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Die Gelehrten der Scheibenwelt

Die Gelehrten der Scheibenwelt

Titel: Die Gelehrten der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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daß sie sich gemeinsam entwickelt und einander dabei immer wieder verändert haben und daß ihre weitere Koevolution auf den unvorhersagbaren Ergebnissen dieser fortdauernden Beeinflussung aufbaute. Die Ansicht, nach der die Kultur auf den Gehirnen aufbaut und sie verändert, ist unvollständig, denn auch Gehirne bauen auf der Kultur auf und verändern sie. Das Konzept der Komplizität faßt diese rückwirkende, wechselseitige Beeinflussung.
    Wir nennen die dem Gehirn innewohnenden Fähigkeiten ›Intelligenz‹. Es ist praktisch, den äußeren Einflüssen, kulturellen wie auch anderen, die auf die Evolution des Gehirns und damit des Verstandes einwirken, einen ähnlichen Namen zu geben. Wir werden diese Einflüsse Extelligenz nennen, einen Begriff, den HEX durch Einst-Dereinst-Berechnungen aufgeschnappt hat. Der menschliche Geist ist nicht einfach Intelligenz plus Extelligenz – seine Innen- und Außenseite sozusagen. Vielmehr ist der Geist eine Rückkopplungsschleife, in der sich Intelligenz und Extelligenz gegenseitig beeinflussen und die in der Kombination über die Fähigkeiten beider hinausgeht.
    Intelligenz ist die Fähigkeit des Gehirns, Information zu verarbeiten. Aber Intelligenz ist nur ein Teil dessen, was benötigt wird, um einen Geist zu schaffen. Und sogar Intelligenz kann sich schwerlich isoliert entwickeln.
    Kultur ist im Grunde eine Ansammlung menschlicher Geister in Wechselwirkung. Ohne den individuellen Geist bekommt man keine Kultur. Das Umgekehrte ist vielleicht nicht so offensichtlich, aber ebenso wahr: Ohne eine gemeinsame Kultur kann sich der menschliche Geist nicht entwickeln. Der Grund dafür ist darin zu suchen, daß es in der Umgebung des sich entwickelnden Geistes nichts gibt, was ihn zur Selbstkomplikation treibt – so daß er feiner und raffinierter strukturiert wird –, wenn das Gehirn nichts anderes ziemlich Raffiniertes hat, mit dem es in Wechselwirkung treten kann. Und das hauptsächliche raffinierte Ding, das der Geist ringsum zur Wechselwirkung findet, ist der Geist anderer Menschen. Also ist die Evolution der Intelligenz mit der der Extelligenz unauflöslich verknüpft, und Komplizität zwischen ihnen ist unvermeidlich.
    In der Welt ringsum gibt es Dinge, die wir oder andere Menschen geschaffen haben – Dinge, die eine der Intelligenz vergleichbare Rolle spielen, sich aber außerhalb von uns befinden. Das sind Dinge wie Bibliotheken, Bücher oder das Internet – welches aus der Sicht der Extelligenz besser ›Extranet‹ heißen sollte. Das Scheibenwelt-Konzept vom ›B-Raum‹ – Bibliotheks-Raum – ist ähnlich: Es hängt alles miteinander zusammen. Diese Einflüsse, aus denen nicht schlechthin Informationen hervorgehen, sondern Bedeutungen, sind ›kulturelles Kapital‹. Es sind Dinge, die Menschen in die Kultur hinausverlagern und die dann dort verweilen, sich sogar vermehren oder auf eine Weise wechselwirken, die Individuen nicht unter Kontrolle haben.
    Die alte Frage nach der Künstlichen Intelligenz »Können wir eine intelligente Maschine schaffen?« betrachtete die Maschine als ein für allemal fertiges Objekt an sich. Man glaubte, das Problem sei es, die richtige Architektur für die Maschine zu finden und dann intelligentes Verhalten hineinzuprogrammieren. Aber das ist wahrscheinlich der falsche Ansatz. Natürlich ist es denkbar , daß die kollektive Extelligenz aller Menschen in Wechselwirkung mit jener Maschine ihr einen Geist geben – und sie insbesondere mit Intelligenz versehen könnte. Doch viel wahrscheinlicher ist es, daß man eine ganze Gemeinschaft von Maschinen braucht, die miteinander wechselwirken und sich entwickeln und dabei auch die nötige Extelligenz hervorbringen, um wirklich das Ameisenland der neuralen Verbindungen in der Maschine so strukturieren zu können, daß ein Geist entsteht. Also ist die Geschichte des Geistes eine Geschichte von Komplizität und Emergenz. Im Grunde ist der Geist eins der großen Beispiele für Komplizität.
    Die innere Geschichte der Entwicklung des menschlichen Geistes kann als eine Folge von Schritten zusammengefaßt werden, wo die Nervenzelle der entscheidende ›Spieler‹ ist. Eine Nervenzelle ist ein ausgedehntes Objekt, das Signale von einem Ort zum anderen schicken kann. Hat man einmal Nervenzellen, kann man Netze von Nervenzellen bekommen, und hat man erst einmal die, kommt eine Menge anderer Dinge gratis hinzu. Zum Beispiel gibt es ein Gebiet der Komplexitäts-Theorie, das ›emergente

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