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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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vielleicht eher der Doktor selbst?»
    Ein leiser Laut drang aus Nels Kehle. Dudley machte noch einen Schritt auf Stephen Fyche zu.
    «Sag es uns, Junge.»
    «Wie …» Stephen Fyche richtete sich schwankend zu voller Größe auf. Selbst ich konnte seine Weinfahne riechen. «Wie könnt Ihr es wagen, einen Mann Gottes zu bezichtigen, Sir?»
    Er drehte sich leicht, und ich sah, dass er an seiner Seite einen Dolch verbarg. Dudley hatte es ebenfalls bemerkt, und seine Hand fuhr zu seinem Gürtel – ich kannte diese Bewegung.
    «So, dann brauchen wir also keinen Prozess», stellte er fest.
    «Nein!» Carew ergriff Dudleys Handgelenk und drehte es herum, bis er ihm das Schwert entwunden hatte. «Das steht Euch nicht zu.»
    Eine ähnliche Szene hatte ich schon einmal erlebt.
    Carew vollführte eine halbe Drehung, hielt Dudleys Reitschwert mit beiden Händen umklammert, und dann verwandelte sich die Klinge im Fackelschein in eine züngelnde Flamme. In Stephen Fyches junges Gesicht trat ein erstaunter Blick, als der Körper unter ihm wegsackte.
    Carew schlug noch zweimal kurz zu, und Stephens Kopf schien einen Augenblick lang in der Luft zu verharren, bevor er doch herunterfiel und ins Gras neben seinen Körper rollte, der den Boden bereits mit Blut tränkte.
    «
Mir
allerdings schon, denke ich», sagte Carew.
    Die Stille auf dem Tor schien ewig zu währen. Als hätte der Hügel das alles selbst bestimmt und sich ein anderes Leben für das geholt, das er nicht bekommen hatte.

LVII Der Abgrund
    D er Fischhügel war der Ort, wo Joseph von Arimathäa an Land gegangen war und seinen Stab in den fruchtbaren Boden von Avalon gerammt hatte.
    So fruchtbar war der Boden, dass der Stab austrieb und zu einem Rosenbusch wurde. Er existierte noch immer, oder zumindest ein Nachfahre von ihm, und er blühte jedes Jahr pünktlich am ersten Weihnachtstag.
    Das hatte mir Joe Monger erzählt. Eine hübsche Geschichte, die zu vielen anderen passte. So war dieser Hügel einer der Fische im gleichnamigen Sternbild, dessen Zeitalter gleichzeitig mit den Anfängen des Christentums begonnen hatte. Ich hatte schon neben dem Rosenbusch gesessen, ohne allerdings die Legende zu kennen, und jetzt saß ich wieder dort. Eine eisige Brise wehte, und das Jahr näherte sich dem Tag, an dem der heilige David im Alter von hundert gestorben war, vor tausend oder noch mehr Jahren.
    David? Oh ja, der war natürlich auch in Avalon gewesen, wie hätte es auch anders sein können?
    Von hier aus hatte man sowohl Blick auf die Abtei als auch auf den Tor. Vielleicht war dies die Mitte zwischen zwei Welten, der christlichen und der heidnischen, der Erde und dem Himmel. Der Abt hatte schon gewusst, was er tat, als er Cate Borrow dieses Land überließ, damit sie hier Heilkräuter anbaute.
    «Er hatte sich überlegt», sagte Nel, «dass die heilenden Kräfte der Kräuter, die man gewöhnlich mit einem bestimmten Sternzeichen in Verbindung bringt, wundersam gesteigert würden, wenn man die Pflanzen auf ihrer … irdischen Entsprechung im Tierkreis anbaut.»
    «Hat sie dir das erzählt?»
    «Nein, natürlich nicht. Als ich heute Morgen aufgewacht bin, habe ich es auf einmal begriffen. Ich weiß noch, als ein bestimmtes Kraut hier besonders gut wuchs – Schafgarbe oder Kamille muss es gewesen sein –, da sagte sie: Aha, es ist also empfänglich für den Einfluss des Sternzeichens Fische. Zusammen mit dem Abt baute sie Pflanzen auch auf anderen Feldern an, die der Abtei gehörten und … na ja, ich denke, das steckte dahinter.»
    Der Logik war nicht zu widersprechen. Die Mönche der Abtei, als Bewahrer des Geheimnisses um den Tierkreis, hatten Cate ins Vertrauen gezogen. Zusammen hatten sie an einer neuen Art astrologischer Heilkunst gearbeitet. Faszinierend.
    «Ich vermute, dass es nicht das einzige Geheimnis des Tierkreises ist und auch längst nicht das wichtigste, dennoch …»
    Sie lächelte und drückte meine Hand. Ich schaute sie sehnsuchtsvoll, aber ohne große Hoffnung an. Obwohl wir nun vier Nächte lang das Bett geteilt hatten, spürte ich doch, trotz aller Süße, dass dies eher ein Abschied als ein Anfang war.
     
    †
     
    Es war fast eine Woche vergangen, bevor sie ohne Schmerzen sprechen konnte. Sie sagte, das läge an den Quetschungen und Striemen, die trotz all der Salben von Joan Tyrre noch an ihrem Hals zu sehen waren. Ich hatte eher das Gefühl, dass sie nicht reden wollte, bevor sie das alles wirklich verstanden hatte.
    Sie trug das blaue

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