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Die geheime Sammlung

Die geheime Sammlung

Titel: Die geheime Sammlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polly Shulman
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fühlte sich kalt auf meinen Lippen an.
    Ich öffnete meine Augen. Die Messingstatuette von Marc hatte sich nicht verändert.
    Aaron hielt die Puppe von Anjali. »Hast du sie geküsst?«, fragte ich.
    »Du hast gar nicht gelogen. Das heißt, dass du ihn wirklich nicht …«, sagte er.
    »Hast du Anjali geküsst?«, fragte ich ihn erneut.
    »Nein, noch nicht.«
    »Mogler! Worauf wartest du?«
    »Ich habe dir zugeschaut. Ich wollte selber sehen … ich wollte wissen …«
    »Jetzt mach schon, Aaron. Küss meine Schwester! Ich will sie zurück«, sagte Jaya ungeduldig. »Auch wenn sie echt nervig ist und mich immer rumkommandiert.«
    Aaron zuckte mit den Schultern und hob die Puppe an seine Lippen.
    Ich merkte plötzlich, dass ich den Atem anhielt.
    Er küsste Anjali.
    Nichts geschah. Sie blieb eine Puppe.
    Vorsichtig atmete ich aus. Ich stellte fest, dass mein Herz mir bis zum Hals schlug. Aaron schaute mich an. Ich schaute weg.
    »Irgendein Kuss tut’s halt nicht«, sagte Dr.Rust. »Nur der Kuss der wahren Liebe hilft.«
    »So was Blödes.« Obwohl ich es nicht wollte, fühlte ich mich plötzlich überaus glücklich. Aaron liebte Anjali gar nicht wirklich. »Wo sollen wir denn den Kuss der wahren Liebe finden?«
    »Bei Marc Merritts Fanclub?«, schlug Aaron vor.
    »Wir brauchen den Kuss der wahren Liebe, nicht den Kuss hündischer Anhänglichkeit«, entgegnete ich. »André könnte Marc küssen. Er liebt ihn wirklich.«
    »Das geht nicht«, sagte Aaron. »Er hat ihn schon geküsst, und es hat nichts gebracht. Wir brauchen den Kuss der wahren Liebe, nicht den Kuss der Bruderliebe.«
    »Wisst ihr, wer Anjali und Merritt liebt? Sie lieben sich
gegenseitig!
«, sagte Jaya. Sie nahm die beiden Figuren in die Hände und drückte ihre Gesichter gegeneinander. »Schmatz, schmatz, MMUAH !«, rief sie.
    »Na, das klappt bestimmt großartig«, sagte ich und verdrehte die Augen.
    »Aber – sieh doch!«, rief Aaron und hielt meinen Arm fest.
    Die Luft um Anjali und Marc wurde dick wie ein Nebel aus Diamanten. Ich fühlte, wie sich Aarons Rose in meinem Haar regte. Es roch plötzlich überall nach Rosen, als ob alle Rosen im Garten der Jahreszeiten gleichzeitig aufblühen würden. Im Nebel drehten sich Farbwirbel. Sie wurden immer intensiver, bis ich sie fast nicht mehr ansehen konnte, und dann lösten sie sich ganz langsam auf.
    Da standen Marc und Anjali in voller Größe und schauten einander in die Augen. Sie sahen vollkommen menschlich aus – oder zumindest so menschlich, wie ein verliebtes Pärchen aussehen kann.
     

[home]
    Kapitel 26
    Die Willenskraft einer Bibliothekarin
    R uder!« André umklammerte Marcs Beine. Marc schaute nach unten. Er sagte nichts, aber er riss die Arme auseinander und packte André fest, wobei er beinahe im Kreis grinste. Ich mochte keine wahre Liebe für Marc empfinden, aber er sah wirklich unglaublich gut aus, vor allem mit diesem Lächeln.
    Dann wandte Marc sich Jaya zu. »Ich danke dir«, sagte er.
    Anjali umarmte ihre Schwester. »Ja, gut gemacht, Kleine. Obwohl ich es geschätzt hätte, wenn du mich nicht wie eine Marionette herumgeführt hättest.«
    Jaya grinste. »Ich mochte dich als Marionette. Und du musst zugeben, dass ich gut im Strippenziehen bin. Wäre ich es nicht, wärst du immer noch eine Puppe.«
    »Schön, dass ihr beide wieder da seid«, sagte Doc Rust.
    Marc räusperte sich. »Ich danke Ihnen.« Dann wandte er sich an Aaron. »Du … es, äh. Es tut mir leid, dass ich dir nicht getraut habe. Du hast versucht, mich vor der Badwin zu beschützen. Ich schulde dir was.« Es ist ganz schön schwer, mit einem Dreijährigen auf der Schulter würdevoll und reuig auszusehen, aber Marc schaffte auch das.
    »Na ja«, meinte Aaron. Er hörte sich an, als ob ihm das peinlich wäre. »Hat ja nicht geklappt, oder?«
    »Darum geht es doch nicht. Sie hätte dich umbringen können. Danke!«
    »Ja. Vielen Dank, Aaron«, sagte Anjali. Sie beugte sich vor und küsste ihn auf die Wange. Er wurde puterrot und schaute mich an.
    Ich fühlte eine plötzliche Brise, als ob ich in Ohnmacht fiele.
    »Elizabeth, Achtung!«, kreischte Jaya.
    Der Riesenvogel hatte seine Augen geöffnet und sprang mich jetzt an. Ich tauchte weg und schützte mein Gesicht mit den Armen. Er landete auf meiner Schulter – es fühlte sich an, als ob ein Motorrad mich überfuhr – und zielte mit seinem großen gekrümmten Schnabel auf meinen Kopf.
    Ich war selbst zum Schreien zu verängstigt und schloss die Augen.

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