Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
der Übersetzung der Sprache der Schlammbewohner kroch zentimeterweise voran. Es wäre auch ein bisschen schneller gegangen, wenn die Hitschi dieses Vorhaben als sehr wichtig angesehen hätten. Das taten sie aber nicht. Allerdings wäre es so und so nicht viel schneller gegangen, weil die Schlammbewohner das nicht geschafft hätten.
Vom Standpunkt eines Altertumsforschers oder Touristen aus betrachtet war diese Entwicklung sehr interessant, weil es die Schlammbewohner schon seit sehr, sehr langer Zeit gab. Ihre kalte Biochemie war etwa dreihundertmal langsamer als die eines Hitschi oder eines Menschen. Die schriftliche Überlieferung der Hitschi ging fünf oder sechs Jahrtausende zurück – mehr oder weniger wie die der Menschheit auf der gleichen Stufe der technologischen Entwicklung. Die schriftliche Überlieferung der Schlammbewohner ging dreihundertmal so weit zurück. Das waren beinahe zwei Millionen Jahre fortlaufender, datierter historischer Unterlagen. Die frühesten Sagen, Legenden und Eddas reichten noch zehnmal weiter in fernste Vergangenheit. Ihre Übersetzung war nicht schwieriger als die der späteren Werke, weil die Schlammbewohner selbst in der Entwicklung ihrer Sprache nicht schneller fortschritten, aber die Geballten Gehirne, die diese Frühwerke übersetzten, hielten sie nicht für interessant. Sie schoben die Übersetzung auf … bis sie entdeckten, dass zwei davon über Besuche aus dem All berichteten.
Robin erzählt nicht viel über die Segelschiffleute, hauptsächlich deshalb, weil er damals nicht viel über sie wusste. Das ist ein Jammer. Sie sind hochinteressant. Ihre Sprache besteht aus einsilbigen Wörtern – ein Konsonant und ein Vokal. Sie haben ungefähr fünfzig verschiedene Konsonanten und vierzehn Vokale und Diphthonge, mit denen sie spielen können – für dreisilbige Einheiten, wie Namen, stehen ihnen 3,43 mal 10 8 Kombinationen zur Auswahl. Das war für Namen besonders wichtig, da sie mehr Männchen als je zuvor Namen geben mussten. Die Weibchen bekamen keine Namen.
Wenn ein Männchen ein Weibchen schwängerte, zeugte er ein männliches Kind. Er tat das aber nur selten, da ihn dies sehr viel Energie kostete. Unbefruchtete Weibchen produzierten mehr oder weniger routinemäßig wieder Weibchen. Ein Männchen auszutragen, kostete sie dagegen das Leben. Das wussten sie aber nicht – eigentlich auch sonst nicht viel. In den Eddas der Segelschiffleute gibt es keine Liebesgeschichten.
Wenn ich an all die Jahre denke, welche die menschliche Rasse unter der kränkenden Einsicht, unterlegen zu sein, gelitten hat – weil die Hitschi so viel mehr als wir erreicht hatten, und so viel früher –, macht mich das sehr traurig. Ich bedauere vor allem, dass wir nichts von den beiden Eddas gewusst haben. Ich meine nicht nur deren Inhalt – der hätte uns nur noch mehr Sorgen bereitet, als wir schon hatten –, sondern ihre Wirkung auf die innere Haltung der Hitschi.
Das erste Lied stammte aus den frühesten Anfängen der Zivilisation der Schlammbewohner und war sehr rätselhaft. Es handelte von einem Besuch der Götter. Sie leuchteten bei ihrer Ankunft so hell, dass selbst die rudimentären Sehorgane der Schlammbewohner sie wahrnehmen konnten – sie strahlten mit solchen Energiewirbeln, dass sie die seifigen Gase zum Sieden und Brodeln brachten. Viele starben. Das war alles, was sie taten. Dann gingen sie weg und kamen niemals wieder. Das Lied selbst war nicht sehr bedeutend. Es waren keinerlei Details enthalten, die den Hitschi glaubwürdig vorkamen. Das meiste handelte von einem Urschlammhelden, der es wagte, den Besuchern zu trotzen, und der als Belohnung einen ganzen klitschigen Sektor des Planeten erhielt.
Das zweite Lied war präziser. Es datierte Millionen Jahre später – beinahe innerhalb unserer historischen Zeitrechnung. Es berichtete ebenfalls von Besuchern von außerhalb der dichten heimatlichen Welt, aber diesmal waren es nicht nur Touristen. Sie waren auch keine Eroberer. Sie waren Flüchtlinge. Sie tauchten hinunter zur schwammigen Oberfläche, doch waren sie offensichtlich schlecht für das Überleben in einer Umwelt ausgerüstet, die kalt war und deren Dichte sie vergiftete.
Sie versteckten sich hier. Sie blieben – ihrer eigenen Rechnung nach sehr lange – über hundert Jahre. Lange genug, dass die Schlammbewohner sie entdeckten und mit ihnen eine Art Verständigung erreichen konnten. Sie waren von fremden Assassinen angegriffen worden, die wie Feuer
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