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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Abfahrt den Platz leer und den Apparat davongeflogen sahen.
    – Das wäre nun meine geringste Sorge, was Jene dabei gedacht haben mögen, sagte der Reporter.
    – Die Idee ist jedoch von mir ausgegangen! erklärte Pencroff mit selbstzufriedener Miene.
    – Eine schöne Idee, Pencroff, meinte der Reporter lachend, die uns dahin gebracht hat, wo wir jetzt sind.
    – Lieber bin ich hier, als in den Händen der Südstaatler! rief der Seemann, zumal seitdem Mr. Cyrus die Gewogenheit hatte, sich uns wieder anzuschließen.
    – Ich muß gestehen, ich auch! versetzte der Reporter. Uebrigens was fehlt uns denn? … Nichts!
    – Doch, wenn Sie wollen, … Alles! antwortete Pencroff und zog seine breiten Schultern in die Höhe. Indessen, einmal wird der Tag ja noch kommen, der uns wieder von hier erlöst.
    – Und vielleicht eher, als Sie es glauben, meine Freunde, sprach der Ingenieur, mindestens, wenn die Insel Lincoln nur in mäßiger Entfernung von einem bewohnten Archipel oder einem Continente liegt. Zwar ist mir keine Karte des Stillen Oceans zur Hand, doch bewahrt mein Gedächtniß sehr deutlich die Erinnerung an das Bild seines südlichen Theiles.
     

    Beim Visiren nach der Höhe der Granitwand. (S. 146.)
     
    Die gestern erhaltene Breitenlage versetzt unsere Insel im Westen Neu-Seeland, im Osten der Küste von Chile gegenüber. Diese beiden Länder trennt freilich eine Entfernung von 6000 Meilen. Es bleibt uns demnach übrig, festzustellen, auf welchem Punkte dieser breiten Meeresfläche wir uns befinden. Das soll uns die geographische Länge sagen, welche wir mit hinreichender Genauigkeit, wie ich hoffe, soeben zu bestimmen vorhaben.
    – Ist es nicht der Pomotou-Archipel, fragte Harbert, der uns der Breite nach am nächsten liegt?
    – Ja, antwortete der Ingenieur, dennoch dürften wir bis zu diesem wohl 1200 Meilen haben.
    – Und nach dorthin? fragte Nab, der dem Gespräche mit gespanntester Aufmerksamkeit gefolgt war und mit der Hand nach Süden wies.
    – Nach dorthin liegt gar nichts, erwiderte der Ingenieur.
    – Nun, Cyrus, sagte der Reporter, wenn die Insel Lincoln aber nur zwei-bis dreihundert Meilen von Chile oder Neu-Seeland entfernt läge …
    – Dann, fiel der Ingenieur ein, bauen wir statt eines Hauses ein Fahrzeug, und Meister Pencroff wird zu seiner Leitung berufen …
    – Ha, Mr. Cyrus, meldete sich der Seemann, einen Kapitän wollt’ ich schon abgeben, wenn es Ihnen gelingt, ein seetüchtiges Fahrzeug herzustellen.
    – Das soll schon geschehen, wenn es nöthig wird!« erwiderte der Ingenieur.
     

    Bei der Aufsuchung der Mittagslinie. (S. 155.)
     
    Während diese Männer, die an Nichts verzweifelten, also sprachen, nahte die Stunde heran, in welcher die Sonnenbeobachtung vorgenommen werden sollte. Wie würde sich nun Cyrus Smith helfen, den Meridiandurchgang zu bestimmen, da ihm alle Instrumente dazu fehlten? Harbert vermochte sich das auf keine Weise zu enträthseln.
    Die Wanderer befanden sich jetzt in einer Entfernung von sechs Meilen von den Kaminen, etwa in jener Gegend der Dünen, in welcher der Ingenieur nach seiner wunderbaren Rettung wiedergefunden worden war. Man machte an dieser Stelle Halt und bereitete Alles zum Frühstück, da nur noch eine halbe Stunde bis zum Mittag fehlte. Harbert machte sich auf, aus dem unsern fließenden Bache Wasser zu holen, das er in einem Kruge, den ihm Pencroff mitgegeben, herbeibrachte. Während dieser Vorbereitungen ordnete Cyrus Smith alles zu seiner astronomischen Beobachtung Nöthige an. Er wählte auf dem Strande eine flache Stelle aus, welche das sich zurückziehende Meer vollkommen geebnet hatte. Die seine Sanddecke erschien glatt wie eine Eisscholle, und kein Körnchen überragte das andere. Ob sie ganz horizontal lag, oder nicht, darauf kam im vorliegenden Falle wenig an und ebenso wenig darauf, ob die sechsfüßige Stange, welche aufgestellt wurde, sich genau in verticaler Richtung befand. Im Gegentheil neigte der Ingenieur diese noch etwas nach Süden, d.h. nach der der Sonne entgegengesetzten Seite, denn man vergesse nicht, daß die Colonisten der Insel Lincoln deshalb, weil diese Insel auf der südlichen Halbkugel lag, das Strahlengestirn seinen Tagesbogen über dem nördlichen, und nicht über dem südlichen Horizonte beschreiben sahen.
    Jetzt ward es Harbert klar, wie der Ingenieur verfahren wollte, um die Culmination der Sonne, d.h. ihre Passage durch den Meridian der Insel, oder mit anderen Worten, deren Mittagslinie, zu bestimmen.

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