Die Gesänge Des Eisplaneten
Ufer, bespritzte sie verspielt mit dem Wasser auf ihrem glatten Fell und entfaltete sich einmal mehr zu ihrem Liebhaber.
Yana wich unwillkürlich einen Schritt zurück, dann trat sie erneut auf ihn zu. »Was… war das gerade?«
»Mein Großvater ist tatsächlich, wie Torkel vermutete, ein wenig zu weit gegangen. Genaugenommen sogar viel zu weit. In seinen persönlichen Tagebüchern gibt es einige besondere Aufzeichnungen, die ich an einem sicheren Ort versteckt halte. Er war fasziniert von den indianischen und keltischen Erzählungen von Menschen, die ihre Gestalt verwandeln konnten, um sich selbst zu schützen und sich an ihre Umgebung anzupassen. Natürlich waren das Zaubermärchen, doch er bestand stets darauf, darin nur eine extreme Form der Anpassung zu sehen. Natürlich war es ihm nicht gestattet, mit Menschen zu experimentieren – und er wußte damals auch noch nicht, daß der Planet bereits dabei war, an uns fundamentale Anpassungen vorzunehmen. Aber an sich selbst hat er doch ein paar Manipulationen ausprobiert, die er mir mit seinen Chromosomen vererbt hat, so daß ich mich zumindest… um einiges dramatischer anpassen kann als andere auf dem Planeten. Ich ›passe mich an‹ oder, wie es meistens geschieht, verwandle mich gelegentlich in das Wassertier, das für dieses Klima am geeignetsten ist. Ich bin das, was man in der alten Volksüberlieferung einen Silie nennt – an Land ein Mensch, im Meer eine Robbe, oder, in meinem Fall, überhaupt im Wasser.«
»Und deine Schwester?« fragte Yana. »Verwandelt die sich auch?
Ich habe mich schon gefragt, weshalb sie mir fast den Kopf abgerissen hat, als ich von Robbenjagd sprach.«
Er schüttelte den Kopf. »Nicht daß ich wüßte, und ich glaube, sie hätte es mir sonst erzählt. Sie ist die einzige, die mitangesehen hat, wie ich mich verwandle, bis auf dich, obwohl Clodagh auch davon weiß. Wie du gesehen hast, kann die Robbengestalt sehr nützlich sein, wenn es erforderlich ist, sich in dem unterirdischen Flußsystem zu bewegen.« Er sah sie mit einem halb verunsicherten, halb spitzbübischen Lächeln an. »Clodagh und Sinead scheinen auch der Auffassung zu sein, daß mich das zu einem der vielseitigeren Individuen auf diesem Planeten macht. Aber die Frau, deren Meinung zu diesem Thema mir am allerwichtigsten ist, bist du, und – ich war mir nicht sicher, wie du das aufnehmen würdest, deshalb habe ich auch gezögert, dich zu lieben, als wir das erste Mal hierherkamen, obwohl es mich sehr danach verlangte. Ich wollte dir eigentlich alles erzählen, bevor wir uns nach dem Latchkay liebten, aber…«
Sie legte ihm die Hand an die Wange, und er ergriff sie und hielt sie fest, als hätte sie ihm ein Rettungsseil zugeworfen. Er tat einen weiteren tiefen Atemzug. Offensichtlich erfüllte ihn das Eingeständnis dieses Geheimnisses mit größerer Angst als alle Gefahren, denen sie gemeinsam getrotzt hatten.
»Ich… hoffe… daß du nach allem, was du gesehen hast, jetzt auch begreifst, daß es meine Doppelnatur ist, die mir eine ganz besondere Verbindung zu Petaybee beschert hat. Und daß ich deswegen spürte, als wir alle mit dem Planeten verbunden waren, daß eine weitere Person in unserer Verbindung anwesend ist, nämlich das Kind, das du trägst. Unser Kind.«
»Aber ich kann doch gar kein Kind bekommen«, wandte sie ein und versuchte immer noch, seine erstaunliche Offenbarung zu verdauen.
Ihr schwindelte von all den Veränderungen, und so lehnte sie sich gegen seinen wasserglatten Körper, ihre Wange an seiner Schulter war feucht. »Ich kann nicht.«
»Du kannst, und du bekommst auch unser Kind«, sagte Sean mit einer derart eindringlich, sanften Stimme, daß sie förmlich dahinschmolz. »Petaybee hat auch diesen Teil von dir geheilt, weil unsere Kinder ihm noch näher stehen werden als die meisten. Der Planet will deine Kinder – und meine.« Er drehte sie in seinen Armen, und wieder sah sie die Sorge, nein, die Furcht seine Silberaugen umwölken. »Oder willst du meins nicht?«
Yana schluckte. »Ich denke…«, fing sie zaghaft an. Dann räusperte sie sich, damit sie überhaupt etwas hervorbringen konnte. »Ich denke, als erstes brauche ich mal ein Bad. Und danach möchte ich alles, was du auch möchtest!«
»Dann hast du nichts dagegen?«
»Schwanger zu sein? Nein, ich habe nur geglaubt, daß ich nie Gelegenheit dazu bekommen würde.«
Jetzt wirkte er erleichtert. »Dann willst du das Baby? Du hast nichts dagegen, daß ich mich manchmal…
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