Die Geishas des Captain Fishby
Hemden und kaum beschreiblichen Hosen begegnet. Herr Motomura
war bestimmt ein Industriekapitän und ging nicht, wie die anderen hierzulande,
hinaus aufs Feld, um süße Kartoffeln auszubuddeln. Als Fisby diesen kleinen
Herrn Motomura ansah, lächelte der und zeigte dabei so viele goldene Zähne, daß
Fisby vor Staunen die Augen weit aufriß. Noch nie hatte er auf Okinawa eine
solche Menge von Gold in einem einzigen Munde gesehen. Wenn das nicht höchsten
Wohlstand verriet!
Doch da mußte Fisby wieder an den
Leutnant Fay denken, und er zögerte mit seinem Entschluß. „Sakini“, begann er
vorsichtig tastend, „warum will denn Herr Motomura eigentlich Awasi verlassen?“
Sakini schüttelte den Kopf. „Er will
gar nicht fort von dort.“
„Warum bittet er uns aber dann um eine
Zuzugsgenehmigung?“
„Weil der Chef von Awasi ihn
hinausgeworfen hat.“
„Aha!“ Fisby nickte. Dies war also ein
Störenfried, den der Leutnant Fay loswerden wollte. „So, so. Und warum hat ihn
Leutnant Fay hinausgeworfen?“ Sakini kratzte sich am Kopf. „Er weiß es selber
nicht, Chef. Aber heute morgen, als er aufwachte, stand der Kommandant von Awasi
vor ihm. Er ließ von seinem Dolmetscher sagen: ,Motomura, packen Sie Ihre
Sachen, Sie haben mit Ihrer Familie Awasi zu verlassen. Hier ist ein
Empfehlungsschreiben für Sie. Nun machen Sie, daß Sie fortkommen.’ Und er hat
dann zwei MP geschickt. Sie sollten Motomuras Auszug überwachen. Wenn Sie ihm
hier die Aufenthaltserlaubnis nicht geben, Chef, weiß er nicht, was er tun
soll. Er glaubt nicht, daß sie ihn in Awasi wiederaufnehmen.“
Das warf ein gänzlich neues Licht auf
diese Geschichte. Fay besaß kein Recht, die Leute aus ihren Häusern zu
vertreiben. Fisby musterte noch einmal diesen Herrn Motomura und dann die
übrigen Japaner, die um ihn herumstanden. Da war der Bürgermeister. Da war der
Gemeindesekretär. Ja, es waren eigentlich sämtliche Männer aus dem Dorfe hier
versammelt, die einen wichtigen Posten bekleideten. Sie alle machten gespannte
Gesichter. „Sakini“, sagte Fisby, „Herr Motomura muß aber doch dem Leutnant Fay
etwas angetan haben.“
Sakini schüttelte würdevoll den Kopf.
„Er hat ihm nichts getan. Er wollte ihm sogar Geschenke machen. Aber allen in
Awasi ist aufgefallen, wie sonderbar der Chef dort in letzter Zeit geworden
ist. Er ist sehr nervös und immer schlecht aufgelegt. Den ganzen Tag raucht er
eine Zigarette nach der anderen, und heute morgen hat er nun plötzlich
verfügt:,Motomura. Sie müssen hier fort.’ Ich verstehe das nicht, Chef.“
Sakini... kratzte sich am Kopf.
Auch Fisby kratzte sich am Kopf. Er
verstand das ebensowenig. Vielleicht war Leutnant Fay auf einmal
übergeschnappt. So etwas kam ja des öfteren vor. Der schmächtige Bürgermeister
tuschelte mit Sakini. „Chef“, übersetzte der Dolmetscher, „der Bürgermeister
sagt, wir können einen Mann wie Motomura hier auch gut gebrauchen.“
Fisby sah, wie die anderen nickten.
„Und der Bürgermeister sagt auch, daß
Herr Motomura bei ihm im Haus wohnen kann.“
„Stimmt das?“ Fisby zog die Brauen
hoch. Wenn der Bürgermeister ihn bei sich wohnen lassen wollte, obwohl das
ganze Dorf bereits so überfüllt war, daß man kaum noch jemanden hineinzwängen
konnte, dann mußte das wirklich ein bedeutender Mann sein. Wie zeterte das
ganze Dorf sonst doch über jeden Neuhinzukommenden!
Außerdem hatte Fisby aber noch etwas
Besonderes mit Herrn Motomura vor. Dies war ein Mann, den man wahrscheinlich für
vieles verwenden konnte. Und Fisby hatte in der letzten Zeit so manchen Verdruß
mit seinen Dorfbeamten gehabt. Das kam daher, daß die männliche Bevölkerung auf
Okinawa die schlechte Eigenschaft besaß, ständig schlafen zu wollen,
insbesondere dann, wenn es gerade etwas zu tun gab.
In den ersten Wochen nach der
Besetzung war Fisby unentwegt in alle Häuser des Dorfes gegangen, um die Leute
höchstpersönlich aus den Betten zu holen, wenn er sie brauchte. Aber sobald er
auch nur auftauchte, hatten sie sich in irgendein sicheres Versteck verkrochen,
um in Ruhe weiterschlafen zu können.
Es gelang ihm deshalb nur noch, sie
gerade zu den Essenszeiten abzufangen.
Aber wenn erst Herr Motomura hier im
Dorfe war... Fisby lächelte. Im Schlafe konnte Herr Motomura nicht zu diesem
seinem Leinenanzug und zu solchen Goldzähnen gekommen sein. Nein, bestimmt
nicht. Mit ihm bekam Fisby eine Waffe in die Hand, die für die Beamten des
Dorfes bedrohlich werden konnte. Wenn
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