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Die Geisel

Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Ford
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los mit Ihnen? Wollen Sie, dass es so endet? Das ist … Das ist eine Schande … Das ist …«
    Und dann erfüllte der Lärm von Gewehrfeuer die Luft. Corso konnte die Kugeln fühlen, als sie dicht an seinem Kopf vorbeizischten wie wütende Bienen. Er wartete auf einen Einschlag, der nicht kam. Inzwischen hatte er die Rückseite des Wohnmobils fast erreicht. Er konnte Martys leises Stöhnen aus dem Innern des Trailers hören. Er konnte spüren, wie Drivers kohlschwarze Augen brennend auf ihm ruhten.
    »So endet die Geschichte nicht, Mann. Ich muss am Leben bleiben, damit ich allen erzählen kann, wie alles geendet hat.«
    Und dann … rumms … wurde Melanie Harris' Oberkörper durch das Rückfenster des Wohnmobils gestoßen. Ihr Haar war zerzaust und wirr, ihr Mund mit Klebeband zugeklebt; ihre Brüste hingen über den Fensterrahmen.
    »Marionettentheater«, brüllte Driver irgendwo im Innern. Und dann drehte Melanie durch. Ihre erstickten Schreie überzogen die Luft und die Bäume. Ihre verzweifelten Versuche, die Fesseln abzustreifen, erschütterten das große Fahrzeug, als das, was dort drinnen mit ihrer unteren Hälfte geschah, die ursprünglichsten Bereiche erreichte, einen Ort, wo nur noch Schmerz zählte und wo Schreien die einzige Möglichkeit war.
    Corso stürmte los und sprang hoch wie ein Basketballspieler beim Konter, versuchte, Melanies Haare zu packen, doch einen Moment zu spät. Driver riss sie ins Innere des Wohnmobils zurück und ließ Corso gegen die Blechwand krachen wie ein Insekt gegen eine Windschutzscheibe.
    Driver lachte. »Zuschauerbeteiligung.«
    Corso rappelte sich hoch. Das Rückfenster war leer, also klopfte er sich den Staub ab und ging zur Beifahrertür. Er packte den Türgriff. Die Tür schwang unter seiner Hand auf. Er stieg ein.
    Driver stand in der Mitte des Wagens. Der Karabiner war um seinen nackten Oberkörper geschlungen. Hinter ihm kauerten Melanie und Marty auf dem Boden.
    »Sie haben wirklich Mut. Das muss ich Ihnen lassen, Corso«, empfing ihn Driver mit einem höhnischen Grinsen.
    »Ein paar weniger erleuchtete Seelen haben das als Todeswunsch bezeichnet.«
    »Hatten sie recht?«
    »Wenn man sterben will, braucht man sich nur in den Straßenverkehr zu werfen.«
    Driver nickte. »Es geht um das Leben«, sagte er. »Darum, dass man entscheiden muss, wie man leben will und wie nicht. Das ist es, was der Knast einen lehrt.«
    »Was?«
    »Die eigenen Grenzen.«
    Corso wechselte das Thema. »Wo ist Cutter? Auf dem Weg nach Kanada?«
    »Cutter ist auf dem Weg in die Hölle.«
    »Ich glaube nicht, dass ihn das groß überrascht.«
    »Er hatte das so vorgehabt.«
    Corso holte tief Luft. »Für mich sieht's aus, als hätten Sie Ihren Standpunkt ausreichend klargemacht, Driver.« Er nickte zu dem menschlichen Häuflein im hinteren Teil des Wagens hinüber. »Warum lassen Sie mich die beiden nicht einfach mitnehmen und gehen? Danach können Sie diese Geschichte so zu Ende bringen, wie Sie wollen.«
    »Warum sollte ich das tun?«
    »Weil es außerhalb meiner Grenzen ist, die beiden hier bei Ihnen zu lassen.«
    »Sie könnten ihnen Gesellschaft leisten.«
    »Glaub ich eher nicht.«
    »Ich auch nicht.«
    »Also, was ist jetzt?«
    Driver dachte nach. »Haben Sie gestern Abend meine Mutter im Fernsehen gesehen?«
    Corso bejahte.
    »Ich wollte sie holen. Wir wollten zusammen das Land verlassen.«
    »Deshalb wollten Sie mich dabeihaben? Ich war der einzige Mensch auf der Welt, der wusste, wo sie zu finden war. Sie wollten mich dabeihaben, damit ich es niemandem verraten konnte. So hätten Sie beide zusammen verschwinden können.«
    »Ich hab's doch immer gesagt, Sie sind ein kluger Mann.«
    »Und diese ganze Nummer, von wegen Driver verliert den Verstand …« Corso ließ den Satz in der Luft hängen.
    »Hat mir aus der Zelle geholfen. Wenn ich einen normalen Arzt gebraucht hätte, hätten sie einfach den Knochenbrecher vom Gefängnis zu mir gebracht. Für 'nen Seelenklempner mussten sie mich rauslassen.«
    »Wahrscheinlich könnten wir noch einen Bestseller darüber schreiben, wie Sie das durchgezogen haben.«
    »Kommen Sie mir nicht von oben herab, Corso. Ich knall Sie auf der Stelle ab.«
    »Ich mein's ernst.«
    »Ich auch.«
    »Also, was ist jetzt?«, versuchte Corso es noch einmal. »Lassen Sie sie laufen. Wenn Sie 'ne Geisel brauchen, dann nehmen Sie mich.«
    Driver schüttelte den Kopf. »Diese braven Bürger hier sind das Einzige, was mich davor bewahrt, zusammengeschossen zu

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