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0989 - Das Erbe der Fremden

0989 - Das Erbe der Fremden

Titel: 0989 - Das Erbe der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Der Mann wußte um die Bedeutung seiner Aufgabe. Sein Schützling war eminent wichtig. Er durfte ihn auf keinen Fall aus den Augen lassen. Wenn ihm etwas passierte, würde es Schwierigkeiten geben.
    Nein, daran wollte er erst gar nicht denken. Der Schützling war eine Frau. Eine junge Frau. Gerade mal erwachsen. Aber mit Fähigkeiten wie keine zweite. Die Frau hatte ihr Anderssein erst vor kurzer Zeit erkannt und war dementsprechend verwirrt gewesen. Bestimmt war sie nicht in der Lage, mit diesen Fähigkeiten umzugehen, dazu bedurfte es eines gewissen Trainings, einer Praxis, und der Mann mit der Baskenmütze wollte sie sicherheitshalber unter Kontrolle halten.
    Celia Wayne war aus der U-Bahn gestiegen und über die Treppen an die Oberfläche gelangt. Sie hatte nach ihrer Flucht aus der privaten Klinik kein bestimmtes Ziel im Auge. Sie wollte einfach nur weg, um nicht gefunden zu werden. Deshalb war sie lange gefahren. Und man sah ihr an, in welcher Verfassung sie sich befand.
    Die Gegend, in der sie sich befand, war nicht gut. Ein Stadtteil von London, mit dem man keine große Ehre einlegte, der auch kaum von Touristen besucht wurde. Die Themse war zu riechen, und kleinere Werften lagen in der Nähe.
    In diese Richtung war Celia nicht gelaufen. Sie hatte sich an die Straße gehalten, deren Seiten von alten und hohen Häusern umsäumt wurden. Hier lebten Menschen, die sich durchs Leben schlugen. Hier gab es keinen Pomp, keine großartigen Gebäude und Kirchen. Hier traten Arbeitslosigkeit, Sozialkonflikte und Verbrechen offen zutage.
    Der Mann mit der Baskenmütze urteilte über die Menschen nicht, denen er begegnete. Sie bewegten sich im Bereich ihrer Möglichkeiten und setzten sich aus den Personen zusammen, die man als das Erbe eines Kolonialstaates bezeichnete.
    Der Mann wich Jugendlichen aus, die auf den Gehsteigen herumlungerten. Er bewegte sich so unauffällig wie möglich. Er ging dabei gebeugt, als würde er sich vor etwas schämen, aber sein scharfer, beinahe schon sezierender Blick ließ die junge Frau in der blauen Jeanskleidung nicht aus den Augen.
    Er sah sie immer.
    Grit Wayne ging schnell, wenn auch nicht immer geradeaus, da sie des öfteren anderen Menschen ausweichen mußte. Für einen zufälligen Beobachter hätte sie ziellos gewirkt. Der Verfolger war da wohl anderer Meinung.
    Und dann war sie weg!
    Für einen Moment stoppte der Mann seine Schritte. Er stand da und schaute sich um. Eine Frau mit vollen Einkaufstüten wäre fast gegen ihn gelaufen. Sie beschimpfte ihn, aber der Mann kümmerte sich nicht darum.
    Da er sie nicht sah, überlegte er, wohin sie denn gegangen sein konnte. Auf die andere Seite der Straße war die Frau nicht gelaufen, das hätte er gesehen. Aber auf seiner sah er sie auch nicht mehr, und Celia war sicherlich nicht im Boden verschwunden.
    Für ihn kam nur eine Möglichkeit in Betracht. Sie war in einem der Häuser verschwunden. Das wollte der Verfolger auch nicht akzeptieren, weil er sich nicht vorstellen konnte, daß hier in dieser Gegend jemand wohnte, den die Frau kannte.
    Nein, da mußte es eine andere Möglichkeit geben.
    Er ging jetzt weiter. Schneller als zuvor. Den Blick leicht nach links gerichtet. Er stand unter Spannung, die sich bei ihm auch äußerlich bemerkbar machte. Sein Gesicht schien unter der Haut zu leuchten.
    Die Haut selbst wirkte dünn, die Lippen blutleer, und die Pupillen sahen aus, als bestünden sie aus Stahlteilen.
    Aus einer Einfahrt zwischen den Häusern rollte rückwärts ein Lastwagen auf den Gehsteig. Der Fahrer nahm keine Rücksicht. Die Fußgänger sprangen zur Seite, wenn auch schimpfend. Daß Fäuste gegen die Karosserie hämmerten, kümmerte den Fahrer nicht, aber der Verfolger wußte plötzlich, wo er nach seinem Schützling suchen mußte.
    Er hatte Celia noch nicht gesehen. An ihrer Stelle wäre er auch in dieser Einfahrt verschwunden, um sich vor irgendwelchen Gefahren oder Verfolgern zu verstecken. Dabei glaubte er nicht daran, daß die junge Frau etwas von der Verfolgung bemerkt hatte. Sie hatte sich ja gar nicht umgedreht. Mit der Kühlerschnauze schaute der Wagen noch in die Einfahrt hinein. Der Mann mit der Baskenmütze war bereits darin verschwunden. Es war eine Lücke zwischen den Häusern, in der es widerlich roch, wo der Schmutz eine Heimat gefunden hatte und sich kein normaler Mensch wohl fühlen konnte.
    Der Verfolger ging ziemlich schnell in den Hinterhof. An der rechten Seite schimmerte ein hoher

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