordens«, begann Harun, »hat er viele Frauen?«
    »Nur eine«, antwortete Isaak erschrocken. »Wie der hochherzige Beherrscher des prächtigen Reiches der Abbasiden sicher weiß, ist den Christen nur ein Weib gestattet.«
    »Man sollte nicht die guten Dinge, die Gott erlaubt hat, für verboten erklären«, erwiderte der Kalif kopfschüttelnd. »Es ist gewiss ungut, durch solche Auslegung der Schriften einer einzigen Frau so viel Macht zu verleihen.«
    Da dies keine Frage war, durfte Isaak dazu schweigen. Wie jeder in Bagdad, so wusste auch er, dass sich Harun durch eine eigene Auslegung des Korans den mäßigen Genuss des Weins nicht entgehen ließ. Und dass seine erste Ehefrau Zubaida, die kleine Butterflocke , allen Nebenfrauen zum Trotz über mindestens ebenso viel Macht verfügte wie der Wesir des Kalifen. Oder wie die finstere Königin Fastrada im Frankenreich über König Karl.
    Nein, daran durfte er jetzt nicht denken.
    »Es gibt drei Arten von Frauen«, dozierte der Kalif. »Erstens die gläubige, treu Liebende, die ihrem Gatten wider das Schicksal, nie aber dem Schicksal wider dem Gatten hilft. Zweitens die Frau, die sich nur um die Kinder kümmert und sonst um nichts. Und drittens schließlich jenes Weib, das eine Fessel ist, die Allah dem Mann auf den Nacken legt.«
    Belustigt musterte er das immer bleicher werdende Gesicht seines Besuchers. »Sag mir, Jude, zu welcher Art gehört die Gemahlin König Karls?«
    »Zur ersten, wie ich annehme«, brachte Isaak hervor, froh, bei der Beschreibung der dritten Art von Frauen sein Nicken unterdrückt zu haben.
    »Erzähle mir von ihr.«
    »Sie ist von besonderer dunkler Schönheit und sehr viel jünger als der König«, sprach Isaak. »Es ist seine vierte Ehefrau … « Fastrada war wirklich ein sehr unglückliches Thema. Doch dann kam Isaak die Erleuchtung, wie er mit einer kleinen Verbiegung der Tatsachen auf einen anderen Gegenstand ausweichen und gleichzeitig dem Kalifen würde schmeicheln können, »… und König Karl baut ihr gerade einen Palast.« Er hatte sich in Aachen umgesehen und konnte zumindest die neuen Bauwerke der Königspfalz beschreiben – zu Gunsten der ungleich vornehmeren Architektur der Kalifenresidenz natürlich.
    Die Augen des Kalifen begannen zu leuchten. Auch er hatte seiner Zubaida gerade einen neuen Palast errichtet; in Raqqa, wo er sich selbst in absehbarer Zeit niederzulassen gedachte. Gleich nach dem Juden würde er den verantwortlichen Baumeister Yussuf ibn Yakub rufen lassen. Ihn mit unermesslichen Schätzen belohnen, unter der Bedingung, seine beispiellose Kunst nie in den Dienst anderer, etwa wieder in den der Oströmer oder gar der Omayyaden zu stellen. Es gab Grund zu dieser Befürchtung; die Späher des Kalifen hatten im Hause des Baumeisters Vorkehrungen beobachtet, die darauf schließen ließen, dass dieser Bagdad endgültig zu verlassen gedachte.
    »Erzähle mir von diesem Palast«, forderte Harun seinen Besucher auf.
    »Er soll der Königsfamilie ein Zuhause bieten«, begann der Jude, »und Mittelpunkt der Verwaltung werden. Denn bisher ist König Karl nach Art der Beduinen von einem Ort seines riesigen Reiches stets zum anderen weitergezogen und hat, wie schon sein Vater, vornehmlich vom Sattel aus regiert.«
    »Hat er keine Brüder, die ihn entlasten könnten?«
    »Sein einziger Bruder ist gestorben.«
    »Eines natürlichen Todes wie meiner, hoffe ich«, sagte der Kalif mit plötzlicher Schärfe in der Stimme.
    »Genau wie deiner«, bestätigte Isaak. Was keinesfalls gelogen war, wenn man den verblüffend gleichlautenden bösen Gerüchten um die seltsamen Todesumstände der jeweiligen Brüder glaubte. Erst deren frühes und unerwartetes Ableben hatte beiden Herrschern ihre uneingeschränkte Macht beschert.
    Der Aufforderung, die Königspfalz in Aachen zu beschreiben, kam Isaak gern nach. Bei seinem Vortrag verließ sein Blick nie das Antlitz des Kalifen. In diesem zeichnete sich angesichts der Schilderung von zwar wuchtigen, aber ansonsten kargen und weitgehend schmucklosen Bauwerken unverkennbar Enttäuschung ab.
    Isaak brach der Schweiß aus. Hastig warf er ein, das künftige Prunkstück der Anlage solle ein besonders eindrucksvolles Gotteshaus werden. König Karl scheue weder Kosten noch Mühen, hierfür Baumeister aus allen Himmelsrichtungen nach Aachen zu berufen, um sich ihre Vorstellungen

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