Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Der schwarze Hexenmeister - Scott, M: Geheimnisse des Nicholas Flamel - Der schwarze Hex - The Secret of the Immortal Nicholas Flamel # 5 - The Warlock
habe mir gerade überlegt«, begann Sophie schließlich, »dass ich genau heute vor einer Woche in der Kaffeetasse bedient und mich aufs Wochenende gefreut habe. Josh war zum Mittagessen herübergekommen und wir haben uns ein Sandwich und ein Stück Kirschkuchen geteilt. Ich hatte gerade mit meiner Freundin Elle in New York telefoniert und war ganz aufgeregt, weil sie eventuell die Möglichkeit hatte, nach San Francisco zu kommen. Meine größte Sorge war, dass ich nicht freibekommen würde und nicht genügend Zeit für sie hätte.« Sie blickte Tsagaglalal an. »Ein Tag wie jeder andere. Ein ganz gewöhnlicher Donnerstag.«
»Und nun?«, fragte Tsagaglalal leise.
»Und jetzt, eine Woche später, wurden meine Sinne erweckt, ich kenne mich mit Magie aus, war in Frankreich und England, ohne in ein Flugzeug zu steigen; mein Bruder ist verschwunden und ich mache mir Sorgen um das Ende der Welt.« Sie lachte, doch es klang schrill und ein wenig hysterisch.
Tsagaglalal nickte. »Vor einer Woche warst du ein Mädchen, Sophie. In den vergangenen sieben Tagen hast du ein ganzes Leben gelebt. Du hast viel gesehen und noch mehr getan.«
»Mehr als ich wollte«, murmelte Sophie.
»Du bist erwachsen geworden«, fuhr Tsagaglalal fort, ohne auf die Unterbrechung einzugehen. »Du bist eine außergewöhnliche junge Frau, Sophie Newman. Du bist stark, klug und mächtig – unendlich mächtig.«
»Ich wünschte, es wäre nicht so«, erwiderte Sophie traurig. Sie blickte hinunter auf ihre Hände. Sie lagen auf ihren Oberschenkeln, die rechte Hand auf der linken und die Handflächen zeigten nach oben. Ungerufen sammelten sich silberne Aurafäden in ihren Handlinien und bildeten einen kleinen See mit einer glänzenden Flüssigkeit. Die flüssige Aura wurde von der Haut aufgenommen, und Sophie trug plötzlich silberne Handschuhe – zunächst aus weicher glatter Seide, dann aus Leder und schließlich aus Metall mit Nietenverbindungen. Sie spreizte die Finger. Die Handschuhe verschwanden und ihre Haut kam wieder zum Vorschein. Ihre Fingernägel blieben noch eine Weile glänzende silberne Spiegel, dann nahmen auch sie wieder die normale Färbung an.
»Du kannst vor dem, was du bist, nicht davonlaufen, Sophie. Du hast eine silberne Aura, und das heißt, du hast eine Verantwortung … und ein Schicksal. Dein Los wurde vor Tausenden von Jahren beschlossen.« Tsagaglalals Ton war fast mitfühlend. »Ich habe zugesehen, wie mein Mann Abraham mit Kronos gearbeitet hat. Kronos hat sein ganzes Leben damit zugebracht, die Zeit in den Griff zu bekommen. Dieses Vorhaben hat ihn völlig kaputt gemacht, hat seinen Körper verformt und sein Aussehen zigmal verändert. Es hat eine der abstoßendsten Kreaturen, die du je gesehen hast, aus ihm gemacht. Doch mein Mann nannte ihn seinen Freund, und ich habe keine Zweifel, dass Kronos das Wohlergehen der Humani und das Überleben dieses Schattenreiches am Herzen lag.«
»Die Hexe mochte ihn nicht …« Sophie schauderte, als am Rand ihrer Erinnerung eine Ahnung von Kronos’ wahrer Gestalt auftauchte.
Tsagaglalal nickte. »Und er hat sie für das, was sie getan hat, verachtet.«
»Was hat sie denn getan?«, fragte Sophie, doch die Erinnerungen kamen in so rascher Folge, dass es sie schüttelte.
… ein Kriegshammer zerschmettert einen Kristallschädel, saust dann auf einen zweiten herunter und auf einen dritten …
… eine rauchende Säure frisst sich in Bücher aus Metall; sie schmelzen und tropfen von einstürzenden Regalen …
… außergewöhnliche Luftschiffe aus Glas und Keramik, zerbrechlich, wunderschön und technisch ausgereift, rund, länglich und dreieckig, werden von Klippen gestoßen und versinken im Meer …
Tsagaglalal beugte sich vor. »Die Hexe hat Artefakte der Erdenfürsten, der Erstgewesenen und der Archone aus Tausenden von Jahren zerstört. Das gesamte Geheimwissen, wie mein Mann es nannte.«
»Es war zu gefährlich.« Ohne zu überlegen, hatte Sophie die Meinung der Hexe wiedergegeben.
»Der Ansicht war die Hexe, ja.« Tsagaglalals Miene wurde unendlich traurig. »Dein Freund, der Unsterbliche William Shakespeare, hat einmal geschrieben: ›An sich ist nichts weder gut noch böse. Das Denken erst macht es dazu.‹«
»Das ist aus Hamlet . Wir haben das Stück letztes Jahr in der Schule durchgenommen.«
»Zephaniah war der Meinung, dass das Geheimwissen gefährlich sei und sie deshalb ein Recht hätte, es aus der Welt zu schaffen. Aber Wissen an sich ist nie gefährlich,
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