Die Geliebte des griechischen Reeders
spurlos vorübergegangen, sein Kinn zeigte dunkle Bartschatten, die Krawatte fehlte und sein Anzug war zerdrückt. Dennoch war er für sie der tollste Mann der Welt.
Er richtete sich auf und breitete überschwänglich die Arme aus. „Schon jetzt weiß ich, dass ich ihn jeden Tag sehen muss! Ich will da sein, wenn er lächelt, seinen ersten Schritt tut, das erste Wort sagt“, sprach er beschwörend auf Lindy ein.
Liebevoll sah sie ihn an.
„Und ich möchte ihn aufheben, wenn er hinfällt, ihn in den Armen halten und immer für ihn da sein. Alles das ist mir unglaublich wichtig. Wenn du mich nicht heiratest, könnte ich meinem Sohn nie so nahe sein, wie es sein müsste.“
Gerührt beobachtete Lindy, wie er das Gesicht des Babys scheu streichelte. Es war nicht zu übersehen, dass Atreus verrückt nach seinem Erstgeborenen war. Er würde seinem Sohn ein wunderbarer Vater sein und versuchen, ihm alles zu geben, was er selbst als Kind entbehrt hatte: Liebe, Zuwendung, Zeit. Wer konnte ihr Kind mehr lieben als der eigene Vater? Durfte sie Atreus und ihrem gemeinsamen Sohn die engste Beziehung verweigern, die es zwischen Menschen gab?
Sie liebte Atreus immer noch, musste Lindy sich endgültig der Wahrheit stellen. Mit ihm war ihr Leben so viel glücklicher. Selbst ihre platonische Beziehung vor der Geburt ihres Sohnes hatte sie beflügelt und ihr Kraft zu neuen Dingen gegeben. Und da sie so stark für Atreus empfand – warum sollte sie ihn nicht doch heiraten, selbst auf die Gefahr hin, dass ihre Ehe nicht von Bestand war? Dann konnte sie sich immerhin sagen, es versucht zu haben.
„Also gut“, brach Lindy schläfrig das angespannte Schweigen.
Vorsichtig nahm Atreus ihre Hand in seine. „Also gut … was?“
„Ich heirate dich. Aber du musst deiner Familie klarmachen, dass du darauf bestanden hast“, forderte sie matt, weil sie an ihren unwürdigen Aufbruch aus der Villa denken musste.
Überrascht zog er die Brauen zusammen. „Und wieso hast du es dir jetzt anders überlegt?“
„Weil unser Sohn Mutter und Vater um sich haben sollte“, flüsterte sie benommen. „Vergiss nicht, du und ich, wir sind beide ohne Vater aufgewachsen.“
Aufatmend gab Atreus ihre Hand frei. „Ruh dich aus und schlaf ein bisschen, glikia mou .“
Ihre Lider wurden schwer, doch dann fiel ihr etwas Wichtiges ein. „Aber lass uns mit der Hochzeit warten, bis ich wieder ein anständiges Brautkleid tragen kann“, flüsterte sie.
Lindy und Atreus einigten sich auf den Namen Theodor, doch schon bald war ihr Sohn für alle nur noch Theo.
Atreus’ Verwandte besuchten sie in der Klinik, und nachdem sie das neueste Mitglied des Dionides-Clans kennengelernt hatten, waren sie wie verwandelt. Lindy war überrascht, wie liebevoll und begeistert sie über das jüngste Familienmitglied waren.
Sobald Lindy reisefähig war, flog die junge Familie nach London zurück. Eine Woche verbrachten sie dort in Atreus’ Penthouse. Er hatte ein Kindermädchen eingestellt, damit Lindy sich schonen konnte. Doch sie sehnte sich danach, zu ihrem Haus und den Hunden zurückkehren zu können. Im Gästezimmer in Atreus’ Apartment fühlte sie sich nicht wirklich zu Hause.
Alissa und Elinor ließen es sich nicht nehmen, die Hochzeit zu organisieren, und Lindy war dankbar für ihre Hilfe. Vor allem genoss sie es, ihre Freundinnen endlich wieder öfter um sich zu haben, auch, weil Atreus oft bis spät in die Nacht arbeitete.
Zwei Wochen nach ihrer Rückkehr musste er eine zweiwöchige Geschäftsreise nach Asien antreten. Nach seiner Rückkehr widmete er sich voll und ganz Theo, Lindy gegenüber aber verhielt er sich eher abweisend. Vergebens hoffte sie, er würde herzlicher und persönlicher werden. Es war naiv von ihr gewesen zu glauben, durch die Heirat könne zwischen ihnen alles wieder wie früher werden. Nur zu schnell musste sie erkennen, dass sie sich da etwas vorgemacht hatte.
Je näher der Hochzeitstag rückte, umso unruhiger und nervöser wurde Lindy. Sie hatte ein wunderschönes Brautkleid gefunden und war erleichtert, schnell wieder zu ihrer früheren Figur zurückgefunden zu haben. Da sie sich während der Schwangerschaft notgedrungen viel bewegen musste, hatte sie nicht so stark zugenommen.
Mehrere Hochglanzmagazine hatten sie interviewen wollen, doch sie hatte abgelehnt. Atreus hasste diese Art von Publicity, und sie sah keinen Grund, ihr Privatleben offenzulegen.
Am Abend vor der Hochzeit blieb Lindy über Nacht in Alissas und
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