Die Geliebte des Zeitreisenden
sich mit etwas Geringerem als der Suche nach dem Gral abzugeben. Er hatte viele Jahre hindurch die Gesellschaft seiner Freunde und seiner Familie entbehrt, hatte den Geschmack von würzigen Hühnerflügelchen und kaltem Corona-Bier schon fast genauso vergessen wie den rauchigen Klang von heißem Jazz und das sanfte Röhren seiner klassischen Harley. Das alles waren Entbehrungen, die er für die Suche nach dem Gral ertrug.
Er richtete den Blick auf den großen Beobachtungsstand, der die eine Seite des Labors ausfüllte. Hinter der Wand aus Glas strebte Avalon in den Nachthimmel, von Flutlichtern erhellt - ein fremdartiger grauer Marmorobelisk. Nur ein Drittel des massiven Bauwerks war über der Erde sichtbar, und die gesamte Struktur wurde von einer rätselhaften Energie abgeschirmt, die nichts und niemandem erlaubte, in ihre Geheimnisse einzudringen. Lucan war sich sicher, dass hinter diesen geschützten Mauern der Gral lag.
»Die Antwort auf die Frage, wie man den Schild durchbrechen kann, muss unmittelbar vor mir liegen... hier.« Er runzelte die Stirn und betrachtete die Kopien der uralten, fremdartigen Zeichen, die die Avalon-Mannschaft zu Beginn des Tages an den Wänden des Obelisken entdeckt hatte.
Dieselben Zeichen befanden sich auch auf der Sternenkarte, die er auf der Erde gefunden hatte, wodurch die Vermutung bekräftigt wurde, dass es vor mehr als fünfzehnhundert Jahren einen Austausch zwischen der Erde und Pendragon gegeben haben musste. Den arthurischen Legenden zufolge hatte König Arthur den Gral in Avalon zurückgelassen. Aber dieses Avalon befand sich am anderen Ende der Galaxie. Es war zwar eine ungeheuerliche Vorstellung, doch Lucan durfte die Fakten nicht ignorieren. Dieser Mond trug Arthurs Nachnamen. Und die alten Dragonier hatten diesen beeindruckenden Obelisken Avalon genannt.
Zufall? Das glaubte Lucan nicht.
»Denk nach.« Er starrte auf die Symbole und versuchte sie zu einer Antwort zu zwingen. Betrachtete er ein Alphabet, oder standen die Zeichen für unterschiedliche Laute? »Was verbergt ihr nur? Was ist euer Geheimnis?«
»Wenn ich jedes Mal für eine dieser Fragen, die man mir stellt, eine Münze bekäme ...«
Heilige Hölle. Er hatte angenommen, dass sich Cael für den Abend zurückgezogen hatte. Wie lange war sie jetzt schon im Labor? Was hatte sie gesehen?
Wie ein Idiot hatte er die Sternenkarte hier offen liegen lassen. War ihr bereits bekannt, dass das Pergament seinen Ursprung nicht auf diesem Mond hatte?
Lucan zwang sich zu einem klaren Kopf, beugte sich über den Schreibtisch und stieß seinen Teebecher absichtlich um. Dann stopfte er die verdammte Sternenkarte rasch in eine der Schubladen, während unwichtigere Papiere allmählich von der dunklen, heißen Flüssigkeit durchweicht wurden.
Lucan zwang sich, Cael anzulächeln, als heiße er ihre Unterbrechung willkommen. »Du hast Geheimnisse?«
»Hat die nicht jeder?« In königlicher Haltung und mit anmutigen Schritten ging sie quer durch das Laboratorium. »Vielleicht kann ich helfen.«
Cael sprach mit großem Selbstvertrauen, und Lucan konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Das Licht tanzte auf eine Art in ihren Augen, die ihn fesselte. Er entdeckte nicht nur Klugheit darin, sondern auch ein Vibrieren, ein Mysterium. »Oder ziehst du es vor, allein zu arbeiten?«
Er zuckte die Schultern und wischte den Tee von seinem Schreibtisch. Nicht von Natur aus, sondern aus Notwendigkeit war Lucan ein Einzelgänger. Je weniger Informationen er mit seinen Kollegen teilte, desto geringer war die Gefahr, einen Fehler zu begehen und seine falsche Identität zu offenbaren. Wenn diese Dragonier herausfanden, dass er keiner von ihnen war, dann würden sie ihn auch nicht mehr in die Nähe von Avalon lassen. Sie wollten den Gral genauso sehr besitzen wie er selbst. Für Cael und Pendragon bedeutete er einen Segen, der Krankheit, Leiden und die Notwendigkeit von Krankenhäusern, medizinischer Forschung und Drogen ein für alle Mal aus der Welt schaffen würde.
»Ich versuche gerade, diese Zeichen zu entziffern«, sagte er.
Sie warf einen Blick darauf. »Glaubst du, sie sind der Schlüssel zur Überwindung des Schildes?«
Schon seit Jahrhunderten versuchten die Dragonier, Avalons äußeren Schutzschild zu durchdringen, um dann im Inneren nach dem Gral suchen zu können. Die gesamte moderne Technologie - Räumfahrzeuge, Säuren und Explosionsstoffe - hatte es aber nicht vermocht, ihnen den Zugang dazu zu verschaffen.
Lucan fuhr
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