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Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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vorbereitung
    Woll’n Herrscher ihren Ruhm der Nachwelt künden,
    So mag es durch der Bauten Zunge wohl geschehn,
    Siehst du die Pyramiden, wie sie unverändert
    Trotz aller Zeiten Wechsel immer noch bestehn?
    Sie sind ein Bau, vor dem die Zeit sich selber fürchtet.
    Und alles hier auf Erden fürchtet sonst die Zeit!
    Ja, wenn sie reden könnten, würden sie erzählen,
    Was Menschen widerfuhr in Urvergangenheit.
    Aus 1001 Nacht (die 398. Nacht)
    bagdad, spätsommer 794
    H ierher, Jude!«
    Der scharfe Befehl des Wesirs verhieß nichts Gutes. Isaak verfluchte seine Eitelkeit, die ihn am neu angelegten Teich des Kalifengartens hatte stehen bleiben lassen. Nicht etwa, um sich im stillen Wasser zu spiegeln – mit seiner äußerlichen Erscheinung hielt er sich nie über Gebühr auf – , sondern um sich an seinen Kenntnissen der arabischen Sprache zu erfreuen. Die Seerosen im Teich waren nämlich kunstvoll zu Schriftzeichen arrangiert. Sie priesen die Güte des Kalifen, wie Isaak gerade entziffert hatte, als ihn der Wesir aus seiner Betrachtung aufschreckte.
    Für jeden Menschen, nicht nur für einen Juden, war es höchst ungewöhnlich und möglicherweise gefährlich, von Yahya ibn Kalid, dem mächtigen Vertrauten des Kalifen, höchstselbst herbeigerufen zu werden.
    Isaak schickte ein stummes Gebet zum Himmel, dass es nicht um seinen Hals gehen möge. Nirgendwo auf der Welt, und er war viel herumgekommen, konnte ein Kopf mit weniger Federlesen vom Rumpf getrennt werden als hier in Bagdad. Die unbestrittene Güte und Großzügigkeit Harun al Raschids, der Sklaven aus dem Nichts in höchste Ämter erhob, konkurrierte nur mit seiner Erbarmungslosigkeit gegenüber jenen, die sein Missfallen erregten. Ein jeder konnte ohne Verfahren auf der Stelle gnadenlos zerschmettert werden.
    Ich hätte die Waren im Palast abliefern und schnell verschwinden sollen, dachte Isaak, als er mit gesenktem Haupt auf Yahya zueilte, darauf achtend, die geometrischen Muster im Kiesel nicht mit seinen Füßen zu verwirren. Er sprach sich Mut zu. Die Pelze aus dem fernen Frankenland waren gewiss nicht räudig gewesen und die Bernsteinstücke aus dem Nordreich von funkelnder Klarheit. Möglicherweise hatten die kruden Verzierungen an den Langsax-Schwertern das Auge eines kunstsinnigen Würdenträgers beleidigt.
    »Dir wird große Ehre zuteil, Jude«, verkündete Yahya, als sich Isaak unter dem Juwelen geschmückten Feigenbaum mit den zweifarbigen Früchten tief vor ihm verneigte. »Der Befehlshaber der Gläubigen, der Vater unseres glücklichen Landes, Allah sei gepriesen, gewährt dir die Gnade, dich anzuhören. Er will von dir alles über das barbarische Frankenland und seinen großen König wissen.«
    Isaak erstarrte. Nur ein falsches Wort, dachte er, und ich bin erledigt.
    »Eine unverdiente Ehre«, stotterte er. »Doch welche Nachrichten vermag ich unserem Herrn, dem edelmütigen Kalifen, zu überbringen? Ich bin doch nur ein nichtswürdiger Händler, der stets auf Reisen ist, von Reichsführung nichts versteht und den edlen König Karl nicht einmal von Weitem gesehen hat.«
    »Du kennst immerhin seinen Namen«, erwiderte Yahya befriedigt. »Du hast dich in seinem Reich aufgehalten. Das sollte ausreichend sein. Eil dich, wir müssen Vorbereitungen für die Begegnung treffen.«
    Frisch gewaschen, in neuer Kleidung und mit Wohlgerüchen besprenkelt, betrat Isaak wenig später an der Seite des Hadschibs, des Kämmerers, den vieleckigen, nahezu runden riesigen Empfangssaal im Palast der Ewigen Seligkeit. Die leisen Gespräche der zahlreichen Höflinge, die in Grüppchen beieinanderstanden, verstummten. Der prunkvoll ausgestattete Saal überwältigte Isaak, aber er gab sich große Mühe, dies nicht sichtbar werden zu lassen. Er warf einen kurzen Blick zu der riesigen Kuppel hinauf, die über ihm zu schweben schien. Zwischen unzähligen durchsichtig schimmernden Alabastersäulen mit kunstfertig gehauenen Kapitellen rankten sich aus großen Glasvasen prachtvolle Blumen empor. Deren Duft vermischte sich mit den Wohlgerüchen, die in dünnen Rauchwölkchen über flachen Schalen aus Achat und Jade aufstiegen. Der goldene Grund der mächtigen Kuppel war mit dem gleichen Bildermuster ausgemalt, zu dem auch der Kiesel vor der Palasttür verlegt worden war und das sich in den mit Glitzerfäden durchwirkten Teppichen wiederfand. An den Wandbehängen der oberen Galerie funkelten Juwelen auf farbenprächtigen Abbildungen, die wilde Tiere und das Leben des

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