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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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mich immer zu ihm hingezogen. Zu diesem … diesem
heiligen Mann
, der …» Sie packte meine Hand so fest, dass es mir das Blut abdrückte. «Als sie mich in Wells gefangen hielten … behaupteten sie, dass er ein Geständnis abgelegt hätte, um mich zu retten.»
    «
Wer?
Wer hat dir das erzählt?»
    «Die Kerkerwächterin. Sie sagte, er hat ihnen erzählt – dass die blutigen Messer
ihm
gehörten.»
    «So war es ja auch … Gottverdammt, es
waren
seine Messer.»
    «Ich habe gesehen, wie er sich gegen sie gewehrt hat, als sie mich holen kamen. Sie haben ihn niedergeschlagen. Er lag auf der Straße. Dann haben sie ihn hochgezerrt …»
    Auch ich hatte das zum Teil mit angesehen. So wie jeder, der dort gewesen war. Weil es jeder hatte sehen
sollen
. Es war alles nur Schauspielerei gewesen. Ein Mummenschanz. Das konnte er gut. Als ich ihn beim nächsten Mal sah, hatte er in seinem Behandlungszimmer trotz der Schmerzen gearbeitet, und ich – ganz genau wie der Rest der Stadt – hielt ihn damals für einen mutigen selbstlosen Menschen. Ebenso wie die Frauen, die geglaubt hatten, ihn zu lieben …
    Sie dachten, sie
müssten
ihn lieben.
    Einen Mann, der so kaltblütig und skrupellos war, dass er sein Land verriet und sich geschickt seiner Frau entledigte, um seine Taten zu verbergen. Und der dann ein Jahr später die Gelegenheit am Schopfe ergriff, auch die junge Frau loszuwerden, die nicht seine Tochter war.
    «Im Gefängnis von Wells erklärten sie mir, dass entweder ich … oder er hängen würde.» Nel sah durch mich hindurch. «Was habe ich getan, dass er meinen Tod wollte?»
    Ich schwieg. Borrow hatte seine Chance genutzt, das war alles. Man hatte ihn hinzugezogen, um Stephen Fyche aus der Klemme zu helfen und die Folterspuren als Teil eines Ritualmordes zu vertuschen. Und da hatte dieser kaltblütige Bastard seine Chance gewittert.
    «Wenigstens weißt du, wer dein Vater war», sagte ich.
    Sie zupfte Gras von ihrem Kleid.
    «Er hat in der Abtei mit dem Abt gegessen. Der Abt hatte erlesene Speisen vorbereiten lassen, Lachs und Karpfen. Und anscheinend war er ganz bezaubert von dem Mädchen, das sie servierte.»
    «Und er wusste nichts … von dir? Hat nichts erfahren, als er nach der Plünderung der Abtei zurückkehrte …?»
    «Da war meine Mutter bereits ein ehrbares Eheweib, das lesen und schreiben konnte und ein Kind hatte. Sie kamen gut miteinander aus, aber es war nicht wie zuvor.»
    Ich sah ihr in die grünen Augen. Sie warf ihr Haar gegen den Wind zurück. Fast ihr ganzes Leben hatte unter dem Zeichen einer Lüge gestanden. Und beinahe hätte sie durch eine Lüge ihr Leben verloren.
    «Armer Leland», sagte sie.

[zur Inhaltsübersicht]
S chlusswort
    September 1560
     
    Ich verstehe nicht, wozu sich gewisse Leute aufschwingen, die sich gegen mich wenden.
    John Dee,
    Monas Hieroglyphica

Ein neuer Morgen. Ich sitze mit dem Brief meines verzweifelten Freundes in der Stube meiner Mutter am Fenster.
     
    So wahr mir Gott helfe, John, ich hatte nichts damit zu tun. Und das sage ich dir, der du am wenigstens Grund hast, mir zu glauben. Ich schwöre es bei ihrem Leichnam, mit der Hand auf der Bibel und durch den Strom meiner Tränen …
     
    Letzte Nacht konnte ich kaum schlafen, nachdem ich den Brief fünf-, sechsmal gelesen hatte … vielleicht sogar öfter … Draußen herrschte Sturm, und der Fluss führte Hochwasser, und ich lag da mit offenen Augen im Bett und verfluchte das Schicksal.
    Wenn es denn das Schicksal war. Ganz London spricht von schwarzer Magie. Der Turm von St. Paul’s Cathedral ist vor zwei Monaten abgebrannt, nachdem ihn bei einem Sommergewitter der Blitz getroffen hat. Dann war kürzlich in London zu spüren, dass die Erde bebte, was für Panik auf den Straßen sorgte.
    Vor zwei Tagen wurde ich in Cecils Haus am Strand gerufen, wo er mich in einem von außen nicht einsehbaren Garten empfing, der von hohen Hecken gesäumt wurde. Ein brennend heißer Nachmittag, jedoch mit wenig Sonnenschein.
    «Das Ende aller Tage», sagte er. «Daran glauben viele.»
    «Nicht die Boten des Nachthimmels», versicherte ich ihm. «In den Sternen ist nichts vom Ende aller Tage zu lesen.»
    «Und die Wiederkehr des Herrn. Die Königin tut so, als nähme sie das nicht ernst, aber es belastet sie.»
    «Die Sterne kündigen auch keinen neuen Christus an.»
    «Wer redet denn von Christus?» Der Erste Minister der Königin reichte mir ein Pamphlet. «Das hier erreichte uns aus Paris.»
    Es war in

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