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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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als mich gebraucht.
    »Was haben Sie denn jetzt vor?«, fragte sie Mylène.
    »Ich weiß es noch nicht genau. Vielleicht gehe ich nach China. Ich weiß nicht, ob die Mädchen Ihnen davon erzählt haben, aber ich habe mir da unten ein Geschäft aufgebaut …«
    »Sie haben davon gesprochen …«
    »Ich glaube, ich wage es. Wenn es klappt, könnte ich ziemlich viel Geld verdienen …«
    Ein Funkeln war in ihre Augen zurückgekehrt. Man spürte, dass sie an ihre Pläne, an ihre Bestellungen, an ihre künftigen Gewinne dachte.
    »Sie sollten es auf jeden Fall versuchen; das würde Sie auf andere Gedanken bringen …«
    »Im Grunde bleibt mir auch nichts anderes übrig. Ich habe alles verloren, mein ganzes Erspartes hatte ich Antoine gegeben … Oh, keine Sorge, ich will nichts von Ihnen! Glauben Sie bitte nicht, dass ich deswegen gekommen bin …«
    Joséphine war unwillkürlich in die Defensive gegangen, als Mylène das Geld erwähnt hatte. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte sie gedacht: Sie will, dass ich Antoines Schulden zurückzahle. Doch als sie Mylènes zärtlichen, traurigen Blick sah, schämte sie sich für diesen Gedanken und wollte ihren Fehler wiedergutmachen.
    »Mein Stiefvater macht häufig Geschäfte mit Chinesen. Vielleicht sollten Sie sich mit ihm treffen, er könnte Ihnen sicher ein paar nützliche Tipps geben …«
    »Ich habe schon einmal seinen Namen benutzt, um einen Termin bei einem Anwalt zu bekommen«, gestand Mylène errötend.
    Sie verstummte und spielte eine Weile mit dem Griff ihrer Handtasche, ehe sie fortfuhr: »Aber Sie haben recht, es wäre bestimmt hilfreich, mit ihm zu reden.«
    Joséphine schrieb Chefs Adresse und Telefonnummer auf ein Stück Papier und gab es ihr.
    »Richten Sie ihm aus, dass ich Sie zu ihm geschickt habe. Marcel und ich sind immer gut miteinander ausgekommen …«
    Es kam ihr komisch vor, ihn Marcel zu nennen. Durch den Namen sah sie auch ihn aus einem anderen Blickwinkel.
    Laute, schnelle Schritte auf der Treppe rissen sie aus ihren Gedanken, die Wohnungstür wurde aufgerissen, und Zoé stürmte mit rotem Gesicht und außer Atem herein. Als sie Mylène bemerkte, blieb sie abrupt stehen. Ihr Blick flog von ihrer Mutter zu Mylène, und ihr war anzusehen, was sie in diesem Moment dachte: Was macht die denn hier?
    »Und Papa?«, fragte sie Mylène, ohne sie zu begrüßen oder ihr einen Kuss zu geben. »Ist er nicht mitgekommen?«
    Sie hatte sich neben ihre Mutter gestellt und einen Arm um ihre Taille gelegt.
    »Mylène hat mir gerade erzählt, dass dein Vater zu einer Expedition ins Landesinnere aufgebrochen ist. Er will seine Farm vergrößern. Darum habt ihr auch seit einer Weile nichts mehr von ihm gehört …«
    »Hat er seinen Laptop nicht mitgenommen?«, fragte Zoé misstrauisch.
    »Ein Laptop in der Savanne!«, rief Mylène. »Wo hast du so etwas denn schon mal gesehen, Zoé? Gibst du mir keinen Kuss?«
    Zoé zögerte und sah zu ihrer Mutter auf, dann ging sie zu Mylène hinüber und küsste sie vorsichtig auf die Wange. Mylène legte die Arme um sie und zog sie an sich. Die offensichtliche Vertrautheit zwischen Zoé und Mylène versetzte Joséphine einen Stich, doch sie fasste sich rasch wieder.
    Hortense war genauso überrascht und distanziert wie ihre Schwester. Sie stellen sich auf meine Seite, dachte Joséphine, die darüber nicht unglücklich war. Eigentlich ist es erbärmlich, so zu denken, aber es tut mir gut. Sie fragen sich bestimmt, was sie hier will. Sie erzählte Hortense dieselbe Geschichte wie zuvor Zoé. Mylène nickte, während sie sprach.
    »Hat er denn kein Handy dabei?«, fragte Hortense.
    »Der Akku muss leer sein …«
    Hortense wirkte nicht überzeugt.
    »Und was machst du hier in Paris?«
    »Ich muss Nachschub kaufen und habe einen Termin bei meinem Anwalt …«
    »Sie wollte wissen, ob sie sich wegen ihrer Geschäfte in China an Chef wenden darf. Dein Vater hat gesagt, sie solle erst mich fragen«, mischte sich Joséphine ein.
    »Chef?«, wiederholte Hortense argwöhnisch. »Was hat der denn damit zu tun?«
    »Er arbeitet doch häufig mit Chinesen zusammen …«, erklärte Joséphine.
    »Aha …«, murmelte Hortense.
    Sie ging in ihr Zimmer, schlug ihre Bücher und Hefte auf und begann zu lernen, doch die merkwürdige Situation – ihre Mutter und Mylène, die mit sorgenvoller Miene und geröteten Augen in der Küche saßen – verhieß ihr nichts Gutes. Papa ist etwas zugestoßen, und Maman will es mir nicht sagen.

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