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Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing

Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing

Titel: Die Geheimnisse der Patricia Vanhelsing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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anzuhaften.
    Dann schossen grelle Strahlen aus ihren Augen heraus. Tom zuckte zusammen.
    Die Strahlen trafen Patricia, die sich krümmte.
    "Nein!", schrie Tom.
    Er wollte sie an sich ziehen.
    Noch fasste seine Hand die ihre, doch...
    Er griff ins Leere. Der Schrecken jagte ihm in die Glieder, als sich Patricias Hand unter seinen Fingern aufzulösen schien.
    Er sah sie taumeln und fallen. Tom wollte sie auffangen, aber noch während sie fiel, verwandelte sie sich in grauweißen Staub.
    Ein Handvoll davon rieselte ihm zwischen den Fingern hindurch auf den Boden. Das Grauen packte Tom. Er konnte kaum fassen, was er gesehen hatte.
    "Patti", flüsterte er, beinahe stumm vor Schrecken. Die Frau, die er über alles geliebt hatte, gab es nicht mehr. Vor seinen Augen war sie zerfallen, wie es ein menschlicher Körper sonst nur innerhalb vieler Jahrzehnte tun konnte. Einfach ausgelöscht!
    Wut und Trauer packten ihn.
    Er blickte auf.
    Einen Moment lang erwog er, sich auf das Monstrum zu stürzen, das vor ihm stand.
    Mary!
    Aber als sie ihn mit ihrem sengenden Blick ansah, taumelte er zurück. Er schützte sich mit den Armen. Er hatte keinerlei Mittel gegen die Kräfte, die Lady Mary zur Verfügung standen.
    Nie war es ihm bewusster gewesen, als in diesem Augenblick. Tom ballte die Hände zu Fäusten.
    Hass fühlte er in sich aufsteigen. Lady Mary hatte ihm den Menschen genommen, der ihm am meisten bedeutete. Bilder stiegen vor seinem inneren Auge auf. Jener Augenblick, als sie sich das erste Mal in der Redaktion der LONDON EXPRESS NEWS begegnet waren und er sie beinahe umgelaufen hatte. Der Blick ihrer Augen... Erinnerungen an Augenblicke voller Zärtlichkeit, an den Geschmack ihrer Lippen und den Schlag ihres Herzens, den er nahe bei sich gespürt hatte. Im ersten Moment war ihm alles gleichgültig. Er wollte sich auf das Monstrum stürzen, zu dem Mary geworden war. Aber dann hielt er doch inne.
    Es hatte keinen Sinn. Er konnte sie nicht angreifen. In ihrer eigenen Welt schien sie mehr oder minder unverletzlich zu sein. Ihre dämonisch leuchtenden Augen schienen ihn kalt und unbeteiligt zu mustern.
    Das drohende Knurren drang wieder über ihre Lippen. Aber der übergroße Mund mit den auf groteske Weise verlängerten Zähnen schloss sich nun.
    Tom Hamilton stand wie erstarrt da.
    Und Lady Marys grotesk verzerrte Gestalt verwandelte sich zurück. Die Auswüchse an ihrer Stirn schrumpften und der tierhafte Mund verkleinerte sich wieder. Sekunden nur und und das elfenbeinfarbene Gesicht war wieder in seiner alten Schönheit hergestellt.
    Einer kalten Schönheit.
    Das grelle Leuchten verschwand aus ihren Augen. Die Lichtaura, die sie bis jetzt umgeben hatte ebenfalls.
    "Du hast sie getötet!", stellte Tom bitter fest, während sein Blick zu Boden glitt.
    Das grauweiße Pulver, das noch von Patti geblieben war, löste sich nun ebenfalls auf. Es schien einfach zu verschwinden. Jener seltsame, kalte Wind, der aus dem Nichts zu kommen schien, verwehte den letzten Rest. Es war so, als hätte es sie nie gegeben. Nichts würde von ihr bleiben. Nicht ein Staubkorn.
    "Du bist jetzt frei!", sagte Mary auf eine Weise, die ausdrückte, dass sie das völlig ernst meinte. "Du bist frei, Tom! Sie hat dich keinen klaren Gedanken fassen lassen und deine Seele verwirrt. Aber nun wirst du erkennen, wohin du wirklich gehörst..." Sie lächelte, umrundete den Tisch und trat auf Tom Hamilton zu.
     
    *
     
    "Du bist wahnsinnig, Mary!", stieß Tom hervor.
    "Wahnsinnig vor Liebe!", erwiderte sie. "Gestern Nacht waren ihre Kräfte noch zu stark. Ich konnte ihr nichts anhaben unter anderem natürlich auch deshalb, weil du so töricht warst, dich zwischen sie und jene Mächte zu stellen, die Patricia Vanhelsing aus dieser Welt verbannen sollten..."
    "Du sprichst von dem Monstrum aus dem Teich."
    "Eine andere Gestalt meiner selbst", erwiderte sie. "Bewegt einzig und allein durch die Kraft meines Geistes. So wie alles hier..."
    Leben kam jetzt in die als starre Mumien dasitzenden Gäste - wenn das vielleicht auch nicht ganz das richtige Wort war. Sie bewegten sich, wandten die Köpfe, hoben die Arme und standen schließlich auf. Rau kratzen die Füße der Stuhlbeine über den steinernen Boden. Die grauweiße Schicht aus Spinnweben, die aussah, als hätte sie sich in vielen Jahren Stück um Stück gebildet, verschwand innerhalb von Augenblicken.
    Sie scheint wirklich selbst die Zeit beherrschen zu können, ging es Tom Hamilton schaudernd durch den Kopf.

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